Diese Festspielsaison ist für Jagsthausen in zweifacher Hinsicht eine besondere: 250 Jahre nach der Uraufführung des „Götz“ und im Jahr von Goethes 275. Geburtstag am 28. August. Zwar gibt es keine Neuinszenierung des Traditionsstücks „Götz von Berlichingen“, das zu Jagsthausen gehört wie der „Jedermann“ zu Salzburg. Mit Peter Kaghanovitch aber ist der Titelheld neu besetzt. Schon lange lebt der gebürtige Schweizer in Stuttgart, hat viel Theater gemacht, Freilichtspielerfahrung, wirkte in TV- und Kinofilmen mit und in Hörspielen. Jagsthausen kannte Peter Kaghanovitch noch nicht, jetzt ist er gespannt auf die dann 73. „Götz“-Premiere für die Burgfestspiele am historischen Ort.
Um Freiheit ringen
Körpereinsatz, Emotionen und viel Action: Das waren die Merkmale der „Götz“-Fassung 2023 von Regisseur Christoph Biermeier und Georg Kistner. Ein Knallerabend, der zwischen den Erzählstilen springt, während das Ensemble lautstark um Freiheit ringt: jenen Begriff, den viele für sich reklamieren und dabei etwas anderes meinen. Womit „Götz von Berlichingen“ in der Jetztzeit angekommen ist. Von Recht und Freiheit erzählt der 25-jährige Goethe, aber auch davon, dass die aufständischen Bauern, die Berlichingen zu ihrem Führer machen, brandschatzend noch nicht reif sind. Am Ende resigniert Götz, der der mittelalterlichen Welt des Faust- und Fehderechts entstammt und dem Kaiser treu bleibt. „Es kommen die Zeiten des Betrugs“, orakelt er. „Die Welt ist ein Gefängnis“, konstatiert seine Frau Elisabeth. Biermeiers Fassung will die Aktualität des 250 Jahre alten Dramas feststellen. Das heißt, ein Deutschland zeigen, in dem die Gesellschaft implodiert.
Mit der Sprache der Klassiker umzugehen, ist Peter Kaghanovitch vertraut. Und doch ist es immer wieder aufs Neue interessant, wie man Goethes Sprache spricht, sagt der Mann, der in die Rolle des Freiheitskämpfers und unbeugsamen Ritters mit der eisernen Faust schlüpft. „Man ist ja nie am Ziel“, bringt Kaghanovitch seine Vorstellung von Schauspiel auf den Punkt. Wie man zum Götz wird am historischen Ort? Bewirbt man sich, kommt ein Anruf der Intendanz?
Weder noch. Kaghanovitch hatte „gute Gespräche mit Eva Hosemann“, der künstlerischen Leiterin. Und mit Regisseur Christoph Biermeier. Ob es mit den Neubesetzungen eine Akzentverschiebung gibt in Biermeiers robuster Mischung aus Chaos und Slapstick? Das wird die Premiere zeigen.
Von Claudia Ihlefeld
Information
„Götz von Berlichingen“
von Johann Wolfgang von Goethe,
Fassung von Georg Kistner und Christoph Biermeier
Regie: Christoph Biermeier
Ausstattung: Rüll Calame-Rosset
Mit Peter Kaghanovitch, Marianna McAven,
Stefan Maaß, Bernadette Hug, Susi Wirth, F. C. Krause,
Björn Luithardt, Folkert Dücker u.a.
Premiere: 8. Juni, 20.30 Uhr.