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EnBW - Fluchtpunkt gefallener Politiker

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Das überraschende Engagement von Ex-Minister Renner beim Energiekonzern ist kein Einzelfall

Von Peter Reinhardt
Andreas Renner hat vor eineinhalb Jahren den EnBW-Vorstand Utz Claassen als „Rambo unter den deutschen Managern“ bezeichnet. Nun wird der sein Chef.
Andreas Renner hat vor eineinhalb Jahren den EnBW-Vorstand Utz Claassen als „Rambo unter den deutschen Managern“ bezeichnet. Nun wird der sein Chef.

Von Peter Reinhardt

„Wir sind sehr froh, dass wir diesen profilierten Mann für diese so außerordentlich wichtige Aufgabe gewinnen konnte“, erklärte Vorstandschef Utz Claassen gestern.

Renners Engagement bei der EnBW kommt überraschend. Der streitbare CDU-Mann hatte mit dem ähnlich gestrickten Claassen Anfang 2005 eine heftige öffentliche Kontroverse ausgefochten. Als „Rambo unter den deutschen Managern“, hatte der damalige Oberbürgermeister von Singen seinen künftigen Boss gebrandmarkt. Der

Anlass zu Spekulationen

Konzern sprach von einem „feindseligen Angriff“ und drohte mit einer Schadensersatzklage wegen „Ruf- und Geschäftsschädigung“. Der Konflikt wurde zwar mit einem Gespräch zwischen Renner und Claassen-Intimus Detlef Schmidt aus der Welt geschafft. Aber eine Berufung des eigenwilligen Politikers hatte kaum jemand für möglich gehalten.

So ist die Personalie Anlass für Spekulationen. „Das hat ein Gschmäckle“, heißt es in Regierungskreisen. Oettinger, vermutet man in Stuttgart, habe sich für seinen Freund Renner eingesetzt. Der war in den letzten Monaten für alle möglichen Posten öffentlich gehandelt worden: Als Kandidat der CDU bei der Mannheimer OB-Wahl, als neuer Regierungspräsident in Südbaden und als Vorstand der Bundesbank. Tatsächlich musste Renner die Bekanntgabe seiner Entscheidung mehrmals verschieben. „Der hatte nichts“, mutmaßt ein Regierungsmann.

Das oft gehörte Vorurteil, dass Politiker immer weich fallen, trifft auf Renner nicht zu. „Der ist nach seinem Rücktritt richtig hart aufgeschlagen“, weiß ein CDU-Mann. Der zum dritten Mal verheiratete Berufspolitiker und Liebhaber schneller Autos stand Ende Januar nicht nur ohne Job da, sondern war mit 47 Jahren auch ohne jeden Anspruch auf Altersversorgung.

Gestürzt ist Renner im Januar über eine merkwürdige Kontroverse mit Bischof Gebhard Fürst. Den soll der Minister bei einem Streit im Juli vergangenen Jahres mit den Worten angeherrscht haben: „Halten Sie sich da raus, fangen Sie doch erst einmal damit an, Kinder zu zeugen.“ Weil die Affäre um die Bischofs-Beleidigung erst Monate später, kurz vor der Landtagswahl aufgekocht wurde, ließ sie sich nicht mehr entschärfen. Renner trat am 27. Januar zurück.

Die EnBW bemüht sich nach Kräften, das Engagement des Polit-Profis als normale Personalentscheidung darzustellen. „Wir wollen unsere Aktivitäten im Bereich erneuerbare Energien ausbauen“, sagte ein Sprecher. Bereits in der Vergangenheit hat der Staatskonzern immer wieder aktive oder gefallene Politiker eingestellt. Der frühere SPD-OB von Offenburg, Wolfgang Bruder, zum Beispiel ist Chef der Vertriebsgesellschaft. Zumindest ein Engagement auf Zeit hatten

Schlauch sitzt im Beirat

der heutige Staatssekretär Dietrich Birk und die Ex-Landtagsabgeordnete Ingrid Blank. Der 1998 in Baden-Baden durchgefallene CDU-OB Ulrich Wendt findet bis heute ein Auskommen bei der EnBW. Der frühere Grünen-Staatssekretär Rezzo Schlauch hat es in den Beirat des Unternehmens geschafft. Dort, so verbrämte Schlauch die Annahme des ordentlich dotierten Nebenjobs, wolle er sich für den Ausbau der regenerativen Energien einsetzen. Tun könnten Schlauch und sein alter Bekannter Renner da einiges. Der Grünen-Abgeordnete Franz Untersteller weist darauf hin, dass die EnBW nur 8,2 Prozent ihres Stroms aus erneuerbaren Quellen schöpfe, weit weniger als die 12,5 Prozent im Branchendurchschnitt.

Der Topmanager Claassen scheint die Schmähung verwunden zu haben und findet den ehemaligen Sozialminister jetzt offenbar gut. (Fotos: dpa)
Der Topmanager Claassen scheint die Schmähung verwunden zu haben und findet den ehemaligen Sozialminister jetzt offenbar gut. (Fotos: dpa)
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