Alter Kastanienbaum wird gefällt
Leingarten - Verkehrssicherheit ist durch fehlende Stabilität nicht mehr gewährleistet
Leingarten - Ein Kastanienbaum erregte die Gemüter in der Leingartener Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend. Nach Aussagen verschiedener Experten gefährdet der rund 100 Jahre alte, mächtige Baum zwischen Schwaigerner- und Kastanienstraße, gegenüber der Privatkellerei Hirsch, die Verkehrssicherheit. Noch heute, Samstagvormittag, soll er gefällt werden.
Wurzeln
Auf dem dahinterliegenden Grundstück möchte ein Bauträger aus Gemmingen ein Sechs-Familienhaus errichten. Zwar steht der über 20 Meter hohe Baum selbst auf Gemeindegrundstück, doch seine Wurzeln reichen bis ins Grundstück des Bauträgers. "Wenn er seine Baugrube aushebt, steht der Baum nicht mehr sicher", sagt Bürgermeister Ralf Steinbrenner. Um die Lage genauer beurteilen zu können, hatte die Gemeinde den Bauträger gebeten, Probebohrungen in Auftrag zu geben. Diese fanden am Dienstag dieser Woche statt. "In der Summe ist festzustellen, dass durch die einen Meter tief angegrabene Baugrube akut Gefahr im Verzug ist", warnte der Nordhausener Landschaftgärtner Felix Hertner. Und bereits bei einer mittleren Windstärke weise der Baum nicht mehr genug Standsicherheit auf. Der Fachmann warnte "vor weiteren Baggerarbeiten in Baumnähe". Landschaftsbauer Jörg Biegert empfahl, den Kastanienbaum "wegen der schlechten Statik möglichst zeitnah zu entfernen. Zu ähnlichen Schlüssen kamen der Förster Jens Hey und Bauhofleiter Michael Brenner, wobei der Förster "durch eine deutliche Kronenreduktion" einen Erhalt des Baumes in Aussicht stellte. Allerdings werde sich dadurch das Erscheinungsbild verändern und trotzdem ein Restrisiko verbleiben.
Grünen-Gemeinderat Paul Gräsle, der seit Jahren für den Erhalt gekämpft hat, und davon sprach, dass "der Erhalt der Kastanie in allen Sitzungen ein hohes Gut war", setzte sich im Gremium für weitere Untersuchungen ein. Doch Steinbrenner stellte klar, dass die Zeit des Handelns gekommen ist: "Wenn ein Kind stirbt, ist es zu spät."
Gräsle kritisierte die Vorgehensweise in der Vergangenheit: "Man hätte die Standsicherheit früher prüfen müssen. Ich fühle mich getäuscht." Diesen Vorwurf wies Steinbrenner zurück. Der Baum steht hinter einer 2,30 Meter hohen Mauerecke über der Straßenkreuzung Schwaigerner-/Kastanienstraße. Die Bauarbeiten für das Mehrfamilienhaus machten es laut Steinbrenner notwendig, im Westen bis auf das Niveau der Schwaigerner Straße zu kommen. Damit würden in diesem Bereich die Hälfte der Wurzeln in etwa vier Metern Entfernung vollständig abgeschnitten. Auch für die Südseite zeichnen die Fachleute ein ähnlich dramatisches Bild. Hinzu kommt, dass die Mauer bereits seit längerem Risse aufweist.
Schüler
Der Baum neigt sich von der Statik her ohnehin schon zur Straße und zu den Verkaufsräumen der Privatkellerei Hirsch hin. Darüber hinaus gibt es dort zwei Parkplätze. Die Straßenabschnitte sind von Kindergartenkindern und Schülern stark frequentiert: Nach Westen hin geht es zur Eichbottschule, nach Südosten zum Kindergarten Kelterstraße und zur Hans-Sauter-Schule.
"Dass wir den Baum fällen müssen, schmeckt keinen von uns, aber in diesem Fall haben wir keinen Handlungsspielraum", erklärte der Bürgermeister.