Wer das Salzkammergut entspannt per E-Bike entdecken will, auf den warten Bilderbuch-Österreich, königliche Geschichte und kuriose Begegnungen. Auf 313 Kilometern verknüpft der Salzkammergut-Radweg die schönsten Winkel des historischen Kulturraums miteinander. In den Radweg einsteigen kann man gut in Salzburg.
Salzburg-Mondsee
Ein Muss in der Altstadt ist Mozarts Geburtshaus. Im Innern steht man im Radler-Outfit vor einem Bild, das den siebenjährigen Wunderknaben in Gala-Kleidung zeigt. Eine seltsame Komposition. Soll man sich am Ende im Shop mit Mozartkugeln für unterwegs eindecken? Oder eher mit dem „,Mozart“-Eau de Toilette, um nach dem Radeln besser zu riechen?
Draußen übertönt die Salzach den Nachklang von Mozarts interaktiven Hörproben. Strampelnd löst man sich aus dem Strom der Besuchermassen. Flussabwärts und im Waldstück nach Anthering gewinnt die Ruhe die Oberhand. Saftig grüne Wiesen geraten ebenso zu Wegbegleitern wie Bildstöcke, Dörfer und Gehöfte. In Hamberg setzt „Bartl's Hofladen auf ehrliche Kunden das Wechselgeld liegt offen aus und den Absatz von - Käse und Joghurt.
Es folgen der Obertrumer See mit Mini-Stränden, Mattsee und Irrsee. Alle kristallklar. Kurz vor dem Etappenziel Mondsee ist das hausgemachte Holzofenbrot der Erlachmühle ein Muss. Highlight in Mondsee ist die Basilika mit ihren Hochaltären voller Engelsfiguren und den kunstvollen Schnitzmustern der Bänke. Als Fortschritte der Amtskirche darf man die Möglichkeit deuten, per Handy und QR-Code zu spenden. Mit Kalendern und Kühlschrankmagneten läuft die Vermarktung des oscargekrönten Hollywoodklassikers „Meine Lieder meine Träume“ (1965), von dem Sequenzen hier gedreht wurden.
Mondsee-Gmunden
Filmreif ist der Mondsee, in dem sich Wolken, Berge, Jachten und Schwäne spiegeln. Nach einem Durchhänger auf der Landstraße versöhnt der Attersee in Unterach mit seiner Stimmung, Badeplatz und Ruhebänken. Am Westufer in Nuẞdorf eignet sich der Pavillon beim Schiffsanleger für eine Pause. Gegenüber steht ein Friedensbaum.



Fast komplett schindelgedeckt ist die Kirche von Abtsdorf. Am Nordsaum des Attersees erinnern im Park in Kammer Infotafeln und ein Hochbeet-Garten an den Maler Gustav Klimt (1862-1918). Hier entstand der größte Teil seiner über 50 Landschaftsgemälde.
Das letzte Drittel der Etappe bis zum Traunsee ist eine unerfreuliche Durststrecke, umso angenehmer dann der Empfang in Gmunden mit dem Seeschloss Ort, der Promenade und den Bergkulissen. Unscheinbar wirkt der Eingang ins Kammerhofmuseum, wo sich Leiter Johannes Weidinger an der Sektion „Klo & so“ begeistert. „Es ist die Geschichte der Toilette in den letzten 200 Jahren“, sagt er über die originelle Sammlung. Prunkstücke sind ein Wasserklosett mit Delfin-Dekoration aus dem Besitz von Kaiserin Sisi, eine Reisetoilette ihres Gemahls Franz Joseph und eine Spezialanfertigung für den Dirigenten Herbert von Karajan, der auf dem stillen Örtchen auf den Einsatz der Hände verzichtete. Es war ein Klo „mit Wasserstrahl, Föhn und Fuẞpedal zum Spülen“, erklärt Weidinger. In einem anderen Teil des Museums steht das Salz im Fokus, das dem Salzkammergut den Namen gab und dort seit 7000 Jahren abgebaut wird.
Gmunden-Hallstatt
Stärkung gefällig? Konditor Michael Klein hat für sein Gmundener Kaffeehaus „La Sonett“ die Salzkammergut-Tarte erfunden. „Ich wollte eine Tarte kreieren, die die Region widerspiegelt“, sagt der 34-Jährige. Basis ist Mürbeteig. Darüber kommen Milchcreme, geröstetes Milchpulver, Karamell in Form des Traunsees und drei Haselnüsse als Symbole für das Ortstrio Gmunden, Traunkirchen und Ebensee. Ausgefallen ist auch Kleins Unterkunft über dem Café: das Apartment „Benedict“, eingerichtet im einstigen Safe der Volksbank. Durch die Safetür geht es ins Bad mit Original-Schließfächern doch die sind leer. Die Strecke von Traunkirchen über Bad Ischl und Bad Goisern verliert sich im Mittelmaẞ. Highlight ist der Hallstätter See. Herrlicher geht's kaum als bis Obertraun, weg vom Verkehr. Auf dem Radweg geht es nach Hallstatt.
Hallstatt-Trautenfels „Hallstatt ist kein Museum“, mahnen Tafeln auf Chinesisch und Englisch. Manchmal ertrinkt der Ort in Besucherfluten. Bei den Andenken rangiert der Tinnef obenan, sodass man die Werke von Keramikkünstler Thomas Gschwandtner fast übersieht. „Es ist alles Handarbeit“, sagt er. Am besten verkaufe sich der dreifach gebrannte Lebensbaum. Zum Rad pflegt er eine besondere Beziehung: Bei der „Salzkammergut Trophy“, einem Mountainbike-Marathon, mimt er den Teufel und feuert die Teilnehmer an.
Die heutige Etappe ist landschaftlich die attraktivste. Sie schlängelt sich malerisch durch die Steiermark nach Trautenfels. In der Trachtenhauptstadt Bad Aussee ist Christian Raich einer der letzten Lederhosenmacher. Der 54-Jährige fertigt nur nach Maß. Die Bestellung braucht Geduld. Raich hat ein Jahr Vorlaufzeit. Das günstigste Modell kostet 1700 Euro. Durch Wiesen und Wälder geht es vorbei an einer Holzkapelle mit Milchkanne und Blumendeko. Majestätisch steigt der Gebirgsstock des Grimming auf. Weitere Fotomotive sind die Steildächer der Häuser, die Skisprungschanze am Kulm und das Schloss Trautenfels. Da der Fernradweg kein komplett geschlossener Rundweg ist, nimmt man bei Trautenfels am Bahnhof Stainach-Irdning den Zug und rauscht zurück nach Bad Ischl.
Bad Ischl-Salzburg
In Ischl lernte Franz Joseph seine Sisi kennen. Das Paar residierte später in der Kaiser villa. Die österreichischen Royals bereiteten den Boden als historisches Promi-Pflaster.
Fixpunkt in der Ferienlandschaft ist St. Wolfgang am Wolfgangsee mit Gässchen, Touristenkommerz und „Weißem Rössl“, Schauplatz vieler Verfilmungen und Kulisse der gleichnamigen Operette.
Die Radlermuskeln entspannen auf dem Schiff nach St. Gilgen, Berg- und Seekulissen sind hier das große Kino. Letztes Gewässer auf der Tour ist der Fuschlsee und das Finale eine schöne Trasse durch Wald- und Wiesenland.
dpa
Von Andreas Drouve
Praktisches
Reisezeit: Radsaison ist von Mitte Mai bis Mitte Oktober; im Juli und August ist die rechtzeitige Reservierung von Unterkünften ratsam.
Anreise: Mit dem Auto fährt man etwa ab München gut zwei Stunden nach Salzburg, ab Hamburg neuneinhalb und ab Berlin siebeneinhalb Stunden. Von Deutschland aus gibt es auch zahlreiche Direktverbindungen mit der Bahn.
dpa