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Im VW-Konzern ist gut nicht gut genug

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Trotz eines Rekordjahrs muss der Volkswagen-Konzern in Zukunft sparen. Audi und Porsche steuern den Großteil des Gewinns bei.

von Alexander Schnell und dpa
Oliver Blume, Chef des VW-Konzerns (links) und sein Finanzvorstand Arno Antlitz haben die Zahlen für 2023 präsentiert. Foto: dpa
Oliver Blume, Chef des VW-Konzerns (links) und sein Finanzvorstand Arno Antlitz haben die Zahlen für 2023 präsentiert. Foto: dpa  Foto: Michael Kappeler

Wie entwickelt man ein Auto, das einer ganzen Fahrzeugklasse seinen Namen gibt? Ein Auto, das es an der Schwelle zur Elektromobilität schwerer hat als sonst. Ein Auto, das seit dem Jahr 1974 bereits mehr als 37 Millionen Mal verkauft wurde. Die Rede ist vom VW Golf, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert.

Als Oliver Blume, Vorstandschef des VW-Konzerns, und sein Finanzvorstand Arno Antlitz nach der Vorlage der Bilanz für das vergangene Jahr für die Fotografen auf der Motorhaube des ersten Golf GTI Platznehmen, wirken die beiden gelöst. Hinter dem Konzern liegt ein Rekordjahr. Noch nie so viel Umsatz, noch nie so viel Gewinn.

Porsche und Audi sind besonders profitabel

Man sollte meinen, dass ein Gewinn von 22,6 Milliarden Euro erst einmal nicht so sehr Anlass für Sorgenfalten gibt. Doch eines ist schon länger klar bei Europas größtem Autobauer: Gut ist nicht gut genug im Hinblick auf die Zukunft. Denn wer sich das Zahlenwerk genau anschaut, der kann schnell ausrechnen, dass rund 60 Prozent der Einnahmen von den Premiummarken Audi und Porsche beigesteuert werden.

Hätten Belastungen aus Rohstoffgeschäften bei Audi nicht zu Buche geschlagen, wäre das Ergebnis des Herstellers und den anderen drei Mitgliedern der Markengruppe Progressive (Lamborghini, Bentley und Ducati) noch einmal um 1,4 Milliarden Euro höher ausgefallen. Nun bleiben aber immer noch mehr als sechs Milliarden Euro in der Kasse.

Volumenmodelle sind weiterhin renditeschwach

Renditeschwach bleiben hingegen die Volumenhersteller des Konzerns, allen voran die Kernmarke Volkswagen. Das soll sich schnellstmöglich ändern. "Mit vielen unserer bisherigen Strukturen, Prozessen und hohen Kosten sind wir als Marke VW nicht mehr wettbewerbsfähig", hatte Markenchef Thomas Schäfer Ende 2023 intern gemahnt. Bis 2026 soll die Rendite auf 6,5 Prozent gesteigert werden. Dafür muss in den nächsten Jahren ein Batzen Geld eingespart werden. Zehn Milliarden Euro.

Nach harten Verhandlungen hatten sich Vorstand und Arbeitnehmer zum Jahreswechsel auf ein entsprechendes Sparprogramm geeinigt. Bereits 2024 soll ein Potenzial von vier Milliarden Euro gehoben werden. Dafür will VW unter anderem in der Verwaltung die Kosten um 20 Prozent drücken, was mehrere tausend Stellen kosten könnte. Sozialverträglich, wie der Betriebsrat betont, da bis Ende 2029 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind.

Vorstand hat die Weichen für die Zukunft gestellt

Die wesentlichen Weichen für die von ihm eingeleitete Restrukturierung des Konzerns seien nun gestellt, sagte Konzernchef Blume in Berlin. "Darauf können wir 2024 aufbauen und haben eine solide Basis für einen beschleunigten Hochlauf ab 2025." Wegen fehlender Teile wie Chips konnte VW lange nicht so viele Autos bauen, wie bestellt wurden, es kam zu langen Lieferzeiten.

"Diesen Auftragsbestand haben wir weitgehend auf ein Normalmaß abgearbeitet", so Finanzvorstand Antlitz. Zugleich kämen nur wenige Neubestellungen herein. "Die Auftragseingänge liegen aktuell noch unter unseren Planungen für 2024." Das gelte vor allem für die Elektrofahrzeuge. "2024 wird uns einiges abverlangen." Die Zahl der ausgelieferten E-Autos im Konzern hatte 2023 deutlich zugenommen: Der Absatz stieg um 35 Prozent auf 771.100 Fahrzeuge, davon 178.000 Fahrzeuge von Audi.

Umsatzrendite genügt nicht den eigenen Ansprüchen

Nicht zufrieden zeigte sich der VW-Konzern vor allem mit der Umsatzrendite, die über alle Marken hinweg von 7,9 auf nur noch sieben Prozent schrumpfte. Von 100 Euro, die als Umsatz hereinkommen, bleiben also nur sieben Euro als operativer Gewinn in der Kasse. Damit sei man "noch um einiges entfernt von der Rendite der Wettbewerber", kritisierte Finanzchef Arno Antlitz. "Das gilt insbesondere für unsere Volumenmarken, allen voran für die Marke Volkswagen."

 

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