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Jäckle Mühle schließt nach 350 Jahren

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Vor ziemlich genau 350 Jahren hat ein Schreiber die Jäckle Mühle das allererste Mal in einem Schriftstück erwähnt. Seit dem Wochenende ist sie endgültig geschlossen - zumindest fast, denn es soll Ausnahmen geben.

Von Vanessa Müller
Gemahlen wurde hier schon länger nicht mehr. Trotzdem is alles in Schuss.
Gemahlen wurde hier schon länger nicht mehr. Trotzdem is alles in Schuss.

So viele Jahre, so viel passiert. Heidi Kupfer wischt sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel, während ihr Mann die Geschichte des Neuenstadter Kleinods Revue passieren lässt. Vor ziemlich genau 350 Jahren hat ein Schreiber die Jäckle Mühle das allererste Mal in einem Schriftstück erwähnt.

"Wir mussten erstmal überlegen, was da in der Geschichte alles los war", sagt Hartmut Kupfer. Der Dreißigjährige Krieg war gerade vorbei, Götz von Berlichingen hatte 100 Jahre zuvor das Zeitliche gesegnet.

Tränen in den Augen

Jetzt wird es in den historischen Mauern der Mühle still. Mit einem Fest für alle Freunde und Wegbegleiter haben sich die Kupfers am Sonntag für die jahrelange Treue bedankt. Über sechs Generationen hat die Familie die Geschicke in der Mühle gelenkt.

Auch so mancher Kunde habe in den vergangenen Tagen Tränen in den Augen gehabt, sagt Heidi Kupfer. Am Samstag konnten sich die Leute zum letzten Mal von ihr und ihrem Team beraten und verwöhnen lassen. Die meisten kamen aus dem Jagst- und Brettachtal, aber auch Mosbacher oder Heilbronner waren darunter.

So richtig loslassen können die Kupfers noch nicht. Sie überlegen, die urige Kaffeestube für Events und Feiern zu vermieten. Fotos: Archiv/Veigel
So richtig loslassen können die Kupfers noch nicht. Sie überlegen, die urige Kaffeestube für Events und Feiern zu vermieten. Fotos: Archiv/Veigel

Für Events vermieten

Kein Frühstück, kein Mittagstisch mehr in der urigen Kaffeestube. Kein Einkaufen im Bio-Laden. Gemahlen hat Hartmut Kupfer schon seit vier Jahren nicht mehr. Zu viele Auflagen, zu viel Arbeit für das Ehepaar, das jetzt den Ruhestand genießen möchte.

So richtig loslassen kann Heidi Kupfer aber trotzdem nicht, gesteht sie. Deshalb überlegt sie, die Kaffeestube ab und an für Feste und Events zu vermieten. Mit oder ohne Catering, je nach Wunsch und Geldbeutel. "Nach einer Ruhepause, wenn es wieder wärmer ist."

Heidi Kupfer kam aus kleinem Ort bei Braunschweig

Zur Seite steht ihr dabei Ingo Willhauk, der sie in der Vergangenheit schon einmal die Woche beim Mittagstisch unterstützt hat und auch beim Roten Schloss in Jagsthausen für Events zuständig ist. Ihn verbinde vieles mit der Jäckle Mühle, erklärt er, warum er sich weiter für die Kupfers engagieren möchte. "Meine Großeltern hatten ein Geschäft in Neckarsulm - und haben hier ihr Mehl eingekauft. Ich bin quasi mit dieser Mühle aufgewachsen."

In dem 40 Quadratmeter großen Raum im Dachgeschoss über der Küche möchte Heidi Kupfer sich gern etwas eigenes einrichten. Der Raum müsste aber erstmal saniert werden. Vor 40 Jahren ist sie nach Neuenstadt gekommen. Aus einem kleinen Ort bei Braunschweig, wo Mühlenerbe Hartmut Kupfer seinen Techniker machte - und sich in die blonde Landwirtstochter verliebte. "Ich habe das Anwesen gesehen. Und es hat sich gleich wie Heimat angefühlt", erinnert sie sich.

"Für mich gab es nichts anderes, als Müller zu werden"

Mit einem Fest für alle Freunde und Wegbegleiter haben sich Heidi und Hartmut Kupfer am Sonntag für die jahrelange Treue bedankt. Foto: Vanessa Müller
Mit einem Fest für alle Freunde und Wegbegleiter haben sich Heidi und Hartmut Kupfer am Sonntag für die jahrelange Treue bedankt. Foto: Vanessa Müller

Schon ihr Vater arbeitet samstags in der Mühle ihres Heimatorts mit. "Der Geruch von Mehl zieht sich durch mein ganzes Leben." Bei Hartmut Kupfer ist es nicht anders. "Mein Großvater hat mich in das Handwerk eingeführt. Für mich gab es nichts anderes, als Müller zu werden."

Diese Ära endet nun. Die Kinder sind erwachsen und haben ihre eigenen Pläne. Aber ins Städtle ziehen? Nein, das kommt nicht infrage. Heidi Kupfer nickt energisch. "Wir bleiben hier wohnen."

 

Geschichte 

Die Jäckle-Mühle wurde 1667 das erste Mal urkundlich erwähnt. Sie war bis 1867 eine Loh- und Ölmühle mit einer Hanfreibe. 1867 ging sie in Besitz der Familie Jäckle, heute Kupfer, über, die eine Getreidemühle einbaute. 1965 wurde die Wasserkraft mit einer Turbine modernisiert, die noch heute einen großen Teil der Energie liefert. Als Heidi und Hartmut Kupfer das Geschäft übernahmen, sattelten sie ganz auf Bio um. 2001 kam das Café dazu.

 
 
 
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