(K)eine Frage des Alters

INTERVIEW Ines Weinhold ist seit vielen Jahren als Übungsleiterin für Karate in Heilbronn aktiv - Ihr aktuell ältester Kursteilnehmer ist 81 Jahre alt

Konzentriert führen die Teilnehmer die Übungen aus. Fotos: privat

Dass Ines Weinhold montags im Quartierszentrum in Heilbronn-Böckingen in einer kleinen Gruppe Karate unterrichtet, ist vielleicht nicht weiter erwähnenswert. Wäre da nicht das Alter ihrer Kursteilnehmer: Alle von ihnen haben 50 Jahre längst überschritten, einer sogar die 80. Warum gerade Senioren von dem Kampfsport-Training profitieren können, erklärt die 56-Jährige im Gespräch.

Bodentechniken werden im Training vermieden. Fotos: privat

Frau Weinhold, würde man nach geeigneten Sportarten für ältere Menschen fragen, wären die häufigsten Antworten sicherlich zunächst Nordic Walking, Fahrradfahren und Aqua Fitness. Sie hingegen bieten in Heilbronn seit rund zehn Jahren ein Karatetraining für Senioren an. Welche Reaktionen erleben Sie?

Ines Weinhold: Bei einigen stößt das Angebot zunächst auf Skepsis. Karate wird oft mit sehr schnellen Bewegungen verbunden und viele Ältere zweifeln, ob es aus diesem Grund für sie in Frage kommt. Aber meine Kursteilnehmer und ich bekommen auch oft anerkennende Worte zu hören - wie: „Beeindruckend, dass Du das trainierst“ oder „Du weißt, wie man sich schützt".

Welche Vorteile bietet ein solches Training speziell für ältere Menschen?
Weinhold: Das sind viele. Die Koordination, die Beweglichkeit und Motorik der Teilnehmer werden verbessert. Und natürlich spielt das Thema Sturzprävention eine wichtige Rolle. Aber dabei bleibt es nicht: Eine rund zehn Jahre alte Studie der Universität Regensburg hat nachgewiesen, dass Karate bei älteren Erwachsenen auch ein optimales Gehirnjogging ist. Die Forscher erklärten dies damit, dass während des Trainings komplizierte Bewegungsabläufe im Gedächtnis behalten werden mussten. Auch aufgrund dieser Studie haben wir damals gemeinsam mit der Diakonie den Kurs in Heilbronn ins Leben gerufen.

Mit welcher Motivation kommen die Teilnehmer zu Ihnen?
Weinhold: Das ist ganz unterschiedlich. Bei einigen spielt der Aspekt der Selbstverteidigung eine wichtige Rolle. Andere wollten einfach eine neue Sportart ausprobieren. Und in einer Gruppe gemeinsam Sport treiben. Ein Teilnehmer hatte vor vielen Jahrzehnten Karate gelernt, aufgehört und wollte daran anknüpfen. Allerdings sind Vorkenntnisse bei uns nicht erforderlich.

Was unterscheidet Karate von anderen Kampfsportarten und macht es für Senioren so geeignet?
Weinhold: Vielleicht, dass das Training sehr gut an die Bedürfnisse der Senioren angepasst werden kann. Zum Beispiel beinhaltet unser Seniorentraining keine Bodentechniken. Ich kenne mich mit den anderen Kampfsportarten nicht genug aus, um Vergleiche für das Seniorentraining ziehen zu können. Und natürlich ist auch klar, dass unser Karate-Training altersgemäß aufgebaut ist. Man muss immer auch das Leistungsvermögen in Betracht ziehen. Als ein Teilnehmer unlängst mit einem neuen künstlichen Knie ins Training kam, haben wir die Übungen entsprechend kurzfristig angepasst. Schließlich soll das Verletzungsrisiko so gering wie nur möglich gehalten werden.

Gutes Stichwort. Wie sieht es mit der Verletzungsgefahr aus?
Weinhold: Die kann man nie ganz ausschließen. Aber bisher hatten wir in all den Jahren keine schwere Verletzung.

Wie alt ist Ihr ältester Teilnehbeziehungsweise Ihre ältesmer te Teilnehmerin?
Weinhold: Unser ältester Teilnehmer ist 81.

Was bewirkt das Training bei den Teilnehmern, außer dass es die Fitness steigert?
Weinhold: Ich beobachte, dass mit der Zeit auch das Selbstbewusstsein wächst. Viele sind stolz, dass sie komplizierte Bewegungsabläufe, die sie zunächst vielleicht kurz überfordert haben, sehr wohl meistern können. Und natürlich ist der Spaß in der Gruppe groß. Aber wir würden uns noch über den einen oder anderen Teilnehmer freuen.

Von unserer Redakteurin Andrea Eisenmann

INFO Reinschnuppern

Alle interessierten Ü 50-Jährigen können montags um 19.30 Uhr in Heilbronn-Böckingen im Quartierszentrum vorbeikommen. Der Kurs wird vom Diakonischen Werk Heilbronn angeboten. Eine Anmeldung ist vorab unter Telefon 07131257714 erforderlich.