„Terrific - Faszination Sammlung Würth“: Neue Abstraktion trifft auf alte Bekannte

Eine künstlerische Collage im Museum Würth – Im Atrium erinnert eine Schau an Friedensreich Hundertwasser

Anselm-Kiefer-Raum: Riesenformate, unheilvolle Romantik, dunkle deutsche Geschichte. Foto: Ufuk Arslan

Die Collage ist nicht nur eine Technik der Bildenden Kunst, auch Musik und Literatur bedienen sich des Mischens und Samplens. Der Begriff kommt vom französischen Leimen, Aufkleben - Kurt Schwitters, der Dadaist, perfektionierte das Prinzip. Seine Collage „It's Terrific“ ist einer von zahlreichen Neuzugängen der Sammlung Würth und Namensgeber der Ausstellung im Museum Würth 2 in Künzelsau. „Terrific - Faszination Sammlung Würth“ präsentiert jüngst Erworbenes im Dialog mit angestammten Werken. Auf über 20 000 Arbeiten ist die Sammlung des Unternehmers Reinhold Würth angewachsen. Eine Kollektion, die in ihrer Vielfalt selbst einer Collage gleicht, wie die Macher dieser Schau betonen. Rund 130 Arbeiten von 60 Künstlerinnen und Künstlern aus unterschiedlichen Kontexten eröffnen charmante Bezüge: Schwitters und Jean-Michel Basquiat zum Beispiel, Leonhard Kern und Tony Cragg, Serge Poliakoff und Günter Fruhtrunk, Edvard Munch und Paula Modersohn-Becker.

Der Rundgang durch „Terrific“ (englisch = großartig) ist nicht chronologisch angelegt, vielmehr wechseln Themen und Zeiträume. Max Liebermann ist eine Koje gewidmet, ebenso Max Beckmann und Anselm Kiefer. Emil Nolde wird in Bezug gesetzt zu Preziosen aus der Würthschen Kunstkammer, zu Pokalen, Drechselarbeiten, Elfenbeinschnitzereien. Bildete 1960 Nol des Aquarell„Wolkenspiegelung in der Marsch“ den Grundstein, umfasst die Sammlung heute 500 Jahre Kunstgeschichte.

Schnipsel

Kurt Schwitters' 1944 im britischen Exil geschaffene Arbeit aus Papierschnipseln, Buchstaben und Anzeigenmotiven gibt so etwas wie die Struktur der Ausstellung vor. Schwitters, der als Werbegrafiker den Schriftzug der Füllfeder- und Tintenmarke Pelikan erfand, gilt als Wegbereiter von Pop Art und Arte Povera. Ebenfalls im Exil entstand 1943 das „Selbstbildnis gelb-rosa“ von Max Beckmann. Es zeigt den Maler ruhig, verschlossen, auf sich bezogen wie ein buddhistischer Mönch. Im Museum hängt dieser Neuerwerb neben Beckmanns Porträtbild seiner Frau, „Quappi in Blau im Boot“. Wer mag, lässt sich beim Rundgang überwältigen. Von den großformatigen, reliefartigen Collagen - oder Decollagen - des Amerikaners Frank Stella, von Max Ernsts drei Meter hoher Bronze „La génie de la Bastille“, von den Abstraktionen des Irisch-Amerikaners Sean Scully, vom Surrealismus des Chilenen Roberto Matta. Im Edvard-Munch-Kabinett überwiegen die düsteren Farben des Norwegers, kontrastiert von Paula Modersohn-Becker, als Künstlerin ein Solitär zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Anselm Kiefers Vorliebe für das Material Blei wie auch sein Umgang mit dem geschriebenen Wort und dessen Missbrauch machen die Neuerwerbungen greifbar, in denen Kiefer sich mit der Femme de Lettres Germaine de Staël auseinandersetzt. 1808 bereiste sie Deutschland und prägte den Begriff vom „Land der Dichter und Denker“. Im Untergeschoss des Museums dokumentiert eine Sonderschau zwei Studienreisen des jungen Kiefer 1963 und 1966.

Im Belvedere, das den Blick freigibt auf den Skulpturenpark, sind vier gut zwei Meter große Wächterfiguren aus Bronze von Stephan Balkenhol gruppiert. Teils scheinen sie auf ein farbiges Breitleinwandformat des Malers Franz Ackermann zu blicken, teils hinaus in die Landschaft.

Von Claudia Ihlefeld

Information

Ausstellungsdauer
Bis 23. März 2025, täglich 10 bis 18 Uhr,
Eintritt frei. Im Atrium sind zudem bis 1. September
Arbeiten von Hundertwasser zu sehen.