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Himmlische Ruhe

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Jagsthausen - Interesse am Waldgrab steigt stetig - Rund 40 Bestattungen im ersten Jahr

Von Heike Kinkopf
„Nach einer Beisetzung kann ich nicht einfach in den Alltag zurückkehren.“
          Hans-Sigmund von Berlichingen
„Nach einer Beisetzung kann ich nicht einfach in den Alltag zurückkehren.“ Hans-Sigmund von Berlichingen

Jagsthausen - Der Waldweg ist geschottert, gemächlich rumpelt das Auto rund 200 Meter bis zum Parkplatz beim Teich. Eine schlichte Holzkapelle steht in der Nähe des Ufers. Wege führen hinein ins Herz des Waldes - zu mächtigen Buchen und alten Eichen. Ein Vogel zwitschert. Ansonsten - Stille. „Der Ort strahlt Würde aus“, sagt Hans-Sigmund Freiherr von Berlichingen. Der Ort, das ist der Ruheforst in Jagsthausen.

Der Friedhof im Wald, der vor einem Jahr eröffnete, bietet inzwischen rund 40 Verstorbenen eine letzte Ruhestätte. Dazu kommen Verkäufe von weiteren 40 Ruhestätten, die sich Menschen zu ihren Lebzeiten für später aussuchen.

Anfragen

„Wir haben sehr viele Anfragen“, zieht von Berlichingen nach einem Jahr Bilanz, obwohl auf Werbung nahezu verzichtet wird. Er und sein Bruder Gottfried von Berlichingen, die Forstbesitzer, betreiben den Ruheforst. „Das Interesse steigt stetig.“ An zwei Samstagen im Monat führen die Brüder Interessenten durch den Wald. Meist kommen zwischen fünf und zehn Personen.

Wer sich für ein Urnengrab unter Bäumen entscheidet, hat sich nicht automatisch von der Kirche abgewendet, weiß Hans-Sigmund von Berlichingen. Im Gegenteil: Meist ist ein Pfarrer bei den Beisetzungen zugegen. Die Menschen kommen aus einem Umkreis von etwa 50 Kilometern, aus Heilbronn oder Bad Mergentheim, aber auch aus Heidelberg oder München.

Begleitung

„Wir haben einen guten Platz für unseren Verstorbenen“ - dies gibt für viele Angehörige den Ausschlag, ihre Toten in Jagsthausen unter den Bäumen beizusetzen. Die von Berlichingens bieten Begleitung an. Individuell. Ganz so, wie es die Hinterbliebenen wünschen.

Das heißt nicht nur, Ansprechpartner in allen Belangen zu sein oder bei allen Bestattungen dabei zu sein. Wenn Angehörige dies möchten, übernehmen die Brüder die kleine Zeremonie, sprechen ein paar Worte. „Das hätte ich vor ein paar Jahren auch nicht von mir gedacht“, gibt Hans-Sigmund von Berlichingen frank und frei zu. „Nach einer Beisetzung kann ich nicht einfach in den Alltag zurückkehren.“ Die Gespräche mit den Angehörigen seien sehr persönlich.

Der Ruheforst ist ein Wald. Die Urnengefäße mit der Asche der Toten sind biologisch abbaubar. Eine Grabpflege entfällt. „Das ist aber nicht der Hauptgrund, warum sich jemand für uns entscheidet“, weiß Hans-Sigmund von Berlichingen aus Gesprächen. Der Wald und die Natur - sie sind entscheidend. „Viele fühlen sich im Wald wohl.“

Die Einrichtung des Ruheforstes geschah in Absprache mit der evangelischen und katholischen Kirche. Anonyme Beisetzungen sind nicht erlaubt. Kleine Tafeln in Scheckkarten-Größe mit den Namen an den Bäumen sind der einzige sichtbare Hinweis, dass unter einem der stattlichen Bäume ein Mensch seine letzte Ruhe findet.

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