Ein Klick auf den Pfeil und die nächste Anzeige im Slider auf der Internetseite einer Hamburger Agentur erscheint. Eine Familie in der Nähe von Glasgow in Schottland sucht Unterstützung. Die zu betreuende Rasselbande setzt sich aus zwei einjährigen, einem fünf- und einem siebenjährigen Kind zusammen. Klick. Die nächste Anzeige erscheint. Wie wäre es mit einem Aufenthalt in Luxemburg? Drei Kinder (null, sieben und zehn Jahre) würden sich hier über eine Betreuungskraft freuen - und zwar nicht über irgendeine Person, sondern über eine im fortgeschrittenenen Alter.
Konzept: Waren es früher vor allem junge Menschen, die als Au-pair Erfahrungen im Ausland sammelten, richten sich mittlerweile viele Programme an die Generation 50plus. Als sogenanntes „Granny Aupair“, „Goodage-Aupair“ oder „Oma Aupair“ nutzen immer mehr ältere Menschen ihre Zeit im Ruhestand, um auf diese Weise noch einmal die Welt zu bereisen, Sprachen zu lernen und den eigenen Horizont zu erweitern. Die „Grannies“ erhalten Familienanschluss, teilen den Alltag mit ihren Gastgebern und erleben abseits von touristischen Programmen ein fremdes Land intensiver und direkter. Statt Keller und Garten räumen sie Kinderzimmer auf, statt Kaffeeklatsch ist Windelwechseln angesagt.
Kosten: Reich werden die Leih-Omas dabei nicht. Denn eine finanzielle Entlohnung in Form von einem Taschengeld ist für die mehrere Wochen beziehungsweise Monate umfassende Tätigkeit grundsätzlich nicht vorgesehen und - was oft im ersten Moment vergessen wird - in der Heimat laufen die Kosten für Miete und Versicherungen ja weiter. Stattdessen sorgen die Gastfamilien nur für Kost und Logis für ihre Leih-Omas.
Erfahrungen: Dass die etwas reiferen Mary Poppins-Versionen vielleicht nicht mehr ganz so schnell und ausdauernd auf den Beinen sind und Rumtoben können, stört die Gastgeber wenig. Für sie stehen andere Vorzüge im Fokus. „,Gerade wegen ihrer eigenen Erfahrung in der Kindererziehung werden ältere Au-pairs bei vielen Familien bevorzugt“, heißt es in einem Ratgeberbeitrag des Deutschen Seniorenportals. Während junge Menschen mit Blick auf Kochen oder Kinderbetreuung häufig Neuland betreten würden, seien die Leihomas an die alltäglichen Herausforderungen gewöhnt. „Lebenserfahrung und Verantwortungsbewusstsein sind wichtige Eigenschaften, die Gasteltern an der älteren Generation schätzen.“
Vorgehen: Die Suche läuft mit Hilfe von Agenturen, die nach Anmeldung und gegen Zahlung einer kleinen Summe oder eines monatlichen Mitgliedbeitrags die Kontaktdaten potenzieller Gastfamilien weitergeben. Die Mitarbeiter achten im besten Fall bereits vorab darauf, dass die Vorstellungen und Erwartungen beider Seiten zusammenpassen.
Vorgespräche: Wenn es jedoch um speziellere Fragen wie die Übernahme der Reisekosten, die Unterbringung, die Freizeit oder die Aufgabenverteilung im Haushalt geht, sind die Agenturen „raus“. Das müssen die Gastfamilien und Leih-Omas allein miteinander ausknobeln. Am besten so, dass es vor Ort keine Punkte mehr gibt, die zu Streitigkeiten führen könnten.
Auch wenn das Bauchgefühl sofort „Ja“ sagt, lohnt es sich deshalb bis zur finalen Zusage, möglichst viele Gespräche zu führen und E-Mails auszutauschen. Immerhin wird man mehrere Monate gemeinsam unter einem Dach leben und diese Zeit sollte für alle Beteiligten so verlaufen, dass man später mit Freude darauf zurückblicken kann.
Die Vorreiterin
Nach dem Motto„Jetzt oder nie“ gründete im Jahr 2010 die damals 48-Jährige Hamburgerin Michaela Hansen die Agentur Granny Aupair. „Unsere Philosophie ist der kulturelle Austausch. Wir bieten unternehmungslustigen, vitalen und gestandenen Frauen 50 plus die Möglichkeit, für längere Zeit ins Ausland zu gehen und dabei etwas Sinnvolles zu tun“, so die Gründerin und vierfache Großmutter.