Pächterwechsel auf Schloss Liebenstein
Auf Schloss Liebenstein gibt es nach 23 Jahren einen Pächterwechsel. Gastronom Peter Wagner bedauert den mangelnden Sanierungswillen der Kommune.

Der Dialog fällt Peter Wagner phasenweise sichtlich schwer. Bewegt erzählt er, wie Schloss Liebenstein für ihn, seine Frau, Sohn und Tochter zu einer Heimat geworden ist. Seit 23 Jahren ist der Gastronom Pächter des Hotels. Ende Oktober ist Schluss. Dann wird die Familie die Schlossanlage in Richtung Talheim verlassen. Wagners Ehefrau Susanne stammt von dort. Ende des Jahres hätte der Vertrag mit der Schloss Liebenstein GmbH & Co. KG ohnehin verlängert werden müssen.
Anstatt Wagner zu halten, hat sich der Neckarwestheimer Gemeinderat bereits 2016 für eine Neuausrichtung entschieden. Die Kommune hat das Sagen. Sie hält Anteile über 9,9 Millionen Euro. Das Gesellschaftskapital beträgt 10,6 Millionen Euro. Verwaltung und Gremium wollen mit der Wirtsfamilie Wolfgang Herold mit Beate und Jonas Lohrer kooperieren, bislang viel gelobte Pächter des Neipperger "Flämmle". Im Interview mit der Heilbronner Stimme sprach Bürgermeister Jochen Winkler damals von Neuausrichtung. Der Pachtvertrag wurde weiter gefasst als bisher, räumt der Kommune mehr Rechte ein, um hier weitere Veranstaltungen zu etablieren, auch andere Nutzer mit externem Catering, etwa im neu sanierten Schafstall, zuzulassen.
Tagungsgeschäft statt Tagesgeschäft

"Wir haben doch versucht, neue Veranstaltungen zu etablieren, das Tagesgeschäft anzukurbeln", sagt Peter Wagner im Rückblick. Mit Erfolg seien Konzerte im Rahmen des Neckarmusikfestivals gelaufen. Das Krimi-Dinner - ein Renner. Letztlich haben die Pächter sogar Schauspieler engagiert, eigene Stücke aufführen lassen. Erfolgreich auch der Biergarten - 19 Jahre lang. 15.000 Euro jährlich wurden für Bands gesetzt. Das Tagesgeschäft habe dennoch nie richtig gezündet. "Dabei hatten wir doch auch Currywurst." Wagner stellte die Werbung für diese Sparte ein. "Wir konzentrierten uns fortan aufs Tagungsgeschäft."
Wagner: "Viele bringen uns mit dem Golfclub zusammen." Ein Irrtum. "Der Club hat seine eigene Gastronomie", sagt Wagner. Die Neckarwestheimer seien schon gar nicht gekommen, eher Menschen aus der Region Heilbronn und der angrenzenden Region Stuttgart. Viele buchten in der gehobenen Gastronomie, um einen besonderen Tag zu feiern. Mehr aber nicht.
"Wir sind offen für Herausforderungen und bereit, neue Wege zu gehen", steht auf der Homepage, die in wenigen Wochen erlischt. Wagner denkt, diese Philosophie auch gelebt zu haben. "Wir planen jedoch zwei Jahre voraus", sagt Wagner mit Blick auf Hochzeiten und Tagungen. Die Kommune habe nicht verstanden, dass kurzfristige, zusätzliche Events mit den Trauungen kollidierten.
Pacht zwischendurch einbehalten
"Vielleicht war ich auch zu massiv", meint der Gastronom rückblickend. Pacht habe er zwischendurch einbehalten, gibt er zu, weil die KG dem erforderlich Sanierungsbedarf nie hinterhergekommen sei. "Die Zimmer - wie vor 29 Jahren. Bäder wurden saniert, aber zwei sind immer noch im Zustand wie 1995." Zugegeben: Die Küche wurde saniert. Dennoch: Insgesamt betrachtet sehe ein modernes, zeitgemäßes Hotel für ihn anders aus.
Offenbar hat das auch die Gemeindeverwaltung erkannt. Bürgermeister Winkler, der seit 2016 im Amt ist, hat mit dem neuen Geschäftsführer Rüdiger Braun einen umfangreichen Sanierungsplan entwickelt. Das Gesellschaftskapital wurde dafür kürzlich um eine Million Euro aufgestockt. "Für mich kommt das leider zu spät", sagt Wagner. "Das hätte ich auch gerne gehabt." Seinem Nachfolger wünscht er viel Erfolg. Erfolgreich, betont der Unternehmer, sei er allemal gewesen. "Wir haben 23 Jahre lang hier physisch und psychisch Hochleistungssport betrieben."
Hochzeiten und Tiefschläge
Das unterstreichen für ihn über 1400 Hochzeiten in dieser Zeit, an manchen Wochenenden bis zu vier. Ebenso über 220 Tagungen im Jahr. Der Betrieb habe auch Tiefschläge hinnehmen müssen. "Im Sommer hatten wir unter der Woche mit Amerikanern brechend voll." Nach dem Terroranschlag aufs World Trade Center in New York im September 2001 blieben die Touristen aus Übersee auf einen Schlag aus. Nach der Superpleite der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers zückten große Unternehmen 2008 auch in Deutschland den Rotstift, stornierten wegen der unsicheren Zukunft massenweise Tagungen und Weihnachtsfeiern. Auch das musste der Betrieb verkraften.
Und die Zukunft? "Aus wirtschaftlichen und Altersgründen kann ich mich nicht zur Ruhe setzen." Vor 2018, sagt Wagner, gehe aber zunächst mal nichts mehr. "Das Ganze muss ich erst einmal selbst verarbeiten." Und wieder atmet der Hotelier schwer durch.
Zur Person
Peter Wagner (56) stammt aus Westfalen. Er war als Küchenmeister und Sommelier stellvertretender regionaler Küchendirektor bei Mövenpick, einem Unternehmen der Systemgastronomie, bevor er in Heilbronn das Winzerstüble übernahm.
Am 31. Oktober 1994 wurden ihm im Neckarwestheimer Rathaus die Schlüssel für das Schlosshotel Liebenstein überreicht. Als 33-Jähriger startete er das "Abenteuer Liebenstein", wie er nun im Rückblick sagt. Das Hotel hat 24 Zimmer mit 41 Betten, Gasträume und die Zehntscheune, ebenfalls für Hochzeiten.