Eine Geschichte von düsterem Treiben hinter dicken Klostermauern
Vor 160 Jahren deckte eine frühere Prinzessin aus Kupferzell in Italien einen Klosterskandal auf.

Fürstin Katharina von Hohenzollern-Sigmaringen (1817-1893) war eine geborene Prinzessin zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst und ist mit drei Geschwistern in Kupferzell und Donaueschingen aufgewachsen.
Mit 36 Jahren war sie schon zweimal Witwe geworden. Die vom Schicksal gebeutelte fromme Katholikin entschloss sich, also Nonne zu werden. Sie trat 1857 dem strengen Orden des Klosters Sant"Ambrogio della Massima in Rom bei - und glaubte, hier "die Stätte klösterlichen Friedens und heiliger Ordnung gefunden zu haben".
Freundschaftliche Beziehung zum Papst
Ihr Cousin Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst war ein hohes Tier in der katholischen Hierarchie: Titularerzbischof von Edessa, außerdem verwaltete er das Almosenfonds des Papstes Pius IX. und unterhielt zum Papst freundschaftliche Beziehungen. So kam es auch, dass Katharina den Papst persönlich kennen lernte und mehrmals gar zu einer Privataudienz eingeladen wurde.
Fasziniert von junger Nonne

Im Kloster hatte es ihr ganz besonders eine junge Nonne mit Namen Maria Luisa angetan. Sie war schön und charismatisch, Katharina war fasziniert von ihr. Bis zu dem Tag, als Katharina bemerkte, dass Schwester Maria Luisa regelmäßige sexuelle Kontakte mit ihrem Beichtvater hatte. Katharina konfrontierte Maria Luisa mit ihrem sündhaften Vergehen.
Von da an ging es Katharina gesundheitlich täglich schlechter und sie fürchtete, bald sterben zu müssen. "Rette, rette mich!" rief Fürstin Katharina ihrem Cousin Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillingsfürst am 25. Juli 1859 zu, als er sie in dem Kloster auf ihre Bitte hin aufsuchte. Sie war fest der Überzeugung, dass sie Opfer einer Verschwörung geworden war und Maria Luisa versuchte, Katharina mit Gift aus dem Weg zu schaffen.
Gerade noch rechtzeitig wurde sie von Gustav Adolf gerettet und in dessen Haus nach Tivoli gebracht. Auf Anraten ihres Beichtvaters zeigte Fürstin Katharina die fragwürdigen Sexualpraktiken im Kloster bei der Inquisition an. Es kam zu einem mehrjährigen Prozess - und Schwester Maria Luisa wurde zu 20 Jahren Isolationshaft verurteilt. Das Kloster wurde geschlossen.
Was sich wie ein frei erfundener Kloster-Thriller anhört, war in Wirklichkeit damals ein Skandal mit weitreichenden Folgen, der weit über hundert Jahre im Archiv der katholischen Kirche verdeckt wurde. Erst der Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat in seinem sorgfältig recherchierten Buch "Die Nonnen von Sant"Ambrogio", das 2013 erschienen ist und sofort zum Sachbuch-Bestseller wurde, aufgedeckt, dass sich hinter dem, was Katharina in Sant"Ambrogio erlebt hatte, ein Netzwerk aus hochrangigen Kirchenmännern verbarg. Aufgedeckt wurden bizarre sexuelle Übergriffe auf Novizinnen, Nonnen, die vermeintlich von Jesus eigenhändig verfasste Briefe erhielten und sich als Heilige verehren ließen, sexuelle Akte, die unter dem Vorwand religiöser Zeremonien verlangt wurden.
Unfassbare Geschichte
Im Mittelpunkt dieser fast unfassbaren Geschichte steht die Nonne Maria Luisa, die manipuliert wurde von ihrem Beichtvater Guiseppe Peters. In Wirklichkeit hieß er Josef Kleutgen und war Autor einschlägiger Werke zur neuscholastischen Theologie, Professor an der Päpstlichen Universität Gregoriana und Berater von Papst Pius IX. Und wie ging es mit Katharina weiter? Sie ging auf eine Wallfahrt ins Heilige Land. Nach ihrer Rückkehr kaufte sie von dem Geld, das sie von ihrem zweiten verstorbenen Mann, dem Fürsten Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, geerbt hatte, das säkularisierte Kloster Beuron und übergab es den Benediktinern. Sie ließ sich dann in Freiburg nieder.
Jugenderinnerungen
Ihre Nichte, Marie von Thurn und Taxis-Hohenlohe, besuchte sie ein Jahr vor ihrem Tod und schrieb in ihren "Jugenderinnerungen", dass Katharina zu ihr sagte: "Weißt du, mein Kind, ich bin jetzt wie ein Reisender, der im Wartesaal sitzt und wartet; wartet, bis die Glocke läutet und ruft zur großen Reise."