Willkommen im Wohnzimmer der Leichtathleten
Im Heilbronner Frankenstadion werden am Wochenende die deutschen Meisterschaften U23 ausgetragen

Die junge Frau mit der Flechtfrisur läuft am Straßenrand durch ganz Heilbronn. Jürgen Scholz weiß ihren Namen nicht, dabei kennt der Präsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes (WLV) qua seines Amtes die Schar der talentierten Läufer, Springer und Werfer, die an diesem Wochenende bei den deutschen Junioren-Meisterschaften der U 23 im Heilbronner Frankenstadion ihre Titelträger ermitteln. Jürgen Scholz weiß jedoch, "dass Heilbronn das Wohnzimmer der Leichtathletik ist" - jedenfalls in Württemberg, "und eines der schönsten Stadien im Land hat", wie Leistungssportdirektor Sven Rees anfügt.
Blaue Laufbahn im Frankenstadion
Hätte es noch eine Gegentribüne, wäre es gar geeignet, um die nationalen Meisterschaften der Aktiven auszutragen. So aber freut sich Karin Schüttler, Leiterin des Schul-, Kultur- und Sportamtes der Stadt Heilbronn, den Freunden der Leichtathletik nach 2004 wieder die besten Junioren in der Region zu präsentieren. Einen Unterschied zu damals gibt es: die Laufbahn. Einst rot, inzwischen blau.
Geblieben ist die Fachkompetenz des Ausrichters. Die TSG Heilbronn steht mit Leichtathletik-Abteilungsleiterin Rosemarie Just-Espert an der Spitze für Qualität. "Wir fühlen uns hier wohl - und da musch net viel schwätze", sagt Jürgen Scholz über die reibungslose Kommunikation zwischen Verein und Verband. Die rührige Just-Espert investiert unzählige Stunden in die Organisation, trägt die Hauptlast und hält das Team zusammen. Beim Addieren ihrer Zeit untertreibt sie eher, da nicht wenige Aufgaben längst einem Automatismus gleichkommen. Die Mutter einer Tochter trägt bereits das Helfer-Shirt - entworfen von der Grafikdesignerin Nicole Seethaler, einst selbst aktive Leichtathletin. Weiß auf schwarz steht auf der Brust: läuft. Ein Slogan, der im doppelten Sinne passt.
Fußball ist auf einem anderen Planeten
Die Fußball-WM als Konkurrenz zu den deutschen Meisterschaften? Nicht für Jürgen Scholz. "Leichtathletik ist eine ganz andere Sportart, und der Fußball ist eh auf einem anderen Planeten." Soll heißen, sie leben in friedlicher Koexistenz. Und da der Deutschen allerliebster Sport in Heilbronn "keine so bedeutsame Rolle spielt", wie Karin Schüttler es ausdrückt, "haben andere Sportarten eine bessere Chance mehr wahrgenommen zu werden." Das Positive für die Leichtathleten in der Region: Es ist nie eine Frage gewesen, die Laufbahn - wie beispielsweise in Stuttgart - herauszureißen, stattdessen ist sie mit einem schnelleren Belag modernisiert worden.
Quartett aus der Region ist dabei
Davon profitieren möchte zu gerne das regionale Quartett plus die TSG-Staffel, die sich für die Meisterschaften qualifiziert haben. Die besten Aussichten hat der Künzelsauer Jacob Heink von der TSG Heilbronn, der über 5000 Meter an den Start geht. Der 21-Jährige liebäugelt bei seinem Heimspiel gar mit einem Podestplatz. "In meinem Traum werde ich Dritter, Ziel aber ist es, ein gutes Rennen zu laufen", sagt das Langstreckentalent - wissend, dass es angesichts der zahlreichen starken Konkurrenten auch ein guter sechster Platz werden könnte.
WLV-Präsident Jürgen Scholz freuen solche Statements. Und inzwischen weiß er auch, warum er die er die junge Frau mit der Flechtfrisur vom Plakat läuft am Straßenrand nicht kennt. Sie ist ein Model, keine Leichtathletin.
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