Schwimmen lernen, hilft zu überleben: Zwar ließ die Corona-Pandemie die Zahl der tödlichen Badeunfälle sinken. So sind 2021 in der Bundesrepublik 299 Menschen im Wasser gestorben, 79 Todesfälle weniger als im Jahr zuvor. Doch diese Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ertrinken bei Kindern bis fünf Jahren die häufigste Todesursache ist, die zweithäufigste bei Älteren.
Hohe Dunkelziffer
Kein Wunder, denn rund 20 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren können nicht schwimmen. Damit hat sich die Zahl derer, die sich nicht über Wasser halten können, in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft DLRG. Weitere 23 Prozent der Kinder im entsprechenden Alter sind nach Angaben ihrer Eltern unsichere Schwimmer. Anhand der Angaben von Eltern zu abgelegten Schwimmabzeichen am Ende der Grundschulzeit geht die DLRG noch von viel alarmierenderen Zahlen aus. Sie schätzt die Dunkelziffer der Nichtschwimmer unter den Jungs und Mädels auf 58 Prozent.
Dafür verantwortlich macht die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft ausgefallene Schwimmkurse und nicht stattfindenden Schwimmunterricht an Schulen während der Pandemie. In der Folge haben derzeit 37 Prozent der Grundschüler kein Schwimmabzeichen. Und selbst der Anteil derjenigen, die mit Seepferdchen nach Hause gehen, sank 2022 im Vergleich zu 2017 von 69 auf 54 Prozent.
Ärmere betroffen
Die meisten Nichtschwimmer gibt es der Umfrage zufolge in ärmeren Haushalten. Während 49 Prozent der Kinder aus Familien mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 2500 Euro sich nicht sicher im Wasser bewegen können, sind es in Haushalten mit einem Einkommen von über 400 Euro nur noch zwölf Prozent. Auch Menschen mit Hauptschulabschluss (14 Prozent) sind dreimal, Menschen mit Migrationshintergrund (neun Prozent) doppelt so oft Nichtschwimmer wie der Durchschnitt der Bevölkerung ab 14 Jahren.
,,So wie Jungen und Mädchen lesen, schreiben oder rechnen lernen, so müssen sie auch schwimmen lernen", mahnt deshalb DLRG-Präsidentin Ute Vogt. „Wir müssen dahin kommen, dass sich jedes Kind am Ende der Grundschule sicher im Wasser bewegen kann." Dies gelte auch in der Energiekrise, in der eine ganze Reihe an Kommunen darüber nachdächte, ihr Bad zu schließen.
Vor allem Eltern sind aufgefordert, dazu beizutragen, den Nachwuchs schon von klein auf an das nasse Element zu gewöhnen. „Das geht auch spielerisch in der Badewanne", betont die DLRG.
Eltern sind gefragt
Üben lasse sich beispielsweise, dass es nicht schlimm ist, wenn Wasser über das Gesicht oder die Augen läuft. ,,Auf Dauer lernen Kinder dadurch, Wasserspritzer in den Augen zuzulassen." Das wirke sich auf den Lidschlusseffekt aus, der mit der Zeit immer kontrollierbarer werde und später beim Tauchen hilft, die Augen offen zu lassen. Wer einmal gelernt hat, im Wasser auszuatmen, der verschluckt sich nicht so schnell. Am Ende sollten die Kleinen ihr Gesicht ins Wasser legen und dort ausatmen können. Auch erste Tauchversuche in der Badewanne können Eltern spielerisch begleiten - mit Tauchringen oder Tauchtieren, die vom Wannenboden nach oben befördert werden.
Am Ende steht das Ziel, das die Stiftung der ehemaligen Leistungsschwimmerin Franziska van Almsick ausgegeben hat: Jedes Kind muss mindestens eine Schwimmart beherrschen. „Dazu genügt es nicht, wenige Minuten irgendwie über Wasser zu bleiben. Es ist wichtig, dass alle Kinder sich im Wasser wirklich sicher fühlen und bewegen können“, sagt der ehemalige Profi.
Unterricht erhalten
Projekte der Stiftung gibt es auch in der Region - etwa in Heilbronn, Neuenstadt und Obersulm. Dort wird mit der Aktion „Schwimmkids“ dafür gesorgt, dass Dritt- und Viertklässler den Schwimmunterricht erhalten, der heute in Schulen nicht mehr selbstverständlich ist. Zudem bietet auch die DLRG in Frei- und Hallenbädern Kurse an. Einfach bei den Ortsvereinen nachfragen. Redakteurin Ulrike Kübelwirth
