Nicht nur was für Stubenhocker
Neuenstadt - Siebzehnjährige macht im Rathaus eine Verwaltungslehre

Neuenstadt - Zum Außentermin kommt der städtische Bauamtsleiter in Begleitung einer jungen Frau. Kesser Haarknoten, flottes Outfit, offener Blick, eine Frau, die auch auf dem Laufsteg keine schlechte Figur machen würde: „Das ist Jana Bolch, unsere Auszubildende“, sagt er. Die Siebzehnjährige macht eine Verwaltungslehre bei der Stadt.
Verwaltung - nur was für verschlossene Stubenhocker? Überhaupt nicht fand Jana Bolch und hat sich nach einem Praktikum in der neunten Realschulklasse dafür entschieden. „In den letzten sechs Jahren haben wir neun junge Leute ausgebildet“, sagt Bürgermeister Norbert Heuser. „Mehr geht nicht, denn man muss sich ja auch Zeit für die Lehrlinge nehmen.“
Aktuell haben gerade zwei als Verwaltungsfachangestellte ihre Prüfungen abgelegt. Zudem gibt es in den städtischen Kindergärten eine Praktikantin und eine angehende Erzieherin im Anerkennungsjahr. Wenn Jana Bolch an ihrem Schreibtisch sitzt, dann kann sie weit hinein schauen ins Land. „Sie hat Glück mit dem Platz, weil eine Kollegin in Mutterschutz ist“, sagt Heike Hodorff, ihre Bürokollegin im Bauamt, wo Jana seit Mai eingesetzt ist. Hier führt sie auch das Bautagebuch.
Anspruchsvolle Arbeit
„Wir fordern unser Auszubildende. Sie machen keine Hilfstätigkeiten“, sagt Bauamtsleiter Bernd Stephan. Heute muss sie den Ordner „Ortseingangswerbeanlagen“ bearbeiten und Firmen anschreiben, die für eine Werbetafel in Frage kommen. „An die Sprache habe ich mich erst gewöhnen müssen“, sagt sie und schmunzelt etwas über das Verwaltungsdeutsch.
Überhaupt hat sie sich unter dem Betrieb Stadtverwaltung zunächst wenig vorstellen können: „Gekannt habe ich nur das Bürgerbüro wegen meinem Personalausweis. Beim Kinderferienprogramm habe ich mitgemacht. Und dann war ich dabei, als meine Mutter meinen kleinen Bruder für den Kindergarten angemeldet hat.“
Nach Praktikum und einigen Monaten Lehre ist sie erstaunt, wie vielfältig die Aufgaben einer Stadtverwaltung sind. Und sie hatte auch ein Aha-Erlebnis was ihre alte Schule, die Helmbundschule, betrifft: „Die verwalten ja wir - über den Haupt- und Realschulzweckverband.“
Neuenstadts Verwaltung hat eine klassische Rathausstruktur mit Hauptamt, Bauamt und Finanzen mit Eigenbetrieben. Jana Bolch konnte schon in fast alle Bereiche hineinschnuppern. „Die Vorbereitung zur Sportlerehrung war interessant. Und dann habe ich bei der Vernissage der Schweizer Masken-Ausstellung im Schafstall mitgearbeitet.“
Duales System
Zwischen dem praktischen Lernen gibt es Blockunterricht in der kaufmännischen Berufsschule in Böckingen. „Nach vier Wochen Schule freue ich mich auf die Arbeit bei der Stadt und umgekehrt“, sagt sie. Hauptamtsleiter Eberhard Laier ist der Ausbildungsbeauftragte der Stadt. Er hat es befürwortet, dass Janas Lehrzeit auf zweieinhalb Jahre verkürzt wird.