„Es fehlt auf beiden Seiten an Akzeptanz“
Ortsgespräch des Agenda-Arbeitskreises Frauen zum Thema Integration

Leingarten - Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen“, sagt Ulrike Freyer-Schwellinger beim dritten Ortsgespräch der Lokalen Agenda/Arbeitskreis Frauen. Thema am Mittwochabend: Integration. 30 Frauen, die zum großen Teil in anderen Kulturkreisen aufgewachsen sind, haben sich in der Bücherei versammelt. Eine Inderin ist dabei, mit ihrer kleinen Tochter. Türkische Frauen sind gekommen, auch sie haben Töchter mitgebracht, die bereits in Deutschland geboren wurden. Eine Polin, ein Au-Pair aus Kirgistan und eine Frau von der Elfenbeinküste sitzen mit im Kreis.
Viele der Anwesenden besuchen den Integrationskurs bei Renate Kübler und Karin Zander. Einige der Frauen kommen aus anderen Bundesländern oder aus der ehemaligen DDR. Sie stellen fest, dass man auch als Deutsche Erfahrungen mit Fremdsein in Deutschland machen kann.
Ulrike Freyer-Schwellinger erzählt von einer Frau, deren Mut sie beeindruckt hat: 1969 hatte ein türkischer Vater von vier Töchtern seine Arbeit in seinem Heimatland verloren. Da ging die Mutter ganz alleine auf nach Deutschland, um hier den Lebensunterhalt für die Familie zu verdienen. Als sie hier Fuß gefasst hatte, holte sie die Familie nach. Eine dieser vier Töchter ist Serap Terzioglu, die als Moderatorin diesen Abend mit gestaltet. Als engagierte Türkin stellt sie sich vor, die sich sehr integriert fühlt und die mit einigen provokanten Aussagen der Diskussion Zündstoff gibt. „Du kannst machen was du willst - du bleibst Ausländer“, sagt sie.
Im Laufe des Abends stellt sich heraus: Was Integration, was Heimat ist, das lässt sich nicht so einfach klären. Und was vom grundsätzlichen Gefühl des Fremdseins von der Herkunft herrührt und wie weit es im Einzelnen veranlagt ist, auch nicht. Auch nicht, ob Situationen, in denen man sich aneinander reibt, kränkt, gegenseitig irritiert, wirklich kulturell bedingt sind oder einfach im menschlichen Miteinander begründet sind.
Sprachbarrieren kommen zur Sprache und natürlich die Kopftuchfrage. Einerseits stellt es sich als schwierig heraus, Stereotypen zu vermeiden. Andererseits ist der Blick der Frauen auf ihre Erfahrungen mit Deutschen und mit Deutschland so unterschiedlich wie die Frauen selber. Außerdem ist es ein Unterschied, ob man hier geboren wurde oder nicht. Und ob man aus der Türkei kommt, aus Polen oder von der Elfenbeinküste. Traurig stellt die Afrikanerin fest, dass ihre kleine Tochter von anderen Kindern aufgrund ihrer dunklen Haut ausgegrenzt und beleidigt wurde, dass andere Kinder nicht mit ihr spielen durften, aus Angst, das Mädchen könne mit AIDS infiziert sein.
Auch Türkinnen klagen, dass ihre Kinder nicht zu Kindergeburtstagen eingeladen werden, und dass, wenn sie selber einladen, deutsche Kinder manchmal nicht kommen dürfen. „Es fehlt auf beiden Seiten an Akzeptanz und Toleranz“ - eine der Kernaussagen des Abends. Und: „Wir sind verschiedene Menschen und verschiedene Kulturen. Deshalb sollten wir aufeinander zugehen. Und offen reden, fragen und kritisieren können, ohne dass uns das einer übel nimmt.“