Anwesenheitspflicht am Herd
Seit 30 Jahren kocht der Männerclub Chuchi in der Festhalle

Leingarten - Einmal im Monat flackert Kerzenschein auf einem fein gedeckten Tisch in der Festhalle. Und das bereits seit 30 Jahren. Dann nämlich servieren sich die Mitglieder der "Chuchi Leingarten" fünf bis sieben Gänge. Vor deren Genuss stehen die zwölf Hobbyköche selbst am Herd. Einer von ihnen ist jeweils zuständig für die Organisation des Abends − vom Einkauf über die Rezepte bis zum Bodenputzen. Nur Kochen muss der Verantwortliche an diesem Tag nicht, er überwacht die Arbeit der anderen.
Dabei geht es ruhig zu: "Es wird nicht so viel geschnattert", erklärt Vereinsvorsitzender Jürgen Katz die Vorzüge eines reinen Männerclubs. Nur eine Dame ist hier zugelassen: Die Spülfrau, die die Leingartener engagiert haben, um mehr Zeit für den fachlichen Austausch zu haben. Schließlich wird nach dem Mahl jeder Gang bewertet.
Gutes Essen "Wir legen nicht nur Wert auf gutes Essen, wir pflegen auch Tischsitten und Manieren", sagt Katz. Das Essen soll nicht nur schmecken, sondern auch gut aussehen, begleitende Weine und das passende Ambiente inklusive. Der 58-Jährige leitet den Verein seit 15 Jahren und genießt den Austausch mit anderen Clubs. Er und seine Kollegen aus dem gesamten Landkreis gehören dem "CC-Club kochender Männer in der Bruderschaft Marmite" an, einer internationalen Vereinigung von Hobbyköchen. Es sei wichtig zu sehen, wie andere kochen, so Katz. "Das bringt uns nach vorn." Denn bei allem Spaß: "Wir haben einen gewissen Anspruch." So war auch die Bewirtung einer Hochzeit mit 120 Gästen kein Problem für die Leingartener.
Ganz vorn kocht Hermann Warth mit. Der 60-Jährige ist ein Chuchi der ersten Stunde und hat sich inzwischen zum geprüften Grand Maître gekocht. Vor 30 Jahren allerdings trieb den ehemaligen Schiffskoch die Freude an der Zubereitung dazu, auf eine Anzeige in der Heilbronner Stimme zu antworten. Der Zollbeamte Helmut Walter suchte damit Mitstreiter für einen jungen Verein, nachdem er von Schwäbisch Hall nach Heilbronn versetzt worden war. Walter lebte in Leingarten und gründete dort mit drei weiteren Hobbyköchen im Januar 1981 den Club. Auf besagte Anzeige meldeten sich zwölf Interessenten, aber nur sechs von ihnen schafften es auch an den Herd der Festhalle.
Seitdem hat sich viel verändert. Die Teller sind größer, die Portionen kleiner geworden: "Alles sieht luftiger aus", erklärt Warth. Es werde leichter gekocht und kürzer gegart. Dekoration und Farbspiel sind in den vergangenen Jahren wichtiger geworden. Im Kochclub selbst hat inzwischen ein Generationswechsel stattgefunden, aber noch immer gelten die Aufnahmeregeln.
Geheime Abstimmung Die Kochbrüder sind mindestens 40 Jahre alt, sollten ein gesichertes soziales Umfeld haben und beruflich im Sattel sitzen. Anwesenheitspflicht versteht sich von selbst, "sonst hat das keinen Sinn", weiß Katz.
Bewerber kochen zunächst an drei Abenden mit, bevor in geheimer Abstimmung über ihre endgültige Aufnahme entschieden wird. Mit monatlichen Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 35 Euro werden die Ausgaben bestritten.
Zehn Kochabende stehen im Terminkalender der Männer. Jeweils etwa ein halbes Jahr im Voraus werden Ideen gesammelt und Rezepte ausprobiert. Ehefrauen, Kinder und Freunde müssen als Vorkoster herhalten. Außer einem Jahresthema wie Suppen oder Pasteten hat der jeweilige Verantwortliche freie Hand. "Wir bewegen uns regional", erklärt der Clubchef, der selbst Linsen und Spätzle am liebsten mag. Aber auch ein japanischer Abend sei möglich. Dabei gilt die Regel: Gekostet wird grundsätzlich, aber auch akzeptiert, wenn es jemandem nicht schmeckt.
Stimme.de