Jäckle Mühle: Eine Spur aus Mehl zieht sich durchs Leben
Wer in den Hof der Jäckle Mühle einbiegt, der merkt gleich: Hier laufen die Uhren ein bisschen anders.

Hinter dem Haus plätschert die Brettach, Schmetterlinge sitzen in den üppigen Blumenkästen auf der Terrasse. Liebevoll lässt Heidi Kupfer den Blick über das historische Gebäude wandern. "Schon im 30-jährigen Krieg haben die Menschen hier Zuflucht gefunden", erzählt sie. "Wer Hunger litt, hat etwas zu Essen bekommen."
Seit sechs Generationen ist die Mühle im Besitz der Familie Jäckle, heute Kupfer. Aber auch Urgesteine müssen sich dem Wandel der Zeiten unterwerfen. Und so sucht Heidi Kupfer schon sei längerem nach einem Konzept, mit dem das Industriedenkmal in die Zukunft starten kann. Und am besten auch einem Investor, der das nötige Kleingeld mitbringt. Sie betont aber auch: "Wir stehen nicht mit dem Rücken zur Wand. Wir können warten."

Stillstand hat es in der Mühle sowieso nie gegeben
Nicht nur, weil das Wasser der Brettach die Wasserkraftturbine unermüdlich antreibt. Die Kupfers mahlen zwar seit vier Jahren nicht mehr, aber den größten Teil der Energie für Haus, Bioladen und Kaffeestube gewinnen sie trotzdem selbst. Vor 40 Jahren ist Heidi Kupfer nach Neuenstadt gekommen. Aus einem kleinen Ort bei Braunschweig, wo Mühlenerbe Hartmut Kupfer seinen Techniker macht - und sich in die blonde Landwirtstochter verliebt.

"Ich habe das Anwesen gesehen. Und es hat sich gleich wie Heimat angefühlt", erinnert sie sich. Schon ihr Vater arbeitet samstags in der Mühle ihres Heimatorts mit. "Der Geruch von Mehl zieht sich durch mein ganzes Leben." Bei Hartmut Kupfer ist es nicht anders. "Mein Großvater hat mich in das Handwerk eingeführt. Für mich gab es nichts anderes, als Müller zu werden."

Die Geschichte seines Kleinods kennt er in- und auswendig. "1927 ist hier fast alles abgebrannt", erzählt er. "Es war der kälteste Winter überhaupt, die Feuerwehr musste das Eis der Brettach aufschlagen, um zu löschen." Überhaupt sah früher alles ganz anders aus. In der heutigen Küche wurde das Futter für die Schweine gemacht. "Erst kamen die Kartoffeln in große Dämpfer, dann wurden die Kinder geschruppt, wo es schon mal heißes Wasser gab", sagt Heidi Kupfer. In der heutigen Kaffeestube wohnten die Knechte. Aber das war weit vor ihrer Zeit.

Als sie herkommt, gibt es neben der Mühle noch einen Markt für Gartengeräte. Doch die Nachfrage wird kleiner. Und als die beiden das Geschäft übernehmen, starten sie einen Ausverkauf und satteln ganz auf Bio um, biologisches Getreide hatten sie sowieso im Angebot. 2001 kommt das Café dazu, mittlerweile gibt es auch Mittagstisch.
Zwischendrin gibt es die spannendsten Arrangements
In den 90er Jahren zieht sogar eine Videothek ein. "Die Kunden für Ausleihen ab 18 Jahren haben die heutige Küchentür benutzt", erzählt Heidi Kupfer schmunzelnd. "Die Eingänge musste man ja getrennt halten." Anschließend verkauft ein Freund Antiquitäten in der Mühle. "Die haben wir wie in einem Wohnzimmer arrangiert. So kamen wir auf die Idee mit der Kaffeestube."
Und jetzt? Aus der Jäckle Mühle einen Ort zu machen, an dem Ausgebrannte mit Yoga, Meditation und ausgedehnten Waldspaziergängen zur Ruhe kommen können, das würde Heidi Kupfer gefallen. "Nicht nur Erwachsene, auch Kinder", sagt sie. "Viele hängen ja nur noch vor dem Handy, da findet gar nichts anderes mehr statt."
Geschichte
Die Jäckle-Mühle wurde 1667 das erste Mal urkundlich erwähnt. Sie war bis 1867 eine Loh- und Ölmühle mit einer Hanfreibe. 1867 ging sie in Besitz der Familie Jäckle, heute Kupfer, über, die eine Getreidemühle einbaute. 1965 wurde die Wasserkraft mit einer Turbine modernisiert, die noch heute einen großen Teil der Energie liefert.