Mit dem Smartphone auf der Baustelle

Eine Handwerks-Influencerin zeigt, wie attraktiv ihre Arbeit gerade auch für junge Menschen ist

Mit 174 000 Instagram-Followern ist Sandra Hunke eine der erfolgreichsten Handwerks-Influencerinnen in Deutschland. Foto: dpa

Die Arbeitsschuhe sitzen, der Gürtel hält die staubige Hose fest um die schmale Taille von Sandra Hunke. Sie ist Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heiz- und Klimatechnik. Doch zu ihren normalen Arbeitsutensilien gehören nicht nur Zange und Blechschere, sondern auch Smartphone und Kamera.

Denn die 30-Jährige ist eine der erfolgreichsten Influencerinnen fürs Handwerk in Deutschland. Fast täglich nimmt sie ihre rund 174 000 Follower auf Instagram mit in ihren Lebensalltag, der von staubigen Baustellen in Nordrhein-Westfalen bis zum Laufsteg nach Hongkong reicht.

Attraktiv machen Hunke möchte das Handwerk nach eigenen Angaben für junge Menschen attraktiv machen und es transparent zeigen. Aktuell fehlt der Branche der Nachwuchs, vor allem fehlen Frauen. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen 2022 im dritten Jahr in Folge gestiegen und erreichte mit 68900 erneut einen Höchststand.

Die Gründe liegen laut dem Institut neben der „generellen Attraktivität“ der Berufsausbildung in der demografischen Entwicklung. Verwiesen wird auf sinkende Schulabgängerzahlen. Probleme, junge Leute zu finden, hatten auch im vergangenen Jahr vor allem Unternehmen im Handwerk und im Baugewerbe, während Bewerber für kaufmännische oder Medienberufe auf der anderen Seite auch erfolglos blieben.

Sandra Hunke ist mit dem Handwerksberuf aufgewachsen. Ihr Vater arbeitet als Fliesenleger. Als Teenie habe sie oft lange Zeit im Bad verbracht, „und eines Tages, als ich mir die Haare gemacht habe, dachte ich mir: Wie geil wäre es eigentlich, wenn du so ein Bad bauen könntest.“ Mit Social Media sei es bereits während der Ausbildung vor mittlerweile elf Jahren losgegangen, ,,da ich immer belächelt worden bin, dass eine Frau gar nicht auf dem Bau arbeiten kann“. Mit den Vorurteilen möchte sie aufräumen. „Ich kann Werbung fürs Handwerk machen, ich kann mich aber auch im Bikini zeigen.“

Anpacken Heute arbeitet die 30-Jährige neben der Baustelle auch in ihrer eigenen Werkstatt direkt angrenzend an ihr Haus, das sie mit ihrem Mann bewohnt und selbst renoviert hat. Ihre Eltern winken vom Garten nebenan, ein Traktor fährt vorbei - Blitzlichtgewitter und schicke Abendgalas bleiben für die Influencerin im Alltag aus. „Ich möchte den Frauen da draußen zeigen, dass sie mit anpacken können, Handwerkerin, aber trotzdem Frau sein können. Du darfst rosa lieben, aber trotzdem darfst du auf der Baustelle ernst genommen werden.“ Auch Eltern möchte Sandra Hunke Mut machen, aus ihren Denkmustern auch einmal auszubrechen.

Frauentypisch Bis 1994 war es aufgrund des Beschäftigungsverbots für Frauen im Bauhauptgewerbe in Deutschland noch verboten, auf der Baustelle mitzuarbeiten. Deshalb sind laut Handwerk-NRW-Geschäftsführer Jörg Hennecke einige Berufe auch noch ganz deutlich von männlichen Arbeitswelten dominiert. Laut Hennecke sind Frauen eher in frauentypischen Ausbildungsberufen wie im Friseurhandwerk, in Gesundheitsberufen oder auch als Fachverkäuferinnen zu finden. Einer Erhebung des BIBB zufolge wurden 2009 noch 242000 neue Ausbildungsverträge mit Frauen abgeschlossen. 2021 waren es nur noch rund 171000. Im Handwerk lag der Anteil der mit Frauen geschlossenen Verträge laut Berufsbildungsbericht bei nur 18 Prozent. dpa

Von Ann-Marie Utz


Bezahlter Sonderurlaub für Handwerkertermine?

Professionelle Unterstützung gibt es oft nur während der eigenen Arbeitszeit

Die Toilettenspülung funktioniert nicht, der Wasserhahn tropft, die Waschmaschine muss repariert werden: Kurz gesagt, ein Handwerker ist gefragt. Doch nicht selten liegen die Termine, die man bekommen kann, in der eigenen Arbeitszeit. Dann stellt sich die Frage: Steht Beschäftigten dafür eigentlich eine bezahlte Freistellung von der Arbeit zu?

Die kurze Antwort: in der Regel nicht. Zwar sieht Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor, dass ein Arbeitnehmer den Anspruch auf Vergütung nicht verliert, wenn er „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der verhindert Dienstleistung wird.“ Damit seien aber Fälle wie ein Todesfall in der Familie oder ein Notfall gemeint, bei dem man „zu Hause helfen muss“, sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Peter Meyer. Ein Handwerkertermin ist hingegen planbar - und damit „so zu gestalten, dass man ihn außerhalb der Arbeitszeiten durchführen muss, oder dass man jemanden finden muss, der den Handwerker in die Wohnung lässt“.

Sonderfälle Allerdings gibt es eine Ausnahme: „Wenn man morgens ins Bad kommt und da ist ein Wasserrohrbruch“, sagt Meyer. „Hier sagt die herrschende Meinung, dass man dann auch für die Zeit der Havariebeseitigung seinen Gehaltsanspruch behält.“

Allen, die von solchen Notfällen im Haushalt verschont bleiben, rät der Fachanwalt für Arbeitsrecht sich bei anstehenden Handwerkerterminen mit dem Arbeitgeber zu verständigen. Womöglich könne man die Zeit, die man zu Hause bleiben muss, nacharbeiten. Bei vielen Arbeitszeitmodellen sei es ohnehin kein Problem, zwei Stunden später zu kommen - und diese einfach hinten dranzuhängen.

Ist das nicht der Fall, gibt es eine weitere Option: einen Urlaubstag nehmen. Hat man keine Urlaubstage mehr, kann man ,,natürlich unbezahlten Sonderurlaub erbeten, den man in der Regel auch bekommt“, berichtet Meyer. Einen Anspruch darauf gibt es streng genommen aber nicht.

Übrigens: Auch Mieter, die beispielsweise von ihrer Hausverwaltung einen Termin fürs Ablesen des Stromzählers oder der Heizung zugeteilt bekommen, haben dafür keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung - „gerade, weil diese Termine ziemlich lange im Vorfeld schon angekündigt werden“, sagt Rechtsexperte Peter Meyer. dpa