Bundesstraße wird erste E-Highway-Teststrecke im Land
Das Projekt "eWayBW" stellt die vielversprechende Oberleitungstechnologie für Lkw auf einen neuen Prüfstand. Der Betrieb startet 2021 auf zwei Teilabschnitten.

Nach den beiden E-Highways auf der A 5 in Hessen und der A 1 in Schleswig-Holstein geht voraussichtlich ab 1. April 2021 die dritte Teststrecke für Hybrid-Oberleitungs-Lkw (HO-Lkw) in Betrieb - diesmal in Baden-Württemberg.
Das Projekt "eWayBW" im Murgtal im Schwarzwald stellt die Feldversuche zur Elektromobiliät im Schwerlastverkehr vor neue Herausforderungen: Erstmals werden Teilabschnitte einer steilen, ungerade verlaufenden Bundesbahn elektrifiziert; zudem werden sieben Lkw mit drei unterschiedlichen Antriebsvarianten eingesetzt, die unter realen Bedingungen bereits bestehende Logistikprozess übernehmen sollen. Das Projekt "eWayBW" stellt die Oberleitungstechnologie somit auf einen neuen Prüfstand.
Getestet wird auf der B 462 zwischen Kuppenheim und Gernsbach-Obertsrot auf insgesamt 18 Kilometern. Davon werden vier Kilometer laufende Strecke auf zwei Teilbereichen in beide Richtungen elektrifiziert, also mit der Oberleitungsinfrastruktur versehen. Im Gegensatz zu den bereits in Betrieb genommenen Pilotstrecken auf den Autobahnabschnitten geht das Projekt "eWayBW" hinsichtlich des Fahrbahnverlaufs und der Streckenbeschaffenheit einige Schritte weiter.
Fünf E-Lkw übernehmen reale Logistikprozesse
Denn die Murgtal-Strecke zeichnet sich durch enge Fahrbahnen, Brücken, Tunnel, steile Serpentinen und einen felsigen Untergrund aus. Ein dritter ursprünglich geplanter Elektrifizierungs-Abschnitt bei Ottenau konnte unter anderem wegen der engen Kurvenradien nicht realisiert werden. "Wir operieren am technischen Limit", fasst Marcel Zembrot, eWayBW-Gesamtprojektleiter und Abteilungspräsident der Landesstelle für Straßentechnik beim Regierungspräsidium Tübingen, das Projekt zusammen.
Zum Einsatz kommen fünf HO-Lkw von Scania, die mit einem Hybrid-Motor ausgestattet sind. Ihren Strom beziehen sie über zwei Stromabnehmer, die automatisch ausfahren, sobald eine Oberleitung sensorisch ausgemacht wurde. Fährt der HO-Lkw an der Oberleitung, wird seine Batterie aufgeladen. Ist er außerhalb der Stromleitung unterwegs und der Akku ist leer, springt der Dieselmotor an. Auch zwei rein elektrisch betriebene Fahrzeuge, eines mit, eines ohne Stromabnehmer, werden im Murgtal im Einsatz sein.
Die Lkw ersetzen zehn Prozent der konventionellen Lkw und fahren die Strecke 128-mal am Tag, ganzjährig und im Shuttlebetrieb. Sie übernehmen mehr als zehn Prozent der Lkw, die schon auf den Straßen durch das Murgtal unterwegs sind: Schwere Fahrzeuge, die zwischen Papierfabriken in Gernsbach und Logistizentren in Kuppenheim pendeln, Rohstoffe abholen, transportieren und liefern. Das sollen nun die elektrischen Lkw übernehmen, um valide Daten über die Antriebstechnologien zu gewinnen. Der Vergleich zum Schienengüterverkehr liegt buchstäblich nahe: Parallel zur Teststrecke verläuft die Murgtalbahn.
Infrastruktur könnte nach drei Jahren bestehen bleiben
19 Millionen Euro kostet das eWayBW-Projekt. Das Bundesumweltministerium übernimmt die Infrastrukturkosten mit 17,4 Millionen Euro im Rahmen des Förderprogramms "Erneuerbar Mobil". Parallel zu den Bauarbeiten werden auch Schutzplanken ausgetauscht, die nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Gesamte Kosten: 21 Millionen Euro.
Spätestens Ende Juni sollen die Bauarbeiten starten. Drei Jahre dauert der Feldversuch. Ursprünglich hatte das Land geplant, die Anlage zurückzubauen. Mittlerweile solle geprüft werden, ob es eine sinnvolle Anschlussnutzung gibt, sagt Marcel Zembrot. "Sofern es dazu kommt, steht das Land zu seinem Wort und führt ein reguläres Planfeststellungsverfahren durch." Denn dass für die Genehmigung ein vereinfachtes Verfahren herangezogen worden war, hatte in den Kommunen vor Ort für Kritik gesorgt. Genehmigungsrechtlich steht eWayBW aber nichts im Wege.
Laut der Studie "StratON" könnten mit einem 4300 Kilometer langen Oberleitungskernnetz langfristig zwölf Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden.

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