Pfahlhof-Tradition wird fortgeführt
Der Ortsteil hat seit einigen Monaten wieder eine Gaststätte

Neckarwestheim - Auf dem Pfahlhof im gleichnamigen Neckarwestheimer Ortsteil herrscht wieder Leben: Seit etwa fünf Monaten laden Stefanie und Bodo Sckirl in ihre „Vesperei“ an der Kreuzung der Straßen von Neckarwestheim nach Winzerhausen und von Ilsfeld nach Besigheim. Das 285 Jahre alte Wirtshaus hatte jahrelang leer gestanden.
Mit ein bisschen Mogelei ließen sich die Bremer Stadtmusikanten darstellen: Ganz oben der Hahn Tristan, darunter der Kater Paffi, darunter der Hund Jeny. Als Untermann müsste anstelle des Esels das Pony Fridolin einspringen. Das ist nur eine kleine Auswahl der Menagerie, die die Familie Sckirl mit auf den Pfahlhof gebracht hat. Da gibt’s auch noch die beiden Katzen, das Kaninchen, die vier Hennen und die zwei Mäuse.
Lebenstraum Mit nur kurzer Verzögerung hat Stefanie Kretschmer-Sckirl ihren Lebenstraum wahr gemacht: Mit 40 Jahren wollte sie ein eigenes Lokal betreiben, urgemütlich, schwäbisch sollte es sein, denn „ich bin ein Dorfmensch“. Im März war es dann soweit: Die gelernte Hotelfachfrau bezog mit Familie und Tierpark den Pfahlhof.
Mehrere Jahre lang hatte das Besitzer-Ehepaar Johanna und Horst-Peter Hufenstuhl die Gastwirtschaft angeboten wie Sauerbier, nachdem sie selber krankheitshalber den Betrieb nicht mehr hatten weiterführen können. Mit drei Pächtern nacheinander ging’s schief, und dann wollten die Hufenstuhls verkaufen - an ein Ehepaar vom Fach. Aber es meldeten sich nur Interessenten, die den Pfahlhof anders nutzen wollten.
Eher durch Zufall entdeckte Stefanie Sckirl das Verkaufsschild am Pfahlhof auf ihrem täglichen Weg von Neckarwestheim zur Autobahn-Raststätte Wunnenstein-Ost. Dort hat die nun neue Wirtin 16 Jahre lang als Betriebsleiterin und rechte Hand des inzwischen gestorbenen Betreibers Dirk Rockrohr gearbeitet.
Erinnerungen Die Hufenstuhls ließen sich vom Konzept der Bewerber überzeugen und verpachteten - entgegen ihrer ursprünglichen Absicht, zu verkaufen - die Gaststätte erneut. Offenbar überzeugt das Angebot auch viele derer, die den Pfahlhof von früheren Zeiten noch kennen. „Viele kommen, die sich sogar noch an den Ranzenwirt erinnern“, erzählt Stefanie Sckirl. Der hatte 1961 das Wirtshaus in seiner jetzigen Form gebaut, hatte in der Umgebung einen Ruf wie Donnerhall genossen, aber 1964 an die Hufenstuhls verkaufen müssen.
Jetzt geht es im Pfahlhof wieder deftig zu. Kutteln kommen auf den Tisch, auch Ochsenbrust mit Meerrettich. Vor allem aber die Vesper vom Brett. Die schwäbischen Schmankerln werden in der Küche liebevoll zubereitet -von einem richtigen Engländer. Mark Whelan ist mit dem Wirtsehepaar von der Raststätte mitgekommen. Dort hat er das gelernt, was man in Deutschland, besonders im Süden, unter gut-bürgerlicher Küche versteht.
Musik ist auch wieder auf den Pfahlhof zurückgekehrt. Zu seiner Zeit hatte der studierte Musiker Horst-Peter Hufenstuhl seine Gäste mit dem Akkordeon und auf der Hammondorgel unterhalten und sich einen Namen als „musikalischer Wirt“ gemacht. Jetzt sollen regelmäßig Musiker aufspielen.