Autsch! Was tun beim Stich?

Von Rötung bis Atemnot: Richtig Handeln bei Bienen- und Wespenstich

Gerade im Sommer kommt es häufig zu Bienen- und Wespenstichen. Drei Prozent der Erwachsenen reagieren darauf allergisch.

Wenn sie zustechen, tut es meist ordentlich weh: Bienen und Wespen. Von Frühjahr bis Herbst sind die summenden Insekten bei uns aktiv, jetzt in Richtung Sommer ganz besonders. Denn sie sammeln emsig Pollen und Blütennektar, um die Königin zu versorgen. Doch warum reagieren wir auf einen Stich der Insekten überhaupt und wie behandelt man ihn am besten? 

Mediziner unterscheiden bei Betroffenen beim Bienen- beziehungsweise Wespenstich drei verschiedene Reaktionen auf das Insektengift:„Es gibt die normale, toxische und lokale Reaktion. Das kennen die meisten von uns: Nach dem Stich brennt es, die Stelle wird örtlich rot, schwillt an und es juckt“, erklärt Oberärztin Evelyn Schneider, die das Allergiezentrum der SLK-Kliniken am Gesundbrunnen in Heilbronn leitet. Nach 24 Stunden heile die Sache dann folgenlos ab. Die zweite Sparte seien Personen, die mit einer übersteigerten Lokalreaktion reagieren, einer sogenannten immunologischen Überempfindlichkeit, was allerdings noch keine Allergie darstelle. „Der Körper erkennt Bestandteile des Gifts als fremd an. Hierbei sind Rötung und Schwellung deutlich größer und halten auch mehrere Tage an.“ Die dritte Personengruppe sei die mit allergischer Reaktion, darunter fallen in Deutschland ungefähr drei Prozent der Erwachsenen und bis zu 1,5 Prozent der Kinder. „Auch hier erkennt der Körper die Eiweißmoleküle des Insektengifts als fremd an, aber das Immunsystem reagiert komplett über. Es kommt zu einem Antigen-Antikörper-Komplex, was sich an die Mastzellen bindet. Die Mastzellen nennen wir auch Allergiezellen des Körpers. Die Mastzellen granulieren und setzen in der Folge Histamin frei, um das Gift loszuwerden.“ Begleitet werde der Prozess von verschiedenen Symptomarten: „An der Haut kann es zu Quaddeln, Juckreiz am ganzen Körper oder einem Hitzegefühl im Gesicht kommen.“ Ein deutliches Zeichen einer allergischen Reaktion sei auch das Anschwellen von Gesicht, Zunge, Lippe, Händen oder Füßen, wenn der Einstich an einer ganz anderen Körperregion ist. Des Weiteren könnten allergische Personen unter Übelkeit, Schwindel, Krämpfen, einem Schwächegefühl sowie Unwohlsein leiden, aber auch mit Atembeschwerden wie Heiserkeit, Atemnot oder einer laufenden Nase reagieren. „Auch das Herz-Kreislauf-System kann außer Kontrolle geraten beispielsweise, dass der Blutdruck abfällt oder es zu Herz-Rhythmus-Störungen kommt“, so Schneider. 

„Bei einer Allergie auf Insektengift kann auch das Herz-Kreislauf-System außer Kontrolle geraten, der Blutdruck fällt ab oder es kommt zu Herz-Rhythmus-Störungen.“

Dr. Evelyn Schneider

All diese Symptome könnten schon innerhalb der ersten Minuten nach einem Insektenstich auftreten, es könne aber auch noch nach vier oder sechs Stunden zu einer sogenannten verzögerten allergischen Reaktion kommen. „Deshalb findet, wenn wir allergische Patienten aufnehmen, eine ärztliche Überwachung von 24 Stunden statt.“ Behandelt werden Betroffene in der Regel mit anti-allergischen Medikamenten, Adrenalin über Infusion oder Inhalation sowie Kortison. Da es im Alltag jederzeit zu einem Insektenstich kommen könne, empfiehlt Schneider allergischen Personen dringend, immer ein Notfallset mit unter anderem einer Adrenalin-Fertigspritze mitzuführen. 

Eine Möglichkeit einer Allergie entgegenzuwirken, sei die Hyposensibilisierung gegen Insektengift – eine Allergie-Immuntherapie. Hierbei werde der Körper behutsam an den auslösenden Giftstoff gewöhnt. Durch die Verabreichung des Allergens entwickele der Körper eine Toleranz und die allergische Reaktionen nehmen ab oder klinge im besten Fall ganz ab. 

Essig, Zwiebel und Aloe Vera

Zur Behandlung von Stichen eignen sich Essig oder der Saft einer Zwiebel. Außerdem sollte man die Stelle kühlen. Fotos: Joost, Daniel Prudek, Marina Lohrbach/stock.adobe.com
Zur Behandlung von Stichen eignen sich Essig oder der Saft einer Zwiebel. Außerdem sollte man die Stelle kühlen. Fotos: Joost, Daniel Prudek, Marina Lohrbach/stock.adobe.com

Die Öhringerin Rosemarie Bort engagiert sich seit 16 Jahren beim Imkereiverein Heilbronn. Über die Jahre hat sie sich viel Wissen rund um die gestreiften Insekten angeeignet. Wer gestochen wurde, sollte den Stachelapparat so schnell wie möglich aus der Haut entfernen, damit so wenig Gift wie möglich eindringen kann. „Den Stachel am besten mit dem Fingernagel wegkratzen. Nicht mit einer Pinzette rausziehen, denn so wird der Stachel gequetscht und es wird noch mehr Gift reingedrückt“, weiß Rosemarie Bort. Wer zu Hause einen Stich abbekommen habe, sollte die Einstichstelle sofort kühlen. „Zur Linderung des Schmerzes hilft es auch, ein mit Essig getränktes Tuch auf den Einstich zu legen“, so die 68-Jährige. Auch der Saft einer aufgeschnittenen Zwiebel, die man auf die Stelle drückt, lindere den Juckreiz. Wer eine Aloe Vera-Pflanze besitze, könne hiervon ein Blatt aufschneiden und das Pflanzengel auf den Stich streichen. Von sogenannten „Bite-away-Stiften“, die es im Handel gibt und die durch Wärme den Schmerz neutralisieren sollen, hält Bort hingegen wenig. 

„Ist man gerade im Freien unterwegs und wurde gestochen, kann man auf Spitzwegerich zurückgreifen“, weiß Bort. Die Pflanze komme auf unseren heimischen Wiesen zuhauf vor. „Die Blätter in den Händen zerreiben, sodass der Pflanzensaft austritt. Diesen auf die Stelle träufeln, das hilft sehr gut und schnell.“ Meist bilde sich kurze Zeit nach dem unangenehmen Aufeinandertreffen mit einer Biene oder Wespe eine lokale Rötung um den Einstich, der Bereich könne auch leicht anschwellen. „Das ist ganz normal. Man kann den Stich dann auch weiterbehandeln, indem man eine Antihistaminika-Creme aufträgt.“ In jedem Falle dürfe man sich nicht dazu hinreißen lassen, gegen den Juckreiz anzukratzen. „Dadurch wird es schlimmer, weil sich das Gift weiter verteilt. Also, Zähne zusammenbeißen.“ 

„Den Stachel am besten mit dem Fingernagel wegkratzen. Nicht mit einer Pinzette rausziehen, denn so wird der Stachel gequetscht und es wird noch mehr Gift reingedrückt.“

Rosemarie Bort

Durch das Engagement im Verein hat Rosemarie Bort auch den Weg in die Heilpraktik gefunden und eine eigene Praxis eröffnet. Hier behandelt sie Menschen, die beispielsweise an Rheuma erkrankt sind, mit Bienengift. „Dafür setzen wir die Biene auf das schmerzende Gelenk und lassen sie zustechen.“ Der Stich schmerze natürlich, aber viele ihrer Klienten berichten von einer Verbesserung der Beschwerden ihrer Erkrankung. In einer Sitzung führe man die Prozedur drei bis fünf Mal durch. Die Wirksamkeit des Bienengifts bei beispielsweise Rheuma sei allerdings nicht schulmedizinisch belegt, erklärt Dr. Evelyn Schneider. Sie kenne tatsächlich auch einen Fall, bei dem ein Mann sich mit Bienengift habe behandeln lassen und dadurch eine Allergie entwickelt habe. „Da muss man etwas vorsichtig sein.“ Redakteurin Kirsi-Fee Rexin

HSt-Grafik, Quelle: Initiative Insektengift, Illustration: Marina/stock.adobe.com
HSt-Grafik, Quelle: Initiative Insektengift, Illustration: Marina/stock.adobe.com

Allergie

Eine allergische Reaktion auf Bienen- oder Wespengift kann im Normalfall erst dann auftreten, wenn es zumindest einmal zuvor zu einem Kontakt mit dem Allergen kam. Der Erstkontakt führt zu einer Sensibilisierung (Allergiebereitschaft) gegen das entsprechende Insektengift, die sich durch Bestimmung von Insektengift-spezifischen Antikörpern im Blut nachweisen lässt. Bei einem erneuten Stich kann es dann zu einer Überreaktion gegen die Giftkomponenten kommen, die sich klinisch als allergische Reaktion bis hin zum anaphylaktischen Schock manifestieren kann. red