Der Neckarbogen ist derzeit eine, wenn nicht die architektonische Visitenkarte Heilbronns. Kaum ein anderes Stadtquartier vereint Vielfalt, Nachhaltigkeit und Innovation so sehr wie dieses. Ein besonderer Ort nicht nur zum Wohnen, sondern auch zum Arbeiten. Das können Gerd Krummlauf, Marcus Teske und Markus Happold bestätigen. Seit 2019 hat ihr Planungsbüro seinen Sitz in der Theodor-Fischer-Straße.
Raumhohe Fenster sorgen für Helligkeit, Decke, Wände und Böden sind in Weiß gehalten. Für den Austausch zwischen den Mitarbeitern befindet sich in der Mitte eines großflächigen Raumes eine Sitzgruppe mit hohen Rückenlehnen für den Sicht- und Schallschutz. Und natürlich darf zwischen Schreibtischinseln, Stellwänden und Computern auch ein Tischkicker nicht fehlen.
Mit der Bundesgartenschau ergab sich 2019 für Heilbronn die Chance, einen funktionierenden Stadtteil - zentral gelegen - neu zu erschaffen. Für dieses Vorhaben haben Sie nicht nur das Wohn- und Geschäftshaus J4“ entworfen, sondern sind in dieses später auch eingezogen...
Marcus Teske: Als wir an dem Wettbewerb teilnahmen, wussten wir noch nicht, dass wir mit unserem Planungsbüro in das Gebäude auch einziehen würden. Es herrschte zu dieser Zeit eine richtige Aufbruchstimmung. Wir durften auf der Erfolgswelle mitschwimmen und waren froh, in die engere Auswahl gekommen zu sein. Und so entstand der Gedanke: Warum sollen wir eigentlich nicht selbst mit unserem Büro hier einziehen?
Mit welchem „Blick“ gehen Sie als Fachleute durch ein Quartier, das für seine architektonischen Highlights auf bundesweites Interesse gestoßen ist? Inspiriert Sie der Ort?
Gerd Krummlauf: Es ist schon ein großer Wurf, den die Stadt hier realisiert hat. Vor allem, wenn man bedenkt, wie es vorher ausgesehen hat. Und auch, dass man es geschafft hat, diesen Anspruch hochzuhalten, ist positiv. Es gab Befürchtungen, dass nach der Buga die Qualität bei weiteren Bauabschnitten heruntergeschraubt werden könnte. Aber das ist nicht der Fall. Aktuell wird der zweite Bauabschnitt umgesetzt und auch da gibt es richtig tolle Häuser. Natürlich fällt einem beim Betrachten ab und an etwas auf, das man persönlich vielleicht anders gemacht hätte. Aber das ist typisch für einen Architekten. Was uns freut: Von Seiten der Investoren und namhaften Architekten ist das Interesse an Plätzen hier immer noch groß - und im dritten Bauabschnitt wird unser Büro mit einem weiteren Entwurf wieder zum Zuge kommen.
Bedauern Sie es, dass es in den nächsten Jahren im Zentrum Heilbronns wahrscheinlich keine vergleichbar große Fläche geben wird, um ähnliche architektonische Glanzlichter zu setzen?
Krummlauf: Die Entwicklung, dass das vermeintlich „hässliche Entlein“ Heilbronn architektonisch einiges zu bieten hat, hat schon früher begonnen. Vielleicht ist es jetzt nur sichtbarer und man steht selbstbewusster dazu.
Markus Happold: Und auch wenn es diese Dimension bei einem Projekt in naher Zukunft vielleicht nicht mehr so schnell gibt, es bleibt spannend in Heilbronn. Projekte wie der Bildungscampus oder der KI-Park sind Bausteine, die wohltuend für die Stadt sind. Ich bin mir sicher, auch für die Fußgängerzone wird es mittel- bis langfristig einen positiven Transformationsprozess geben.
Die Verantwortlichen sind andere, Name und Adresse haben sich verändert, aber Ihr Planungsbüro gibt es seit den 1970er-Jahren. Was waren in dieser Zeit im Bauwesen die größten Veränderungen?
Krummlauf: Früher gab es bei Architekturwettbewerben regional beschränkte Verfahren. Auf diese haben sich dann interessierte Büros aus Stadt und Landkreis beworben. Im Rahmen der EU hat sich das aber verändert. Selbst kleine Bauaufgaben von öffentlichen Auftraggebern müssen nun europaweit ausgeschrieben werden.
Das hat zwar nicht dazu geführt, dass sich zum Beispiel um einen Kindergartenneubau in der Region auch mehrere Planer aus ferner gelegenen Teilen der EU bewerben - und dann im Erfolgsfall auch zu beauftragen sind. Aber für junge Büros, die in der Gründung sind, stellen die geforderten Referenzen ein Problem dar. Sie scheitern an Bewerbungshürden, weil sie die notwendigen Nachweise nicht erbringen können - zum Beispiel den Bau eines Kindergartens oder einer Schule. Dadurch wird die Kreativität der Jungen nicht mehr so ausgeschöpft.
Europaweite Ausschreibungen bedeuten auch, gegen mehr Bewerber antreten zu müssen ohne Gewähr, dass sich Arbeit und Zeit auszahlen werden?
Happold: Ja. Nur rein betriebswirtschaftlich betrachtet, rechnet sich das zwar oft nicht, aber die Teilnahme reizt uns immer wieder. Schließlich belohnt uns der Erfolg.
Andere Schwerpunkte prägen heute die Art des Bauens.
Krummlauf: Ja, nachhaltiges Bauen ist gefragt. Den Bereich Bauphysik gab es zwar bereits vor 50 Jahren - aber nicht im selben Umfang wie heute. Dennoch: Es ist richtig, dass man sich über Themen wie Energiesparen Gedanken macht und über technische Details redet. Allerdings gibt es dadurch mehr Fachdisziplinen beim Planen und damit auch mehr Beteiligte, die bezahlt werden müssen. Das macht das Bauen teurer.
Happold: Was ebenfalls zu höheren Kosten beigetragen hat: Die Vorschriften sind extrem gestiegen. Dazu gehören Themen wie Brandschutz- oder die Einhaltung von DIN-Normen.
Teske: Und auch die Frage der Zertifizierungen spielt heute eine immer größere Rolle, denn diese sind oft Voraussetzung dafür, Förderungen überhaupt zu erhalten.
Eines der bekanntesten Projekte Ihres Planungsbüros war 1990 das Aquatoll in Neckarsulm...
Krummlauf: Das von Ulrich Bechler und Horst Kohlmeier konzipierte Aquatoll war ein Leuchtturmprojekt und ich durfte es als junger Architekt maßgeblich mitbegleiten. Man darf nicht vergessen: Freizeitbäder mit Rutschen waren damals für Deutschland fast ein neuartiges Genre. Deshalb schwingt bei mir auch etwas Wehmut mit, dass es nach mehr als 30 Jahren passé ist. Aber aus dem Aquatoll sind spannende Projekte entstanden: Wir haben große Freizeitbäder in Mönchengladbach, Luxemburg und Saarbrücken geplant und gebaut.
men wie Brandschutz-oder die Einhaltung von DIN-Normen. Teske: Und auch die Frage der Zertifizierungen spielt heute eine immer größere Rolle, denn diese sind oft VoraussetFörderungen zung dafür, überhaupt zu erhalten. Eines der bekanntesten Projekte Ihres Planungsbüros war 1990 das Aquatoll in Neckarsulm... Krummlauf: Das von Ulrich Bechler und Horst Kohlmeier konzipierte Aquatoll war ein Leuchtturmprojekt und ich durfte es als junger Architekt maßgeblich mitbegleiten. Man darf nicht vergessen: Freizeitbäder mit Rutschen waren damals für Deutschland fast ein neuartiges Genre. Deshalb schwingt bei mir auch etwas Wehmut mit, dass es nach mehr als 30 Jahren passé ist. Aber aus dem Aquatoll sind spannende Projekte entstanden: Wir haben große Freizeitbäder in Mönchengladbach, Luxemburg und Saarbrücken geplant und gebaut.
Von unserer Redakteurin Andrea Eisenmann
Zur Person
Gerd Krummlauf (Jahrgang 1958) studierte Architektur an den FH Frankfurt und Stuttgart. Von 1985 bis 1990 arbeitete er im Büro Kohlmeier Bechler und wurde Partner im Büro Kohlmeier Bechler Krummlauf. 1992 erfolgte die Berufung in den BDA (Bund Deutscher Architekten) und ab 1998 in den Beirat in der Architektenkammer Heilbronn.
Marcus Teske studierte Architektur an der FHT Stuttgart. Seit 1999 arbeitet der 50-Jährige als Architekt im Büro Bechler Krummlauf, Heilbronn und ist seit 2004 Partner im Büro Bechler Krummlauf Teske. Seit 2009 ist der Heilbronner Vorsitzender des BDA Heilbronn-Franken.
Markus Happold arbeitete bereits als Student für Bechler Krummlauf. 2004 erhielt er ein Stipendium an der Universität Istanbul (ITÜ), ein Jahr später setzte er seine Tätigkeit für Bechler Krummlauf Teske fort undist seit 2013 Partner bei BKT-Architekten, Heilbronn. 2015 wurde er in den BDA berufen.
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Ausgewählte Projekte von Krummlauf Teske Happold Architekten

Neubau Bootshaus
Zu den prominenten Projekten gehört das Bootshaus der Heilbronner Rudergesellschaft „Schwaben“, das im Sommer 2023 fertiggestellt wurde und dessen Architektur vor allem durch die Funktion und den Ort inspiriert wurde. Als polygonale Figur bettet es sich zwischen die Bestandsbäume in die Parklandschaft ein. Mit den Holzfassaden nimmt das Gebäude klassische Elemente eines Bootshauses auf und bildet dennoch eine eigene Identität aus.
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Reblandhalle, NWH
Den Ortseingang Neckarwestheims wertet seit Ende 2012 die Reblandhalle auf. Etwa 20 Millionen Euro investierte die Gemeinde in den Bau der Mehrzweckhalle, deren zentraler Baukörper, der Festsaal, selbstbewusst empor ragt. Ein langgestrecktes Dach bildet das Rückgrat der Anlage. Sorgfältig angeordnete Funktionsbereiche (Säle, Gastronomie und Sporträume) bilden Bezüge zur Landschaft und bieten Sichtachsen zum Schloss Liebenstein oder zum Spielfeld.
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SMB Schule und Markt
Es ist ein Projekt im „Doppelpack“: Die Grundschule Alt-Böckingen an der Ludwigsburger Straße wird um weitere Zimmer, Räume für die Ganztagsbetreuung sowie um eine Mensa erweitert. Zugleich ist auch ein neuer Lebensmittelmarkt vorgesehen. Der Entwurf überzeugte die Jury wegen der Einbettung in die topografische Hangkante, der gelungenen Wegeführung zwischen Gebäuden und Straßen sowie den funktionalen Grundrissen.
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