Die Praxis soll für erholsamen Schlaf sorgen und schlafbezogene Atmungsstörungen vermindern. Zudem soll sie Schnarchen, Mundtrockenheit und Mundgeruch eindämmen, gegen Tagesmüdigkeit und Konzentrationsprobleme helfen und sogar gegen Falten im Gesicht: Seit Jahren empfehlen manche Influencer und auch Prominente - darunter der norwegische Fußballstürmer Erling Haaland - unter anderem in sozialen Medien das sogenannte Mouth Taping. Dabei sollen ein Pflaster, Klebeband oder spezielle Tapes den Mund verschließen und so dafür sorgen, dass Menschen bei der Nachtruhe stattdessen durch die Nase atmen.
Aber hilft das tatsächlich? Nach der Auswertung von zehn Studien mit insgesamt 213 Teilnehmern mahnt ein kanadisches Forschungsteam im Fachjournal „PLOS One“ zur Vorsicht. „Das Zukleben des Mundes ist eine aktuelle Praxis, die oft von Berühmtheiten beworben wird, aber nicht unbedingt wissenschaftlich untermauert ist“, schreibt die Gruppe um den HNO-Mediziner Brian Rotenberg vom London Health Sciences Centre in der kanadischen Stadt London (Provinz Ontario). „Viele Menschen eignen sich nicht für Mouth Taping, und in manchen Fällen kann dies zu ernsthaften Gesundheitsgefahren führen.“
Helfen soll die Praxis unter anderem gegen die weit verbreitete obstruktive Schlafapnoe: Dabei erschlafft beim Schlafen - insbesondere in Rückenlage - die Schlundmuskulatur, der Zungengrund sinkt zurück und verengt die Atemwege. Dieses Hindernis kann nicht nur Schnarchen verursachen, sondern auch nächtliche Atemaussetzer - oft Dutzende pro Stunde. Die mindern die Sauerstoffversorgung des Blutes und lösen auch Weckreaktionen aus, die den Schlaf beeinträchtigen und die Tagesschläfrigkeit steigern.
In der nun veröffentlichten Analyse deuteten zwei der zehn analysierten Studien darauf hin, dass das Zukleben des Mundes manchen Menschen mit einer leichten obstruktiven Schalfapnoe etwas helfen könne. Doch vier der Untersuchungen zeigten Risiken - insbesondere dann, wenn die Nase verstopft ist. Dies könne der Fall sein etwa bei chronischem Schnupfen, Heuschnupfen, Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Problemen der Nasenscheidewand, schreibt die Forschungsgruppe.
Ist bei einer beeinträchtigten Nasenatmung dann auch der Mundweg versperrt, drohe ernsthafter Sauerstoffmangel. Darüber hinaus nennt das Team noch eine weitere Gefahr: Im Falle von Zurückströmen könne Mageninhalt den Rachenraum nicht verlassen und die Atemwege versperren.
„Insgesamt scheint das Social-Media-Phänomen des Mund-Zuklebens als Mittel gegen Mundatmung auf schwacher Evidenz zu basieren“, folgert das Team. Nachteilige Effekte drohten vor allem jenen Menschen, bei denen die Mundatmung die Folge einer behinderten Nasenatmung sei. Das Team räumt aber ein, die wenigen ausgewerteten Studien seien sehr klein und unterschiedlich, die Daten von geringer Qualität. Bessere Studien seien erforderlich, um die Sicherheit und Effizienz des Mouth Tapings abschließend beurteilen zu können. Angesichts der aktuellen Datenlage könne man die Praxis Menschen mit schlafbezogenen Atmungsstörungen nicht empfehlen.
dpa
Text Walter Willems
Erkrankungsrisiko nicht unterschätzen
Fast jeder fünfte Erwachsene in Deutschland zwischen 35 und 69 Jahren hat ein erhöhtes bis hohes Risiko in den nächsten zehn Jahren erstmals einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen. Die Hälfte dieser potenziell betroffenen Personen schätzt das eigene Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung allerdings als nahezu nicht vorhanden oder gering ein, wie die Untersuchung „Gesundheit in Deutschland aktuell“ des Robert-KochInstituts (RKI) ergeben hat.
Von einem hohen Risiko sprechen die Experten, wenn die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Ereignisses bei mehr als zehn Prozent liegt, von einem erhöhten Risiko, wenn sie zwischen 7,5 und zehn Prozent liegt. In die Ergebnisse flossen Daten von rund 3270 Studienteilnehmern ein, die am Telefon befragt wurden. Von der Umfrage ausgeschlossen wurden Menschen, die schon mal eine Herzinfarktoder Schlaganfall-Diagnose erhalten haben. Die Interviews fanden zwischen Juni 2022 und Januar 2023 statt.
Aus den Antworten haben die Wissenschaftler mithilfe eines Punktesystems das individuelle Risiko berechnet – je höher die Punktzahl, desto höher das Risiko. Um das eigene Risiko besser einschätzen zu können, empfiehlt das RKI den Online-Selbsttest des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke. Dabei gibt es auch individuelle Tipps dazu, wie Risiken gesenkt werden können. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind laut RKI die Hauptursachen für Morbidität und Mortalität in Deutschland. Die Verringerung von Risikofaktoren gälten als wichtige Präventionsmaßnahme.
dpa
Zecken korrekt entfernen
Wer in der Natur unterwegs ist, muss damit rechnen, von einer Zecke gestochen zu werden. Dabei können die winzigen Tiere Krankheitserreger wie FSME-Viren oder Borreliose-Bakterien übertragen. Grundsätzlich gilt, dass man Zecken immer so schnell wie möglich entfernen sollte.„Je früher dies nach dem Stich geschieht, desto geringer ist das Risiko für eine Infektion“, sagt Professor Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. Und so geht's laut Erbguth richtig:
- Pinzette oder Zeckenkarte nehmen und damit die Zecke an ihrem Kopfbereich nah der Haut greifen. Dann das Tier langsam und gerade herausziehen. Die Zecke nicht zerquetschen, da dies das Risiko birgt, dass sie vermehrt Erreger freisetzt. Kein Öl und keine Cremes auf die Zecke träufeln, das setzt das Tier womöglich derart unter Stress, dass es noch mehr Erreger in den Körper abgibt.
- Nach dem Herausziehen der Zecke die Einstichstelle sorgfältig desinfizieren. Mitunter bleibt der Rüssel der Zecke zurück. Dadurch ist es möglich, dass sich die Hautstelle leicht entzündet. Immerhin: Das Risiko, an einer Borreliose zu erkranken, steigt damit aber nicht. Mit der Zeit wird der Stechapparat von der Haut abgestoßen.
dpa