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Nordheim: Neuer Einzelhändler sieht gute Chancen im Ortskern

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Nach dem Wegzug von Netto nach Klingenberg hat sich mit dem Kaufmann Willig ein aussichtsreicher Nachfolgebetrieb für Nordheims Zentrum gefunden. Was sind seine Pläne?

Von unserem Redakteur Rolf Muth
Jürgen Willig eröffnet in Nordheim einen Markt. Lange hat Bürgermeister Volker Schiek (rechts) nach einem Nachfolger für Netto gesucht.Foto: Rolf Muth
Jürgen Willig eröffnet in Nordheim einen Markt. Lange hat Bürgermeister Volker Schiek (rechts) nach einem Nachfolger für Netto gesucht.Foto: Rolf Muth

"Wenn alle Faktoren passen, dann klappt das." Jürgen Willig ist voller Zuversicht. Am 29. September wird der Schwaigerner Kaufmann in Nordheim seine dritte Filiale eröffnen. Bürgermeister Volker Schiek ist froh, dass der erfolgreiche Betrieb aus der Leintalstadt jetzt auch in der Nachbargemeinde am Heuchelberg Fuß fassen will.

450 Quadratmeter Verkaufsfläche? Discounter winken bei dieser Größe ab, ziehen auf die grüne Wiese am Ortsrand. Die Zentren sterben aus. Vor allem alte Menschen ohne Auto bleiben auf der Strecke. Und eben dieses Problem trieb Bürgermeister Volker Schiek in den vergangenen Monaten um. Seit der Discounter Netto Ende Oktober 2015 die Rollläden in der Hauptstraße herunterließ, gähnt nach 33 Jahren Ladenbetrieb durch verschiedene Ketten nun ein hässlicher Leerstand mitten in der Hauptstraße, in einer hervorragenden Lage in Nähe zu Rathaus, Kirche und Ortsbücherei.

Doch alle Versuche, einen Nachfolger zu finden, schlugen fehl. 75 Unterzeichner einer Unterschriftenliste machten sich für den Betrieb eines Ladens an dieser Stelle stark.

Hilfe kam aus dem westlichen Landkreis Heilbronn, genauer aus Gemmingen. Im Sprengel Leintal/Zabergäu der Landkreisbürgermeister schilderte Volker Schiek nach einer gescheiterten Anzeigenkampagne das Problem. Und sein Kollege Timo Wolf hatte eine Idee: Denn hier in Gemmingen hatte Jürgen Willig 2011 einen Standort aufgepäppelt, an dem zuvor andere Anbieter gescheitert waren.

Wäre Nordheim auch eine Option für den Kaufmann aus Schwaigern?

Das klare "Ja" wurde wenig später im Rathaus besiegelt. Jetzt sind die Maler im Geschäft, einige Regale stehen bereits, die Türe soll bis Ende September noch barrierefrei gestaltet werden. Für das 4000 Artikel zählende Sortiment mit Schwerpunkt Wurst/Käse/Fleisch sowie Obst und Molkerei muss Willig zwischen 150.000 und 250.000 Euro in die Hand nehmen, konkreter wird er nicht. Auch wie viel Geld er investiert, um den Laden aufzumöbeln, ist Betriebsgeheimnis. Nur so viel: Einen Teil der Handwerkerkosten übernimmt die Besitzerfamilie Kleemann. Schiek ist froh, dass Willig aktiv wird. Der Ortskern sei mit Bäcker, Metzger, Apotheke, Bank, Optiker und Rathaus zwar gut aufgestellt. "Ein Lebensmittelladen ist für mich aber ein Anker im Zentrum."

Die Strategen von Rewe haben den Standort ausgelotet. Für den Laden sähe es gut aus, wenn jene, die per Unterschrift einen Laden im Zentrum fordern, auch dort einkaufen, meint der Bürgermeister. Willig sorgt mit verschiedenen Ansätzen für Kundenbindung (siehe Text unten). Artikel, Preisvorstellung, Großgebinde: Die Nordheimer hat im Vorfeld befragt, welche Artikel in die Regale kommen sollen. Wünsche, die machbar sind, sollen erfüllt werden. Willig: "Wir wollen kein Konzept überstülpen, sondern etwas entwickeln, was der Nordheimer und Nordhausener will."

Eigenmarke

Frische, Qualität und Preis sollen die künftigen Kunden überzeugen. 500 kostengünstige Produkte im Sortiment seien über die "Ja"-Eigenmarke von Rewe möglich. Diese hielten den Preisen der Discounter stand, versichert Willig. Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit bekommen hier einen Job.

Anteilscheine als Kundenbringer

Seit 1902 gibt es Willig in Schwaigern. Mittlerweile führt die sechste Generation der Kaufmannsfamilie den Betrieb in der Leintalstadt (1800 Quadratmeter) mit Filialen in Böckingen (600 qm) und Gemmingen (700 qm). Um den Betrieb in Nordheim zu verwurzeln, Kunden ans Geschäft zu binden, gibt Willig Anteilscheine (ein Schein pro Person zu je 500 Euro) aus, die er mit drei Prozent verzinsen will. "Maximal hundert", denkt er. Die Scheine seien jederzeit kündbar, Zinsen gebe es im Januar des Folgejahres. "Das Geld brauche ich nicht zur Finanzierung", sagt der Einzelhändler. "Es geht mir darum, Identität zu schaffen." Er sagt aber auch: "Im Falle einer Insolvenz wäre das Geld als Privatdarlehen weg." Doch die Pleite sei kein Thema. Der Betrieb sei kerngesund.

Schließlich will Willig seiner Tochter Magdalena in zweieinhalb Jahren keinen Scherbenhaufen hinterlassen, wenn die dann 26-Jährige die Geschäfte übernehmen soll. Sie ist vom Fach, arbeitet derzeit bei einem Kollegen im Südschwarzwald und sammelt dort Erfahrung.

Die Idee, Kunden über Anteilscheine mit dem Geschäft zu verbinden, werde von der IHK positiv begleitet, sagt Willig. Auch die Rewe, die als Genossenschaft Willig beliefert, beobachte mit Spannung die Entwicklung am Standort Nordheim.

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