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Die beiden Spinner aus der Stadt

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Wie aus dem Schlupfwinkel eine Institution wurde, die aus der Region nicht mehr wegzudenken ist

Von Ulrike Maushake
Kleinkunst-Pioniere: Sigrid und Siegfried Winkler haben sich mit dem Cleebronner Schlupfwinkel einen Namen gemacht.Foto: Ulrike Maushake
Kleinkunst-Pioniere: Sigrid und Siegfried Winkler haben sich mit dem Cleebronner Schlupfwinkel einen Namen gemacht.Foto: Ulrike Maushake

Cleebronn - „Man kann über den Schlupfwinkel viel erzählen“, sagt Kurt Sartorius. „Aber eigentlich muss man ihn erleben.“ Und so hatten das Kulturfenster und die Historische Gesellschaft Bönnigheim zum Kulturköpfe-Stammtisch nach Cleebronn eingeladen, in die Weinstube, Galerie, Kleinkunstbühne, und das Wirtsehepaar Sigrid und Siegfried Winkler in den Mittelpunkt des Mittwochabends gestellt.

Das, sagte Siegfried Winkler, würde ihn doch sehr freuen: Nicht als Querkopf, Betonkopf oder Sturkopf zu gelten, sondern als Kulturkopf. Und bereitwillig beantwortete er die Fragen von Charlotte Nerl-Steckelberg vom Museum Sophie la Roche: Warum sie 1991 den Schlupfwinkel eröffneten? Was sie damals im Blick hatten? Was daraus wurde?

Mit Blumen fing es an Angefangen habe es mit einem Spaziergang in einem Weinberg mit blühenden Schwertlilien, erzählt Siegfried Winkler. Da wohnten sie noch in Stuttgart. Er war Geschäftsführer einer Druckerei und sie Sekretärin, und sie wohnten in einer Neubausiedlung. „Lass uns doch einen Weinberg kaufen“, hat Sigrid Winkler ihren Mann vorgeschlagen, angesichts der Schwertlilien. „Sie ist halt eine Blumennärrin.“

So hat das Paar, heute 63 und 69 Jahre alt, „rein aus Jux und Tollerei“, einen Weinberg erstanden. Ihren Wein wollten sie selber ausbauen, und weil das in einer Neubauwohnung ziemlich schwierig ist, haben sich Winklers Stück für Stück von ihrer städtischen Lebensweise entfernt. Als in der Druckerei der Besitzer wechselte und er sich in dem Betrieb nicht mehr wohl fühlte und zudem eine solide Erbschaft ins Haus schneite, beschlossen sie, noch einmal ganz von vorne anzufangen und dabei ihre vielen, besonderen Gaben einzubringen: „Ein bisschen Kunst, ein bisschen Wein, ein bisschen Vespern und Antiquitäten verscherbeln.“ So lautete ihr Konzept für ein Weinlokal.

Das geeignete Haus fanden sie in Cleebronn. „Da sind ein paar Spinner aus der Stadt“, erzählte man sich hier. „Die wollen eine Galerie aufmachen. Bei uns!“

Jahrelang hat der Ausbau des alten Hauses gedauert, und mit der Eröffnung der Weinstube 1991 kamen die Künstler. „Der erste war der Klavierstimmer“, erinnert sich Siegfried Winkler. „Einen Ragtime-Abend hat er gestaltet.“ Die museale Atmosphäre der Gaststube mit den liebevoll zusammengetragenen Sammlerstücken, der gute Braten aus dem Holzbackofen, die Liebenswürdigkeit des Wirtsehepaares - das sprach sich schnell herum. Und auch, dass hier Getränke mittels einer elektrischen Eisenbahn serviert werden. „Anfangs wurden wir schier überrannt“, sagt Sigrid Winkler, die einen guten Blick und ein gutes Händchen für Ausstellungen entwickelte. Eine Präsentation von Grafiken von Horst Janssen war einer der Höhepunkte ihrer Tätigkeit als Galeristin.

An 5000 Kunden, von Mosbach bis zum Albtrauf, schickt sie die jährlichen Programme. Mundart-Abende, Kabarett, Musik. Treue Künstler sind dabei, die manchmal mehrfach im Jahr kommen. Nicht nur die „Brenz-Band“, das Stuttgarter „Dein Theater“ oder „Des Geyers Schwarzer Haufen“ sind den Winklers freundschaftlich verbunden.

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