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„Die Hilfsbereitschaft der Feuerwehren ist überwältigend“

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Feuerwehrmann Karl-Heinz Banse (59) ist seit Anfang 2021 Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV). Er berichtet, dass viele Wehren Material spenden und Transporte in Richtung Ukraine organisieren. 

von Hans-Jürgen Deglow
Karl-Heinz Banse ist Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes.
Karl-Heinz Banse ist Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes.  Foto: Dpa

Herr Banse, für die Feuerwehren in der Ukraine ist der Krieg eine gefährliche Extrembelastung. Wie helfen deutsche Feuerwehren?

Karl-Heinz Banse: Wir unterstützen die Kollegen mit Material. Die Hilfsbereitschaft der Feuerwehrangehörigen auch in den Landesverbänden ist überwältigend. Viele Feuerwehren organisieren Transporte in Richtung Ukraine. Einige Freiwillige Feuerwehren haben ganze Lkw-Kolonnen auf den Weg gebracht. Wir als Bundesverband vermitteln Hilfsangebote und haben ein Spendenkonto eingerichtet.

 

Was wird denn in die Ukraine geliefert?

Banse: Unsere Feuerwehren geben, soweit sie es erübrigen können, Ausrüstung ab, wie Stiefel, Hosen, Schläuche, Helme. Manches Material wird auch mit Flugzeugen transportiert. Ein Beispiel: Die Feuerwehr Fellbach hatte Ausrüstung aus verschiedenen Feuerwehren gesammelt. Auch hatten sich Einheiten aus verschiedenen Bundesländern mit Spenden beteiligt. Rund 400 Paletten kamen zusammen, etwa 40 davon wurden auf dem Stuttgarter Flughafen in drei Flugzeuge des ukrainischen Zivilschutzes verladen. Wir können uns die Lage der ukrainischen Feuerwehr vorstellen, wenn sie selbst unter Beschuss steht. In großen Städten brennen Gebäude, Feuer müssen gelöscht, Menschen gerettet werden.

 

Bekommen die deutschen Freiwilligen Feuerwehren selbst Unterstützung?

Banse: Die Solidarität mit den Feuerwehren ist groß. Wir erhalten Unterstützung aus der Zivilgesellschaft, von Unternehmen. Wir geben Material ab, ohne dass unsere eigene Einsatzbereitschaft darunter leidet. Die Feuerwehren sind in der Regel so ausgestattet, wie sie es auch benötigen in ihren Gebietskörperschaften. Es gibt Wehren, die beispielsweise nach Anschaffung eines Stromgeneratoren den alten nicht gleich entsorgen und ihn zur Seite gestellt haben. Solche funktionsfähigen Altgeräte können in der Ukraine nun einen sehr guten Dienst erfüllen.

 

Und wie werden die Gelder verwendet, die auf Ihrem eigens eingerichteten Spendenkonto zur Stärkung der ukrainischen Feuerwehren eingehen?

Banse: Wenn die Ukrainer uns sagen, dass sie Schere und Spreizer, Schutzbekleidung oder Atemgeräte benötigen, wissen wir, wo man solche Spezialwerkzeuge beschaffen kann. Wir helfen also auch hier mit unserer Expertise. Es wird nachgefragtes Material gekauft, es wird kein Geld übergeben. Die Feuerwehren sind in der Ukraine anders organisiert als in Deutschland, sie unterstehen dort dem Innenministerium. Und wir möchten schon die Garantie haben, dass die Ausrüstung der Feuerwehr zugute kommt.

 

Wie erleben Ihre Kameradinnen und Kameraden diese neuerliche Herausforderung?

Banse: Für unsere Feuerwehren ist dies die dritte große Krise innerhalb von zwei Jahren. Die Pandemie ist noch nicht beendet, im Ahrtal und in NRW helfen wir weiterhin beim Aufbau nach der Flutkatastrophe – die Feuerwehren sind hier lokal verbunden und eben immer da. Eine größere Anhäufung von Herausforderungen für die Feuerwehren gab es über Jahrzehnte hinweg nicht. Aber die Bereitschaft zu helfen ist groß, die Motivation ist hoch.


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Eine besondere Aufgabe ist auch die Unterbringung Zehntausender Flüchtlinge.

Banse: Wir greifen nun auf unsere Erfahrungen der Flüchtlingswelle 2015 zurück. Das war damals eine große, plötzliche Krise. Damals haben Feuerwehren beispielsweise dabei geholfen, in einer großen Messehalle in Hannover ein Zeltlager aufzubauen. Nun steht dort wieder eine Zeltstadt, mit mehr als 1100 Schlafplätzen. Der Aufbau ging innerhalb von nur drei Tagen über die Bühne, eine starke Leistung von Berufsfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehren. Noch können wir solche Einsätze stemmen. Wenn die Zahl der Flüchtlinge exorbitant ansteigt, so wie es die UN vorhersagt, dann werden sicher noch mehr örtliche Feuerwehren, THW und ähnliche Hilfsorganisationen eingebunden. Die Feuerwehr ist ein Spiegelbild der Gesellschaft, und Sie sehen, dass die Gesellschaft insgesamt sehr hilfsbereit ist.

 

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