Die Angst vor einem bevorstehenden Weltuntergang treibt mitunter seltsame Blüten. Das ist offenbar nicht nur heute so, sondern auch vor rund 1200 Jahren. Damals sorgte sich ein wohlhabender adliger Grundherr namens Adalbodo im Dorf Böllingen, (heute: Böllinger Höfe bei Heilbronn) angesichts einer womöglich drohenden Apokalypse um sein Seelenheil. „Hilfe und Erlösung suchte er offenbar darin, sich von seinem Besitz zu trennen“, sagt Nordheims Ortshistoriker Ulrich Berger.
Sein Eigentum überschrieb er der Kirche - genauer gesagt: dem heiligen Cyriakus in der Dionysiuskirche bei Worms, zu der das Stift Neuhausen gehörte. Und so erschien der geschriebene Name Nordheim erstmals im ersten Viertel des 9. Jahrhunderts auf einer undatierten Urkunde, mit der die Schenkung vollzogen wurde. Allerdings: In welchem Jahr genau diese vonstatten ging, lässt sich rückblickend nur grob einordnen. Aufschluss gibt lediglich die Erwähnung des Bischofs Bernharius, der dem Stift vorstand und laut Historikerangaben von 803 bis 823 im Amt war. „In diesem Zeitraum geschah die Schenkung des Franken Adalbodo“, sagt Ulrich Berger.
Mittellatein Allerdings ist die Originalurkunde nicht mehr vorhanden. Was es hingegen gibt, ist eine Abschrift davon, die sich heute in der Niedersächsischen Landesbibliothek befindet. „Die Urkunde war in einem schlecht zu lesenden Mittellatein verfasst“, berichtet Ulrich Berger, der in Heimatforscher Otfried Kies jedoch einen Unterstützer beim Bearbeiten fand. Zuerst wurde der Text in ein besseres Latein übertragen und anschließend ins Deutsche übersetzt.
Vier Zeilen, sagt Ortshistoriker Berger, umfasse jener Teil der Urkunde, der für die Gemeinde entscheidend ist und wie folgt lautet: „Im Dorf Nordheim schenke ich Gutshöfe mit Häusern, Gebäuden, Wäldern, Wiesen, Weiden, Wasser und Wasserläufen, Mühlen, bewegliche und unbewegliche Habe, bebaut und unbebaut; alles und ungeteilt zum Heil meiner Seele den Gebeinen des Heiligen Syriacus, des Kämpfers für Christi.“ Auch wenn der Ort erstmals im neunten Jahrhundert erwähnt wurde - Berger ist überzeugt, dass es Siedlungen bereits in der Jungsteinzeit gab. „Und auch danach sind weitere Kulturen und Epochen nachgewiesen worden.“ Davon zeugen unter anderem Funde aus der Bronze- und der Eisenzeit oder von der Zeit der Römer. Aber auch die Alemannen und Franken ließen sich offenbar auf der heutigen Gemarkung der Gemeinde nieder.
Sicher ist: Für Historiker wird es in Nordheim noch die eine oder andere spannende Überraschung zu entdecken geben. Und zwar auch deshalb, weil die Welt offenbar doch nicht unterging - wie einst von Adalbodo befürchtet.
Von unserer Redakteurin Andrea Eisenmann
Von verschwundenen Kirchenglocken
Kein Ort ohne Neckname. Das ist auch im Fall von Nordheim nicht anders. Hier werden die Bewohner „Glockenstupfer“ genannt. Wie es dazu kam? Nun, dazu muss man lange in der Geschichte zurückgehen, sofern die Legende stimmt. 1693 hatte eine französische Invasion das Dorf in Schutt und Asche gelegt, wertvolle Gegenstände – darunter die Kirchenglocken – wurden geklaut. Beim nächsten Angriff wollte man besser vorbereitet sein. Und tatsächlich waren die Glocken versteckt, als die Angreifer 1734 eintrafen. Allerdings nicht, so wie vermutet, im Neckar. Da half alles Stupfen mit langen Stangen nicht weiter. ae