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Zwei Herausforderer wollen den „Sonnenkönig“ stürzen

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Amtsinhaber Jürgen Zieger sowie Rainer Rothfuss und Thomas Mitsch treten bei der Oberbürgermeister-Wahl in Esslingen an - Kritik am Führungsstil

Von Franziska Stavenhagen
Amtsinhaber Jürgen Zieger kämpft um den Wiedereinzug ins Rathaus.
Amtsinhaber Jürgen Zieger kämpft um den Wiedereinzug ins Rathaus.

Von Franziska Stavenhagen

Auf die Frage nach den Vorzügen seiner Stadt gerät der Oberbürgermeister ins Schwärmen: „Esslingen ist die schönste Stadt der Region Stuttgart, mit dem zweitbedeutendsten Wirtschafts- und dem begehrtesten Wohnstandort.“ Jürgen Zieger regiert seit acht Jahren in Esslingen und strebt bei der Wahl am 8. Oktober eine zweite Amtszeit an. Gegen den SPD-Mann treten CDU-Kandidat Rainer Rothfuss und Thomas Mitsch von der WASG an.

Im Unterland ist Jürgen Zieger kein Unbekannter. Neun Jahre war er Baubürgermeister in Neckarsulm. Die Neubebauung der Innenstadt mit Musikschule, betreuten Altenwohnungen und Hotel sowie die Entwicklung des Trendparks fallen in seine Amtszeit. „Es war eine schöne Zeit und wenn ich zu Besuch bin, erkennen mich die Menschen noch“, erzählt er und träumt gerne von der „traumhaften finanziellen Ausstattung“ und der großen Einigkeit in Neckarsulm.

In Esslingen sei vieles anders. „Die Stadt ist dreimal so groß, hat fast 90 000 Einwohner, da ist die Kommunalpolitik und die Mehrheitsbildung viel schwieriger.“ Dennoch ist Zieger mit dem Erreichten zufrieden und zählt die Rettung des ehemaligen Schelztorgymnasiums und den Neubau des Neckar-Forums auf. Die Planung für eine neue Sporthalle sei auf den Weg gebracht, ebenso die Diskussion zum demographischen Wandel und die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Mit diesen Pfunden will er bei der Wahl wuchern und den Verbleib im Rathaus im ersten Wahlgang sichern. „Ich habe Politik auf Augenhöhe mit den Bürgern gemacht und spüre eine positive Grundstimmung.“ Sein Herausforderer von der CDU sieht dies anders. „Es gibt eine große Unzufriedenheit über den Umgang des OB mit Vereinen und Personen“, sagt Rainer Rothfuss. „Ich höre immer wieder, dass er wie ein Sonnenkönig regiert.“

Auch von Seiten der CDU hagelte es Angriffe. Dem OB seien beim Bau seines Privathauses Sonderrechte gewährt worden. Der OB nennt die Kritik „in der Sache völlig unbegründet“, die CDU werfe mit Dreck. Die SPD-Gemeinderatsfraktion nimmt Zieger in Schutz. Fraktionschef Andreas Koch spricht von „miesem Wahlkampfstil“.

Rothfuss, Diplom-Geograph, verheiratet, Vater einer Tochter und vor Kurzem von Regensburg nach Esslingen gezogen, kritisiert vor allem das Schönreden des Haushalts. „Es ist nicht korrekt, wenn man nur eine kleine Schokoladenseite der Wahrheit zeigt“, schimpft der 35-Jährige. Seit sieben Jahren seien keine neuen Schulden mehr aufgenommen worden, im Kämmereihaushalt seien 30 Millionen Euro Schulden reduziert worden, aber dafür seien auch 130 Millionen Euro in die Eigenbetriebe verschoben worden. „Die Stadt hat also faktisch Ende 2006 knapp 100 Millionen Euro mehr Schulden.“

Thomas Mitsch stimmt zu. „Hier wird versucht, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, aber es wird verschwiegen, dass durch Privatisierungen und höhere Wasser- und Strompreise die Schulden auf die Bürger abgewälzt werden“, ereifert sich der 43-jährige Versicherungskaufmann aus Wernau.

Sollte einem der beiden der Einzug ins Rathaus gelingen, würde Rothfuss seinen Schwerpunkt im Bereich der Wirtschaftsförderung sehen. „Hier wurde einiges verschlafen.“ Jedes Amt brauche seinen Wirtschaftsförderer, der auf die Firmen zugehen müsse, „bevor sie abwandern“. Zudem will Rothfuss Investoren anziehen, mehr für Kinder und junge Familien tun und ein Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien schaffen. Ihm schwebt eine „freie Energie-Stadt Esslingen“ vor. Auch Thomas Mitsch, der am Landesparteiprogramm der WASG mitgearbeitet hat, will, dass die Stadt in die Energieerzeugung einsteigt. Er will zudem gebührenfreie Kindergärten und mehr Betreuungsangebote schaffen.

Doch während Mitsch sich über einen Achtungserfolg von acht Prozent der Stimmen freuen würde, rechnet sich Rothfuss ernsthafte Chancen aus. Auch wenn es lange anders schien, seit der Kehrtwende der FDP - weg von der Unterstützung des Amtsinhabers hin zu einer neutralen Position - sei der Ausgang der Wahl wieder offen.

Auch CDU-Mann Rainer Rothfuss rechnet sich gute Chancen aus.
Auch CDU-Mann Rainer Rothfuss rechnet sich gute Chancen aus.
Thomas Mitsch, WASG, hofft auf einen Achtungserfolg. (Fotos: privat)
Thomas Mitsch, WASG, hofft auf einen Achtungserfolg. (Fotos: privat)
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