Die Ureinwohner Indiens
Adivasi zu Besuch beim Hölderlin-Gymnasium - Tour im Zabergäu

Lauffen - Wenn Peter Steinhausen erzählt, wie früher die wilden Bienenvölker geplündert und der Honig mit der Axt aus hohlen Baumstämmen geholt wurde, ist das für die Schüler des Lauffener Hölderlin-Gymnasiums ebenso interessant wie für ihre indischen Gäste. Und richtig spannend und anschaulich wird es, als Steinhausen einen seiner bewohnten Bienenkästen öffnet und eine Wabe herauszieht.
Der Besuch bei Imkermeister Steinhausen im Rodbachhof ist für Janiki, Omana, Velan und Krishnamuti an diesem Nachmittag nur eine Station ihrer Zabergäu-Visite. Während der fast dreistündigen Wandertour von der Ehmetsklinge über den Brunnenweg zu dem kleinen Pfaffenhofener Ortsteil hat ihnen Peter Kochert von den Naturfreunden allerhand über Landschaft, Wasser, Tier- und Pflanzenwelt erzählt. Und Forstmann Jörg Altmann wird ihnen später die Nachhaltigkeit der deutschen Waldwirtschaft erläutern.
Naturnähe Die Besucher aus dem südindischen Bundesstaat Tamil Nadu hören interessiert zu. Drei von ihnen gehören zu den Adivasi, zu den Ureinwohnern Indiens, die mit 80 Millionen Menschen rund sieben Prozent der Bevölkerung stellen. Als Nachfahren von Hirtennomaden, Wanderbauern, Fischern und Jägern hat ihr Volk lange in enger Beziehung zu Wald und Natur gelebt. Allerdings wurde ihnen ihre Lebensgrundlage mehr und mehr genommen. „Vielfach leben die Adivasi in bedrückenden Verhältnissen“, weiß Heiko Bluhm, Religionslehrer am Lauffener Gymnasium. Die „Waldleute“ gelten als Kastenlose, sind meist gesellschaftlich benachteiligt und sozial diskriminiert.
Bluhm, der die Eine-Welt-AG der Schule leitet, ist seit Studentenzeiten eng mit dem Adivasi-Tee-Projekt (siehe Hintergrund) verbunden. Das ATP lädt alle zwei Jahre Vertreter der Adivasi zum „interkulturellen Austausch“ (Bluhm) nach Deutschland ein. Sie wollen ihren Horizont erweitern, wollen sehen, wie in einem hochindustrialisierten Land gewirtschaftet und gelebt wird. Sie wollen aber auch „die Menschen kennenlernen, die hinter der Partnerschaft stehen“, freut sich Krishnamuti auf Begegnungen während des einmonatigen Aufenthalts.
Der einzige Nicht-Adivasi ist Verwaltungsleiter des Handelsnetzwerks „Just Change“. Er übersetzt die Informationen für seine Mitstreiter vom Englischen in die Tamil-Sprache. Omana ist als eine Art mobile Krankenschwester in ihrer Heimat unterwegs. Janiki arbeitet als Lehrerin an einer Adivasi-Schule, und Velan zieht als Bildungskoordinator durch die Dörfer. „Der Analphabetismus wurde in den vergangenen Jahren gigantisch zurückgedrängt“, sagt Heiko Bluhm. Auch in puncto Gesundheit habe sich Positives entwickelt. So wurden mit ausländischer Hilfe Krankenschwestern ausgebildet und ein Krankenhaus erbaut.
Während der drei Tage in Lauffen und Umgebung nehmen die Gäste an Schulstunden teil, schauen sich in Kindergärten, Eine-Welt-Läden und im Böckinger „Weltgarten“ um.
Einblicke Untergebracht sind sie in Privatquartieren. Zum Beispiel bei Nils Lampe (15). „Das sind umgängliche Leute“, berichtet der Realschüler, der in der Eine-Welt-AG des Högy mitmacht, „nur das Englisch ist anstrengend.“ Dass sie auch erfahren, „wie das Leben dort abläuft“, finden Mona Aziz (13) und ihre Klassenkameradinnen Julia Braun und Nadine Wagner gut. „Wenn's die Möglichkeit gäbe, würde ich nach Indien reisen“, sagt Nadine.
Der Besuch ist keine Einbahnstraße. „Wir können von unseren Gästen einiges lernen“, sagt Heiko Bluhm. „Zum Beispiel, dass Gemeinschaft ein wichtiger Wert ist.“ So haben die Adivasi ihre 70 Hektar große Teeplantage 1998 mit ATP-Hilfe ganz bewusst als gemeinschaftlichen Besitz erworben.
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