Kündigung vom Vermieter erhalten? Nicht in jedem Fall bedeutet das, dass Betroffene die Mietwohnung auch wirklich verlassen müssen. Sie haben nämlich das Recht, Widerspruch gegen die ordentliche Kündigung zu erheben. Dieser hat dann Aussicht auf Erfolg, wenn die vertragsgemäße Beendigung des Mietverhältnisses für diese, ihre Familie oder Angehörige ihres Haushalts eine Härte darstellt, die diesen unter Würdigung der Interessen des Vermieters nicht zuzumuten ist. Auf diese sogenannte Sozialklausel weist Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund hin. Ein Härtefall liegt zum Beispiel vor, wenn es Betroffenen nicht gelingt, einen angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu finden. Das bedeutet Hartmann zufolge nicht, dass die neue Wohnung der alten hinsichtlich des Preises, der Größe, des Zuschnitts und der Qualität vollständig entsprechen muss. Sie muss aber den Bedürfnissen des Mieters genügen und finanziell tragbar für ihn sein.

Protokoll Mit der Suche nach einer neuen Bleibe sollten betroffene Mieter direkt nach Zugang der Kündigung beginnen und ihre Bemühungen für den möglichen Streitfall sauber protokollieren - also etwa die Adressen der besichtigten Wohnungen, vergebliche Anfragen und erhaltene Absagen. Der bloße Verweis darauf, dass sich die Wohnung laut Landesverordnung in angespannter Wohnungsmarktlage befindet, reicht nicht aus. Härtegründe können außerdem bestehen, wenn der Mieter tief verwurzelt in seinem vertrauten Wohnumfeld ist - etwa weil er sehr alt ist und das Mietverhältnis schon lange besteht.
Aber auch dann, wenn durch einen Umzug eine ernsthafte Gefahr für den gesundheitlichen Zustand des Mieters oder einen seiner Wohnungsangehörigen besteht. Zudem können etwa Frauen in einer fortgeschrittenen Schwangerschaft, Studierende in der Examenszeit oder Promovierende während der Fertigstellung ihrer Promotionsarbeit unter Umständen erfolgreich um Aufschub bitten.
Gründe Den Widerspruch müssen Mieterinnen und Mieter schriftlich an ihren Vermieter richten - und zwar rechtzeitig. Bedeutet: spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungszeit. Die Gründe für den Widerspruch sind Mieter ihrem Vermieter erst auf Nachfrage schuldig. Treffen mehrere Härtegründe zu, sollten Betroffene unbedingt sämtliche Umstände angeben, rät Jutta Hartmann. Geht der Fall vor Gericht, hängt es vom Einzelfall ab, in wessen Sinne die Richter entscheiden. Eine allgemeine Ableitung gibt es nicht. „Das Gericht muss die Härtegründe des Mieters gegen das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses abwägen“, sagt Hartmann.
Motive Überwiegen bei der Interessenabwägung die Härtegründe, hat der Mieter mit dem Widerspruch Erfolg. Das ist etwa der Fall, wenn diesem durch den Verlust der Wohnung eine erhebliche Gesundheitsgefahr droht, während der Vermieter ausschließlich wirtschaftliche Interessen verfolgt. Gibt das Gericht dem Mieter recht, kann es anordnen, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. Ist absehbar, dass der Härtegrund, auf den sich der Mieter berufen hat, über kurz oder lang wegfallen wird, kann das Gericht alternativ die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit anordnen. Dem Bundesgerichtshof zufolge soll dieser Fall die Regel darstellen. Doch selbst wenn die angeordnete Verlängerung irgendwann ausläuft, muss ein Mieter nicht zwingend aus der Wohnung. Von einem Widerspruch können Mietparteien nämlich wieder und wieder Gebrauch machen - allerdings nicht mit derselben Begründung. Es muss sich bis dahin eine neue Härte ergeben haben.
Beratung Aber Achtung: Es gibt auch Fälle, in denen die Sozialklausel keine Anwendung findet. Zum Beispiel, wenn dem Vermieter ein Grund zur fristlosen Kündigung gegen den Mieter vorliegt - etwa wegen Zahlungsverzugs. Aber auch bei Zeitmietverträgen oder bei der Vermietung von möblierten Zimmern in der Wohnung des Vermieters können sich Mieterinnen und Mieter nicht auf die Sozialklausel berufen. Örtliche Mietervereine helfen, sollten sich Betroffene bei der Ausgestaltung des Widerspruchs unsicher sein oder die Kündigung grundsätzlich auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen wollen. dpa
Von Christoph Jänsch
Widerspruch: So gehen Sie richtig vor
Den Widerspruch müssen Mieterinnen und Mieter schriftlich an ihren Vermieter richten - bis spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungszeit. Bedeutet: Kündigt ein Vermieter das Mietverhältnis am 4. Januar zum 31. März, haben Mieterinnen und Mieter bis zum 31. Januar Zeit, ihrem Vermieter das Widerspruchsschreiben zukommen zu lassen.
Hat ein Vermieter nicht bis Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit hingewiesen, bleibt Mieterinnen und Mietern länger Zeit für ihren Widerspruch. Dann könnten sie diesen bis zum ersten Verhandlungstermin im Räumungsrechtsstreit erklären.
Mietparteien, die trotz eines Hinweises des Vermieters nicht fristgemäß antworten, sind mit ihrem Widerspruch verspätet. „Solange sich der Vermieter aber nicht ausdrücklich auf die Verspätung beruft, ist der Widerspruch des Mieters im Prozess zu berücksichtigen“, so Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund. dpa