Handwerkskammer Heilbronn-Franken (HWK): Nachfolger dringend gesucht

Die Handwerkskammer bringt potenzielle Unternehmensgründer und Betriebsinhaber zusammen

Bäckereien gehören zu jenen Handwerksbetrieben, die oft nur schwer einen Nachfolger finden können. Foto: Peter Kneffel/dpa

Einen Nachfolger zu finden - das wird für viele Betriebe immer schwieriger. „Bäckereien, Metzgereien, Kfz-Werkstätten, selbst Bauunternehmen suchen händeringend nach Interessenten“, nennt Sascha Grimm-Neumann einige Beispiele von Anfragen, die der Abteilungsleiter Unternehmensberatung der Handwerkskammer Heilbronn-Franken (HWK) in den vergangenen Monaten auf dem Tisch hatte.

Selbstständigkeit Manchmal können er und sein Mitarbeiterstab Betriebsinhabern bei der Suche helfen - beispielsweise, weil sie von Existenzgründern wissen, die in dieser oder in einer verwandten Branche tätig werden wollen. Oder weil es in der bisherigen Firma den einen oder anderen Angestellten gibt, der sich vorstellen könnte, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, dem es allerdings (noch) am notwendigen betriebswirtschaftlichen Knowhow mangelt. Auch die bundesweite Nachfolge-Börse „nexxt-change“, sei eine gute Möglichkeit, potenzielle Existenzgründer und Unternehmer zusammenzubringen. Wichtig sei es, für beide Seiten die Verhandlungen fair zu gestalten, sagt Grimm-Neumann. „Dazu gehört die Frage, was der Betrieb mit seinen Maschinen, seiner Einrichtung, seinem Fuhrpark und der künftigen Auftragslage tatsächlich wert ist.“ Mit einem Lachen schiebt er hinterher: „Der eine sieht darin vielleicht ein Schloss, mit dessen Verkauf er für sein Alter vorsorgen will, der andere lediglich eine Hütte auf dem Berg.“ Die HWK-Berater ermitteln den Unternehmenswert nach dem sogenannten AWH-Standard. Mit Hilfe der bundesweit standardisierten Methode wird auf Basis des Ertragswertverfahrens ein realistischer Wert für den Betrieb errechnet.

Zeitpunkt Ein weiteres Problem: Auch fehlende, zu spät eingeleitete oder unzureichend geplante Nachfolgeregelungen gefährden zunehmend den Fortbestand vieler kleiner oder mittelständischer Betriebe. Denn eine Firmenübergabe berührt eine Vielzahl unterschiedlicher Themenfelder - wie zum Beispiel die Bereiche Betriebswirtschaft, Technik, Recht oder Steuer. Und auch die familiäre Situation muss berücksichtigt werden. „Mindestens vier bis fünf Jahre sollten veranschlagt werden“, sagt Grimm-Neumann die Planungszeit. Und zwar unabhängig davon, ob der Nachfolger aus der Familie, dem Mitarbeiterkreis oder von extern kommt.

Der Abteilungsleiter der HWK weiß, dass das Thema Betriebsnachfolge ihn und seine Mitarbeiter künftig weiter begleiten wird. Das zeigt der Blick auf die Zahlen: Der Großteil der Inhaber von Handwerksbetrieben in der Region ist über 55 Jahre alt.

Von unserer Redakteurin
Andrea Eisenmann


Bundesweite Situation

Im Handwerk werden nach Verbandsangaben bundesweit mindestens 125 000 Familienbetriebe in den nächsten fünf Jahren eine Unternehmensnachfolgerin oder einen -nachfolger suchen. Insgesamt gebe es rund eine Million Handwerksbetriebe.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) berichtet indes von einem geringeren Interesse an Unternehmensgründungen. „Viele junge Leute erkennen offenbar immer weniger die Chancen eines eigenen Unternehmens, sondern fühlen sich durch Hemmnisse, Gängelei und Stolpersteine regelrecht abgeschreckt“, ist DIHK-Präsident Peter Adrian überzeugt.

Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und Dachdeckermeister, kritisiert: „Als Praktiker kann ich durchaus sagen: Ein Unternehmer kann nur in dem Maße erfolgreich sein, wie ihm Freiräume zu wirtschaftlich erfolgreichem Handeln gelassen werden, er nicht mit überbordenden Vorgaben und Regelungen gegängelt wird, und ihn die Steuer- und Sozialabgabebelastungen nicht an den Rand der Leistungsfähigkeit bringen.“ Sollten Betriebe wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können, bräuchten sie daher wachstumsfördernde und auch wettbewerbsstärkende Maßnahmen. dpa