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„Nahverkehrspapst“ Ludwig und Fahrer nach Zugunglück freigesprochen

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Ettlingen - Mehr als fünf Jahre nach einem tödlichen Straßenbahn-Unfall in Karlsbad (Kreis Karlsruhe) sind der Fahrer des Zuges und sein damaliger Vorgesetzter freigesprochen worden. Den Ex- Geschäftsführer der Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG), Dieter Ludwig, treffe ebenso wenig eine Schuld am Tod der 54-jährigen Frau wie den Fahrer, entschied das Amtsgericht Ettlingen heute.

Der Vater der Stadtbahn: Dieter Ludwig, ehemaliger Geschäftsführer der Karlsruher Albtal-Verkehrsgesellschaft. (Foto: Archiv/Peter Boxheimer)
Der Vater der Stadtbahn: Dieter Ludwig, ehemaliger Geschäftsführer der Karlsruher Albtal-Verkehrsgesellschaft. (Foto: Archiv/Peter Boxheimer)
Ettlingen - Mehr als fünf Jahre nach einem tödlichen Straßenbahn-Unfall in Karlsbad (Kreis Karlsruhe) sind der Fahrer des Zuges und sein damaliger Vorgesetzter freigesprochen worden. Den Ex- Geschäftsführer der Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG), Dieter Ludwig, treffe ebenso wenig eine Schuld am Tod der 54-jährigen Frau wie den Fahrer, entschied das Amtsgericht Ettlingen heute. Die Frau war im Juli 2003 angefahren worden, als sie in letzter Sekunde an einer Haltestelle in die Bahn einsteigen wollte. Sie war gestürzt und auf die Gleise gefallen. Fahrer und Fahrgäste hatten den Unfall in der unübersichtlichen Wendeschleife zunächst nicht bemerkt.

Es habe nicht nachgewiesen werden können, dass Ludwig oder der Fahrer ihre Pflicht verletzt hätten, urteilte der Vorsitzende Richter. Auch die Zeugenaussagen hätten ergeben, dass weder die Fahrweise noch der Bau der Haltestelle eine Schuldzuweisung rechtfertigten.

Im Prozess hatte Ludwig bereits eine Verantwortung für das Unglück zurückgewiesen. „Wir können da kein Verschulden feststellen, die Anlage ist nach Recht und Ordnung gebaut worden“, sagte der 69- Jährige. Der angeklagte Straßenbahnfahrer gestand zwar ein, am Morgen des Unfalls leicht verspätet unterwegs gewesen und zu schnell gefahren zu sein. „Das Risiko eines Sturzes war aber nicht einzukalkulieren“, sagte der 62-Jährige.

Die Staatsanwaltschaft sah das in ihrer Anklage noch anders: Der Unfall sei „vorhersehbar und vermeidbar“ gewesen, hieß es vor Gericht. Der Fahrer habe den Zug beschleunigt, obwohl die Gleise am Unfallort stark gekrümmt sind und er weder den Bahnsteig noch alle Türen hatte einsehen können. Die Frau war von den ausschwenkenden Waggons der Bahn getroffen und in die Lücke zwischen Bahn und Gleis gestoßen worden. „Wäre er langsamer angefahren, wäre der Tod der Frau mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden“, sagte der Staatsanwalt. Ludwig warf er vor, in der Wendeschleife keine Vorkehrung getroffen zu haben, um den Unfall zu vermeiden. Der frühere AVG-Chef habe durch die Konstruktion am Ort des Unfalls eine „besonders hohe Gefahrenquelle für Reisende“ geschaffen.

Der Prozess in Ettlingen hatte bereits ein längeres Vorspiel: Das Ermittlungsverfahren war zunächst vor drei Jahren eingestellt worden, da die Justiz von einem Alleinverschulden der Frau ausgegangen war. Auf Antrag der Angehörigen der Toten hatte das Oberlandesgericht daraufhin die Anklageerhebung gegen die beiden Männer angeordnet. Derselbe Richter, der nun die Ettlinger Verhandlung führte, hatte daraufhin das Verfahren zunächst nicht eröffnet, weil er kein Verschulden hatte feststellen können. Erst nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft war der neue Prozess angesetzt worden. lsw
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