Warum muss man für einen Führerschein die Augen, aber nicht die Ohren überprüfen lassen? Warum hat ein Hörgerät ein eher schlechtes Image, während sich an einer Brille kaum einer stört? Andreas Beuchert von Meister Beuchert Hörsysteme kann viele Beispiele aufzählen, die jedoch alle nur eines verdeutlichen: Beim Thema Hörvorsorge ist noch reichlich Luft nach oben. Das unterstreicht eine weitere Zahl, die der Akustik-Experte nennt: Schätzungsweise 30 bis 40 Prozent aller Personen, die von einem Hörsystem profitieren würden, sind nicht mit selbigem versorgt.
„Wenn das Gehör schlechter wird, bemerkt man selbst das oft über Jahre hinweg nicht“, sagt Beuchert und verweist auf zahlreiche Synapsen im Gehirn, die in dieser Zeit abgebaut werden. „Dann ist es oft schwierig, das Rad zurück zu drehen.“ Das bringt mich ins Grübeln. Wie sieht es bei mir selbst aus? Die Nachfrage „wie bitte“ – stelle ich diese öfter als früher? Fällt es mir schwer, angesichts von Hintergrundgeräuschen wie Verkehrslärm oder Bauarbeiten Unterhaltungen zu folgen?
Ohrbefund Antworten gibt ein Hörtest – ein Service, der bei Meister Beuchert und allen Heilbronner Hörakustikern übrigens gratis angeboten wird. Ganz „old school“, sprich: ohne Computer und weitere elektronische Hilfsmittel, führt Andreas Beuchert einen Ohrtrichter in den Hörgang ein. Erst rechts, dann links. „Es sieht alles sehr gut aus. Keine Vernarbungen, das Trommelfell glänzt schön bei Lichteinfall“, stellt der Hörakustikmeister zufrieden fest.
Frequenzen Es folgt das Tonaudiogramm. Andreas Beuchert setzt mir dafür eng anliegende Kopfhörer auf. Sinus-Töne verschiedener Frequenzen werden eingespielt. Sobald ich diese höre, gebe ich mit „Ja“ ein Zeichen. Es geht los, mein Gegenüber lächelt mich erwartungsvoll an. Auf einmal bin ich angespannt. War schon etwas im rechten Kopfhörer zu hören? Ja, doch. Da piept etwas. Oder ist es ein Summen? Die nächsten Töne sind zu hören – mal hoch, mal tief. Auf einen reagiere ich erst spät, weil sich dessen Klang von den anderen so sehr unterscheidet, dass ich zunächst überlege, ob es ein Geräusch von draußen war. Dann ist das linke Ohr dran. Gleiches Spiel, gleiche Tonfrequenzen.
Einsilbige Wörter Der nächste Test, das Sprachaudiogramm, erinnert mich an den Kinderarzt-Besuch mit meinem Sohn vor ein paar Jahren. Nur: Heute bin ich diejenige, die Zahlen und Wörter laut wiedergeben muss. Hieß das gerade Neunundachtzig? Ja, ich glaube. Zweiundzwanzig – jetzt bin ich mir sicher. Es folgen einsilbige Wörter wie „Holz“ oder „Ruß“. Kein Problem für mich – für andere schon, wie Beuchert mir erklärt. „Schwerhörigkeit fängt oft in höheren Frequenzen an. Es werden deshalb Teile von Wörtern nicht mehr richtig verstanden, weil die Spektren einzelner Buchstaben in diesem Frequenzbereich liegen.“
Für den letzten Test darf ich die Kopfhörer absetzen. Bei der sogenannten Höranalyse kommen zu den Wörtern Störgeräusche im Hintergrund hinzu. Zunächst moderat, dann lauter. Den „Party-Noise-Effekt“, zu Deutsch: Partylärm, nennt Andreas Beuchert das. Nach rund 20 Minuten sind wir am Ende und blicken auf die Ergebniskurven auf dem Bildschirm. „Alle Punkte befinden sich im Normalbereich“, beruhigt mich der Experte. Ganz ehrlich: Von allem, was ich an diesem Morgen gehört habe – diesen Satz höre ich besonders gern.
Von unserer Redakteurin Andrea Eisenmann
Welttag des Hörens
Am 3. März ist der Welttag des Hörens, der gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO vom Bundesverband der Hörsysteme-Industrie veranstaltet wird. Dieses Jahr steht die Kampagne unter dem Motto "Hörvorsorge ab 50 - ICH geHÖRE daZU" Gefordert wird, gesetzlich Krankenversicherten eine regelmäßige Überprüfung ihres Gehörs durch den HNO-Facharzt als reguläre Vorsorgeleistung anzubieten, um Folgeerkrankungen zu vermeiden.
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