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Nicht immer strotzt der Kopf vor Kraft: Die Rolle der Psychologie im Sport
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Die Psychologie ist zumindest im Fußball die Optimierungswissenschaft. Patrick Berger, Torhüter der Heilbronner Falken, arbeitet mit einem Sportpsychologen.
Alexander Zverev hat in Wimbledon mentale Probleme und Gedanken über eine Therapie offenbart.
Foto: Frank Molter
Das kennt jeder: Der Kopf ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Natürlich gibt es auch den umgekehrten Fall – über den kaum gesprochen wird. Dass Deutschlands bester Tennisprofi Alexander Zverev am Montag mentale Probleme und Gedanken über eine Therapie offenbart hat, ist eine spektakuläre Ausnahme. „Ich habe mich noch nie so leer gefühlt. Mir fehlt der Spaß an allem, was ich tue“, sagte der 28-Jährige nach seiner Erstrundenniederlage in Wimbledon.
Alexander Zverev hätte mit großem Interesse drei Tage zuvor bei der Gesprächsrunde an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn zugehört, als es vor 200 Sportmanagement-Studierenden um das Thema „Performance under Pressure – Mentale Gesundheit in der Sportbranche“ ging. Leistung unter Druck – was ist mentale Stärke? „Wenn es darauf ankommt, besonders gut abzuliefern“, beantwortete Jan Mayer, Sportwissenschaftler und Diplompsychologe in Diensten des Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim, die Eröffnungsfrage.
Wie bekommt man den Kopf geregelt, dass er unterstützt und nicht querschießt?
Das sei die Kunst: Wie bekommt man den Kopf geregelt, dass er unterstützt und nicht querschießt? Jan Mayer erklärte: „Das hat etwas mit Persönlichkeit zu tun, aber auch mit Lernen.“ Nicht alle könnten das. Sebastian Deisler ging mit 15 Jahren zu Borussia Mönchengladbach, wurde bei Hertha BSC „Basti Fantasti“ und wechselte zum FC Bayern München – wo er früh wegen Depressionen seine Karriere beendete. Nationaltorwart Robert Enke wurde von einer psychischen Erkrankung am 10. November 2009 in den Suizid getrieben.
„Vor 25 Jahren war es völlig uncool, mit einem Psychologen zu arbeiten.“
Jan Mayer
„Vor 25 Jahren war es völlig uncool, mit einem Psychologen zu arbeiten“, erzählte Jan Mayer, der bei der TSG Hoffenheim zur Geschäftsführung gehört. „Und wenn das Angebot genutzt wurde, wurde es sogar vom Trainer umgekehrt, als Schwäche des Spielers ausgelegt.“ Was sehr geholfen habe: 2006 schrieb die Deutsche Fußball Liga eine feste Sportpsychologen-Stelle für Vereine mit Leistungszentrum vor.
In Hoffenheim ist jeden Tag ein Arzt bei der Mannschaft, auch ein Psychologe
Die Psychologie sei seither als Optimierungswissenschaft anerkannt, so Mayer. Jeden Tag sei ein Arzt bei der Mannschaft, auch ein Psychologe. Für Spieler, Mitarbeiter und deren Angehörige gebe es bei Bedarf Unterstützung: psychologisch, psychotherapeutisch, psychiatrisch.
Tauscht sich alle zwei Monate mit seinem Sportpsychologen: Falken-Torhüter Patrick Berger.
Foto: Philipp Foell
Patrick Berger war von der rund 90-minütigen Veranstaltung wie elektrisiert. Der Eishockeyprofi der Heilbronner Falken war in der Sommerpause des Oberligisten von Landshut nach Heilbronn gefahren; vier Falken-Spieler waren der Einladung nachgekommen. Auf Eigeninitiative arbeitet er „seit vier Jahren mit einem Sportpsychologen“ in Selb, sagte der 27-jährige Landshuter. „Irgendwann sind alle sportlich auf dem gleichen Niveau. Unter Druck macht der Kopf den Unterschied.“
Falken-Torhüter ist seit vier Jahren im Austausch mit einem Sportpsychologen
Vor allem als Torhüter: „In einem Spiel bist du der Hero, im nächsten wirst du ausgepfiffen. Damit musst du dich beschäftigen.“ Er habe alle zwei Monate Austausch mit dem Sportpsychologen, sagte Patrick Berger. Es gehe dabei auch darum, wie man mit Erfolg, mit einem Hoch umgeht. Sein Credo im ewigen Hoch und Runter des Sports: „Never to high, never to low.“
„In einem Spiel bist du der Hero, im nächsten wirst du ausgepfiffen. Damit musst du dich beschäftigen.“
Patrick Berger
Weiche Gedanken Patrick Berger tauschte sich nach der Veranstaltung lange mit Falken-Kapitän Frederik Cabana aus. Nein, in seinem Sport sei man noch nicht so weit wie im Fußball, sagte der 39-jährige Familienvater. Aber auch harte Eishockeyspieler haben mitunter weiche Gedanken. „Vielleicht hast du zu Hause ein krankes Kind oder eine kranke Frau: Es ist Stärke, darüber zu reden, nicht Schwäche. Nur wer zu 100 Prozent im Kopf bei der Sache ist, kann 100 Prozent Leistung bringen.“ Deshalb, so Cabana, sei es seine Aufgabe als Kapitän zu sagen: „Wenn was ist, komm zu mir – nicht zum Trainer und auch nicht zum Sportdirektor.“
Ex-Profi Engelbrecht regt umfassendere Untersuchung an
Der ehemalige Fußballprofi Daniel Engelbrecht hatte niemand von seiner Erkältung erzählt, ging trotzdem ins Training. „Ich wollte meinen Platz keinem anderen überlassen“, hatte der 34-jährige Kölner zuvor auf dem Podium erzählt. Er brach während eines Spiels des Drittligisten Stuttgarter Kickers 2013 auf dem Feld zusammen – Herzmuskelentzündung, chronische Herzrhythmusstörung, sechs Herz-Operationen, ein eingepflanzter Defibrillator und ein Wunsch: „In den Untersuchungen vor einem Vereinswechsel im Profibereich müssen auch Herzgeschichten und die mentale Gesundheit abgeklopft werden.“ Was nicht der Fall sei, wie er aus eigener Erfahrung wisse.
„In den Untersuchungen vor einem Vereinswechsel im Profibereich müssen auch Herzgeschichten und die mentale Gesundheit abgeklopft werden.“
Daniel Engelbrecht
Jan Mayer erzählte darauf hin von der präventiven Diagnostik für mentale Gesundheit, die es in Hoffenheim gebe und wofür man den Robert-Enke-Preis bekommen habe. Aber solche Untersuchungen mit angehenden Profis „verhindern die Spielerberater, weil man vielleicht was finden könnte“. Und was ein Geschäft vermasseln könnte.
Heilbronn sperrt 20. Sportmanagement Deutschland-Cup aus
Der Sportbusinesstalk zum Thema „Performance under Pressure – Mentale Gesundheit in der Sportbranche“ war Auftaktveranstaltung des 20. Sportmanagement Deutschland-Cup am vergangenen Samstag. Die Idee zum Fußball-Turnier für Sportmanagement-Studenten hatte Thomas Bezold von der Hochschule Heilbronn, Campus Künzelsau. Dort fand das Turnier fünf Mal statt, zuletzt 2022.
Zum zweiten Mal war nun Heilbronn Gastgeber. Während 2019 im Frankenstadion gespielt wurde, musste diesmal auf den Nebenplatz/Kunstrasen ausgewichen werden. Man sei ausgesperrt worden, hieß es von den Organisatoren verständnislos. Den Pokal holte RheinAhr Campus Remagen – mit einem 3:1 gegen die Sporthochschule Köln.
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