Sport-Union-Trainer Thomas Zeitz: "Es ist nicht so, dass wir die weiße Fahne hissen müssen"
Neues Konzept, neuer Kader, neue Ziele: Neckarsulms Trainer Thomas Zeitz blickt positiv auf die anstehende HBF-Saison. Nicht nur sportlich will man neue Wege gehen, sondern auch die Außendarstellung von Team und Verein soll sich ändern.

Neue Saison, neues Glück. Exakt 106 Tage nach dem vielumjubelten Klassenerhalt in Halle an der Saale, empfängt Handball-Bundesligist Sport-Union Neckarsulm am Samstagabend (18 Uhr) zum ersten Spieltag der Saison 2023/2024 die TuS Metzingen in der heimischen Ballei.
Nicht nur der Neckarsulmer Kader hat mit seinen neun Neuzugängen einmal mehr ein verändertes Gesicht, auch auf der Trainerbank startet die Sport-Union mit einem neuen Verantwortlichen in die Spielzeit: Thomas Zeitz, in der Vorsaison noch bei Ligakonkurrent VfL Waiblingen unter Vertrag, möchte im Unterland etwas aufbauen. In Interview spricht er über schwierige Kaderplanungen, sportliche Ziele und Pläne sowie die Rolle der Sport-Union im Frauen-Handball.
Herr Zeitz, am Samstag beginnt - endlich werden viele sagen - die Bundesliga-Saison. Kribbelt es schon?
Thomas Zeitz: Auf jeden Fall. Und ich glaube, es kribbelt nicht nur bei mir. Klar, der Pokal war das erste Pflichtspiel und auch da hat es gekribbelt, aber jetzt mit einem Heimspiel in die Liga zu starten, da freut sich jeder noch mal anders. Wir haben alle richtig Bock.
Haben Sie sich in den ersten knapp zwei Monaten in Neckarsulm schon ein wenig eingelebt?
Zeitz: Tatsächlich habe ich dadurch, dass ich jemand bin, der sich gerne viel mit allen austauscht schon das eine oder andere Restaurant des öfteren gesehen, bin mehrmals über den Marktplatz gelaufen und am Montagvormittag haben wir auf dem Ganzhornfest Dienst gehabt. Da konnte ich auch noch einmal eine andere Ecke der Stadt kennenlernen. Ich habe mich sehr gut eingelebt. Und wenn man neunmal in der Woche in der Halle steht, geht das auch ganz schnell (lacht).
Wie sind Ihre ersten Eindrücke vom Verein? Was ist anders als bei ihrem vorherigen Engagement in Waiblingen?
Zeitz: Die größten Unterschiede liegen in der Vereinsstruktur. Der VfL Waiblingen ist ein Breitensportverein, der jetzt in der Handball-Abteilung mal einen Aufschwung erlebt - die Männer sind ja gerade in die 3. Liga aufgestiegen. In Neckarsulm gibt es viel mehr Manpower und viel mehr Knowhow, viel mehr Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten kann. Es gibt einen hauptamtlichen Geschäftsführer, Angestellte auf der Geschäftsstelle, Menschen wie Sascha (Göttler, Anm. d. Red.) und Jutta (Perger, Anm. d. Red.), die sich speziell bei den Frauen-Mannschaft noch um verschiedene Dinge kümmern. Es gibt ein Ärzte-Team, ein Physio-Team - das ist schon ein großer Unterschied.
Außerdem ist der Verein nicht nur im Handball, sondern auch in anderen Sportarten erfolgreich unterwegs und teilweise auch professionell aufgestellt. Deswegen kann man die beiden Vereine gar nicht miteinander vergleichen. Die Unterschiede sind eklatant.
Es gibt viele helfende Hände im Verein, aber bei der Kaderplanung waren Sie auf sich allein gestellt. Und damit ging es erst Mitte Februar los. Welche Probleme gab es?
Zeitz: Vor allem zwei. Das eine ist die Zeitschiene gewesen. Mitte Februar war es schon mächtig spät, da haben die meisten Vereine ihre Leistungsträger schon verpflichtet. Das hat die Sache natürlich erschwert. Und das andere war die Situation in der vergangenen Saison. Wenn du bis zum letzten Spieltag nicht weißt, ob du in der ersten oder zweiten Liga spielst, dann sagen dir 80 Prozent der Spielerinnen, mit denen du sprichst, dass sie sich eine Unterschrift lieber noch einmal überlegen.
Besteht der Kader also aus Wunschspielerinnen oder mussten Sie personell auf das zurückgreifen, was der Markt im Frühjahr noch hergegeben hat?
Zeitz: Man hat als Trainer bestimmte Vorstellungen, was für Spielerinnen man verpflichten möchte. Und natürlich geht es immer um Qualität. Aber es war bei uns in diesem Jahr nicht das primäre Ziel, immer überall die beste Spielerin zu verpflichten. Vielmehr ging es darum, mit den Neuzugängen einen Weg einzuschlagen, für den man mich - wie ich glaube - auch geholt hat.
Wie sieht dieser Weg aus?
Zeitz: Wir wollen hier in Neckarsulm wieder ein Team und eine Einheit formen, die möglichst auch mal länger als zwölf Monate zusammenbleibt; vielleicht auch mal drei Jahre. Natürlich wird es kleine Korrekturen und Veränderungen geben, aber am Ende hoffentlich auch eine Entwicklung nach vorne. Und es ging auch darum, dass sich alle mit den Zielen und dem Verein identifizieren. Ich bin mit der Kaderzusammenstellung, so wie wir sie hinbekommen haben, sehr zufrieden.
Die meisten der neuen Spielerinnen sind einmal mehr aus dem Ausland nach Neckarsulm gewechselt. Ist der Verein für etablierte Bundesliga-Spielerinnen nicht attraktiv genug?
Zeitz: Wenn man, so wie ich bis zu meinem Amtsantritt, von außen auf Neckarsulm geschaut hat, dann war immer klar: Das ist ein Verein mit Potenzial, aber ohne Konstanz. Es war jedes Jahr in der Tabelle und im Kader ein wildes Hin und Her. Und wenn du eine Spielerin ansprichst, musst du ihr auch etwas bieten. Natürlich Geld, klar, aber eben auch einen Plan und eine Perspektive. Eine Spielerin, die sich entwickeln will, fragt nicht als erstes nach dem Geld, sondern die fragt als erstes: Was ist denn der Plan, was ist das Konzept, wo soll es hingehen?
Sportliche Pläne gab es in Neckarsulm in der jüngeren Vergangenheit viele, erfolgreich umgesetzt wurden die wenigsten.
Zeitz: Entsprechend muss man in den Gesprächen mit den einzelnen Spielerinnen viel Überzeugungsarbeit leisten. Aber letztlich, und da müssen wir auch mal ganz ehrlich sein, hätten wir Spielerinnen aus dem ganz obersten Regal auch nicht bekommen. Noch nicht einmal, weil es im Februar zeitlich spät war, sondern weil die Spielerinnen gesagt hätten: "Seht erstmal zu, dass ihr euren Laden vernünftig in den Griff bekommt."
Der Neckarsulmer Ruf ist in der Branche also nicht der Beste...

Zeitz: Es war jedenfalls nicht so, dass ich irgendwo angerufen habe, und gesagt wurde, "Ah, endlich ruft mal jemand aus Neckarsulm an!" Es hieß lange Zeit, dass hier viel Geld bezahlt wird und alles andere nicht so wichtig sei. Mit dieser Saison haben wir versucht, das neu aufzustellen und es ein bisschen anders zu machen, damit Spielerinnen in zwei oder drei Jahren sagen: "Hier erkenne ich einen Plan, hier sehe ich ein interessantes Konzept und ich will ein Teil davon werden." Anders kommst du aus dieser Spirale nicht mehr heraus und verpflichtest jedes Jahr wieder zehn neue Spielerinnen. Es muss einen anderen Weg geben, und der heißt Konstanz.
Nun haben wir viel über Neuaufbau, Arbeitsweisen und Strukturen gesprochen. Doch mit welchen sportlichen Zielen gehen Sie in die Saison?
Zeitz: Für uns geht es nur darum, den Klassenerhalt zu schaffen. Alles andere wäre Quatsch.
Und spielerisch?
Zeitz: In einzelnen Spielen, wird es natürlich so sein, dass man als Trainer sagt: Es ist mir heute egal, wie wir die zwei Punkte holen - ob mit einem 15:14 oder einem 45:44 -, Hauptsache, wir holen sie. Insgesamt wäre ich aber kein guter Trainer, wenn ich nicht trotz des primären Ziels Klassenerhalt auch sagen würde, dass wir im April nicht mehr so spielen wollen, wie wir heute spielen. Dann hätte ich nämlich etwas verkehrt gemacht. Ich will natürlich eine gewisse Art von Handball spielen und ich will eine Entwicklung sehen.
Wann wird es also spielerisch schön und wann zweckmäßig?
Zeitz: Da unterscheide ich zwischen den Kategorien Spiel und Saison. Über die gesamte Saison gesehen müssen wir uns taktisch, spielerisch und generell handballerisch entwickeln. Aber wenn man sich in einzelnen Spielen befindet - sagen wir mal gegen Bad Wildungen, die wahrscheinlich ein direkter Konkurrent sein werden -, um den Klassenerhalt kämpft und unbedingt zwei Punkte braucht, dann gehe ich nicht in die Kabine und sage "Heute machen wir hier den Budenzauber des Jahrtausends", sondern ich sage, "Heute fliegen hier die Fetzen. Mir ist ganz egal, was passiert, aber am Ende haben wir die zwei Punkte!"
A propos Punkte: Wie viele benötigt man denn in diesem Jahr zum Klassenerhalt?
Zeitz: Das ist brutal kompliziert, weil drei Teams absteigen. In den letzten Jahren haben auch mal 14 Punkte gereicht, aber ich bin mir sicher, dass das diese Saison definitiv nicht reichen wird. 20 ist eine Zahl, an der man sich orientieren kann, das absolute Minimum - aber ob das reicht? Ich befürchte nicht.
Am Ende werden es sechs oder sieben Mannschaften sein, die in dieser riesen Abstiegstrommel drin sind. Und wenn die sich alle gegenseitig die Punkte abnehmen, dann bist du ganz schnell bei 20 Punkten und trotzdem abgestiegen. Du darfst dir gegen die direkten Konkurrenten nicht viele Aussetzer erlauben und musst ansonsten gucken, dass du möglichst auch mal gegen die Mannschaften von den Tabellenplätzen sechs bis drei den einen oder anderen Bonuspunkt einsammelst.
Für jemanden, der in den vergangenen sieben Jahren mit drei verschiedenen Frauen-Teams jeweils in die erste oder zweite Liga aufgestiegen ist, klingt das doch machbar. Sind Sie eigentlich ein Frauenversteher, Herr Zeitz?
Zeitz: (lacht) Ich komme ja ursprünglich aus dem Männer-Handball, habe da auch angefangen zu trainieren. Für mich sind die Unterschiede gar nicht so extrem. Aber es gibt sie natürlich - im anatomischen Bereich, also Tempo, Kraft, Geschwindigkeit, und in der Kreativität. Die Männer muss man auch schon mal bremsen, weil sie zu viel probieren wollen. Im Frauen-Handball ist es eher so, dass man den Spielerinnen 15-mal sagen muss, dass sie auf dem Feld doch vielleicht mal das ein oder andere ausprobieren sollen. Aber alles andere ist auf einem gewissen Niveau ähnlich.
Was ist dann das Erfolgsrezept?
Zeitz: Ich bin jetzt seit 21 Jahren im Handball, in dieser Zeit bei sieben Vereinen gewesen und dabei sechsmal aufgestiegen - aus der Landesliga bis in die Bundesliga. Alles hat mit Geduld und Konzeption zu tun. Es klingt ein bisschen blöd, aber die Vereine, die mich haben drei Jahre machen lassen, bei denen ist am Ende auch immer etwas rausgekommen.
Damit will ich nicht sagen wie toll ich bin, sondern, dass, wenn man etwas entwickeln will - egal ob in der Wirtschaft oder im Sport oder mit was für Mitteln man dabei arbeitet -, das nicht nachhaltig von heute auf morgen geht. Man muss eine gewisse Zeit haben, um Voraussetzungen zu schaffen. Und ich bin davon überzeugt, dass drei Jahre im Sport ein Zeitraum ist, der absolut für eine positive Entwicklung funktionieren kann.
Stichwort Zeitraum: Die Sport-Union hat rund zweieinhalb Wochen später mit der Vorbereitung begonnen als viele andere Bundesligisten. Sie wollten den Spielerinnen nach der turbulenten Vorsaison eine angemessene Pause geben. Rächt sich das jetzt, da aktuell so viele Spielerinnen verletzt fehlen und jeder zusätzliche Tag hilfreich gewesen wäre?
Zeitz: Klar, wir hätten diese zwei Wochen jetzt absolut gebrauchen können. Aber ich habe mir irgendwann mal angewöhnt, mir über die Dinge, die ich im Nachhinein nicht mehr ändern kann, nicht so viele Gedanken zu machen. Es hilft mir aber für die Zukunft darüber nachzudenken, es nächstes Jahr vielleicht ein bisschen anders zu machen.
Normalerweise mache ich gerne mitten in der Vorbereitungsphase noch einmal eine kleine Pause. Durch die Umstrukturierung des DHB-Pokals, der nun eine Woche früher losging, ging das aber in diesem Jahr nicht. Jetzt nervt es mich natürlich selber ein bisschen, weil wir aufgrund der Verletzungen und Krankheiten vorbereitungstechnisch zweieinhalb Wochen hinten dran sind.
Am Samstag wird es in der Ballei erstmals zum direkten Kontakt mit dem Neckarsulmer Publikum kommen. Haben Sie eigentlich mitbekommen, dass die Zusammensetzung der Neckarsulmer Anhängerschaft seit dem Trainerwechsel von Tanja Logvin zu Mart Aalderink, sagen wir mal vorsichtig, heterogen ist?
Zeitz: Wahrgenommen habe ich es auf jeden Fall; es war ja auch in den Sozialen Medien präsent, man konnte die Diskussionen verfolgen.
Und wie geht man als neuer Trainer damit um?
Zeitz: Wir müssen uns als Einheit präsentieren. Erst einmal die Mannschaft und das Trainerteam, dann gemeinsam mit dem Vorstand und den ganzen Menschen drumherum. Dann haben wir die größtmögliche Chance, den Verein auch nach außen hin wieder zu einen. Wichtig ist, dass wir dabei authentisch sind.
Es gibt jetzt viele neue Personen im und um den Verein. Aber ich will, dass die Leute sehen, dass wir Neckarsulm sind, dass die Sport-Union Neckarsulm ist. Und ich will, dass wir mit unseren Fans, egal ob sie zur "Blauen Wand" gehören oder ob sie woanders in der Halle sitzen, eine Einheit bilden. Weil nur dann haben wir die größtmögliche Chance, unsere Ziele zu erreichen.
Wenn ich mir vorstelle, dass die Halle mit 1000 Leuten voll ist und uneingeschränkt hinter uns steht, dann hat das eine Qualität, die es nicht in vielen Hallen der Liga gibt. Und wenn es dann laut ist, wenn es emotional ist, dann pusht das die Spielerinnen auch. Dafür sind wir aber als Mannschaft selbst verantwortlich, weil wir als erstes demonstrieren können und müssen, dass wir uns einig sind. Dass es bei uns keine Streitereien gibt und dass wir als Mannschaft und als Team funktionieren. Wir wollen, dass man sich mit uns wieder freuen kann. Man wird sich auch mal ärgern können, aber immer gemeinsam und nicht übereinander.
Nun wird es trotzdem Kritiker geben, die sagen: "Da kommt ein Trainer, der mit seinem vorherigen Verein sang- und klanglos aus der Bundesliga abgestiegen ist und in seiner 21-jährigen Karriere auf ganze drei Siege in der höchsten deutschen Spielklasse verweisen kann. Wie soll uns so einer weiterbringen?!" Was entgegnen Sie diesen Menschen?
Zeitz: Die Frage wurde in den Sozialen Medien tatsächlich schon gestellt, ich habe sie gelesen. (lacht) Ich würde diese Kritiker gerne bitten, dass sie ein bisschen Geduld haben und sich dann im Laufe der Saison selbst ein Bild machen. Ich kann die Skepsis auf der einen Seite nachvollziehen, auf der anderen Seite bin ich aber trotzdem in die Bundesliga gekommen - meist mit einer Mannschaft, die das vorher nicht geschafft hat und bei der die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen überschaubar waren.

Außerdem sind aus diesen Teams noch genügend Spielerinnen in der Bundesliga aktiv. Alles falsch gemacht habe ich also offenbar nicht. Aufsteigen können wir jetzt in Neckarsulm nicht, aber wir können uns in der Tabelle nach oben verbessern und wollen das auch. Und nach einer Zeit wird hoffentlich jede und jeder sehen, was wir hier in Neckarsulm aufbauen wollen. Und am Ende werde ich dann automatisch auch noch ein paar Bundesliga-Siege mehr auf dem Konto haben. (lacht)
Metzingen, Leverkusen, THC, Bensheim/Auerbach, Bietigheim - das Neckarsulmer Auftaktprogramm hat es in sich. Ist das für ein neu zusammengestelltes Team gut oder schlecht?
Zeitz: Natürlich ist das Programm happig. Ob das jetzt aber gut ist oder schlecht, ist egal. Wir können das nicht ändern, es ist so, wie es ist. Wir wollen unseren Job in jedem Spiel bestmöglich machen. Ich habe auch von Anfang angesagt, dass die wahre Sport-Union Neckarsulm erst nach der WM-Pause zu sehen sein wird, denn eine neue Mannschaft braucht einfach einige Monate, um gewisse Automatismen zu entwickeln.
Es kann natürlich ganz blöd laufen und wir unterhalten uns Mitte November darüber, dass wir keinen Punkt auf dem Konto und stattdessen dauernd aufs Maul bekommen haben. Dass es nicht einfach wird, ist klar. Aber es ist auch nicht so - ich klammere mal Bietigheim und den THC bewusst aus -, dass wir gegen alle anderen die weiße Fahne hissen müssen. Ja, es geht am Wochenende los und sicherlich ist Metzingen favorisiert. Aber ihre Vorbereitung war auch nicht so, dass sie in Metzingen jetzt durch die Gegend fahren und sagen: "Wir sind der Welt Allergrößten!" Das heißt, wir haben eine Chance, wenn wir unser Ding maximal gut durchziehen.
Herr Zeitz, zum Abschluss: Sie haben ein kleines Laster und greifen gerne mal zum nikotinhaltigen Glimmstängel. Ihr Trainerkollege Carlo Ancelotti, der bei Real Madrid die Verantwortung trägt, ist ebenfalls passionierter Raucher. Weil das Rauchen an der Seitenlinie in Europas Fußballstadien aber inzwischen verboten ist, malträtiert er nun während der Spiele mehrere Nikotinkaugummis, um der Nervosität Herr zu werden. Wie handhaben Sie das eigentlich an der Seitenlinie?
Zeitz: Wenn das Rauchen das einzige Laster wäre… (lacht) Ich finde aber den Vergleich mit Ancelotti schön und habe auch sein Buch gelesen. Ein super Typ! Aber bei mir ist das ganz witzig: Ich bin während der Spiele meistens gar nicht so aufgeregt. Auf der Autofahrt zum Treffpunkt oder zur Halle, da ist das noch anders. Dann höre ich viel Musik, kaue tatsächlich Kaugummi und wenn ich in meinem eigenen Auto sitze, rauche ich auch mal zwei oder drei.
Wenn ich dann aber an der Halle angekommen bin, ist das anders. Dann bin ich meistens ruhiger, weil ich schon einen genauen Plan habe, was ich wie machen will oder gerade drüber nachdenke, wie ich vielleicht meine Kabinenansprache anfange. Und an der Seitenlinie bin ich ja auch dafür da, um dort mit Überzeugung zu stehen und eben nicht wie ein aufgescheuchtes Huhn hin und her zu laufen. Das hilft den Mädels nämlich gar nicht; es hilft ihnen viel mehr, wenn sie rausgucken und sehen, da steht einer mit Überzeugung, der klare Anweisungen gibt.
Zur Person
Thomas Zeitz (49) wechselte vor der Saison vom VfL Waiblingen nach Neckarsulm. Mit dem VfL war er 2022 zum zweiten Mal in die Bundesliga aufgestiegen, nachdem ihm dies bereits 2019 mit dem FSV Mainz 05 gelungen war. Als Trainer der SG Mainz-Bretzenheim war der im südhessischen Ober-Eschbach aufgewachsene Zeitz 2015 auch in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Der gelernte Bankkaufmann hat eine Tochter im Teenager-Alter und lebt gemeinsam mit seiner Verlobten in Bensheim.