Rudolf Molleker kehrt an den Ort seines größten Erfolgs zurück
Gute Zeiten, schlechte Zeiten: Rudolf Molleker, Neckar-Cup-Sieger 2018, hat eine Auszeit genommen und startet am vermeintlichen Tiefpunkt mit einer Wildcard in Heilbronn.

Was Michael Kohlmann sagt, hat Hand und Fuß, schließlich ist der 48-Jährige Bundestrainer und vergangene Woche in München vom Deutschen Tennis Bund als "Trainer des Jahres 2021" ausgezeichnet worden. Im Herbst 2016 sagte der Kapitän des deutschen Davis-Cup-Teams über den damals gerade 16 Jahr alt gewordenen Rudolf Molleker: "Rudi ist ein Riesentalent, er hat unglaubliche Qualitäten. Aber es ist noch ein langer Weg bis ganz nach oben, und er muss hart an sich arbeiten."
Hat er gemacht: Mit 17 Jahren gewann der Blondschopf 2018 den Heilbronner Neckar-Cup, stand einen Sommer später auf Platz 146 der Weltrangliste - und rutschte bis auf aktuell Platz 504 ab. Ein Tiefpunkt. Nach Verletzungen. Einer blöden Panne. Motivationsproblemen. Einer Auszeit. Am Ort seines bisher größten Erfolges soll es in jeglicher Hinsicht wieder aufwärts gehen.
"Raketen-Rudi" hat sogar das Verlieren vermisst
"Ich hatte den Schläger an den Nagel gehängt, musste mir klarwerden, was ich möchte", sagt Molleker mit seiner tiefen, so reifen Stimme am Telefon. Dabei ist er erst 21 Jahre alt. Und hat doch schon schwere Zeiten durchgemacht, die Freude am Tennis verloren. "Ich wusste nicht, ob es zwei Wochen werden oder ein Jahr", sagt er über seine Pause. Doch relativ schnell ist ihm klar geworden: Ohne Tennis geht es nicht. "Der Lifestyle, der Trubel, das Drumherum, die Leute, die Bekannten beziehungsweise Freunde haben mir gefehlt. Ich habe den Wettkampf vermisst, ja, auch wenn es blöd klingt, das Verlieren. Das brauchte ich wieder. Denn daraus lernt man."
Was "Raketen-Rudi" auch wieder braucht: Zuschauer. Er wisse noch genau, wie er vor einem Jahr beim Neckar-Cup in seinem Erstrundenmatch auf dem Platz gestanden habe und "zwei Leute zugeschaut haben" - Zuschauer waren wegen der Pandemie nicht erlaubt. Molleker verlor in drei Sätzen. "Hätte er vor Zuschauern das enge Match gewonnen?", fragte die Stimme. Klar ist, dass er Zuschauer braucht, "weil ich sehr über meine Emotionen und die Reaktionen der Zuschauer komme", wie er im Dezember der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" gesagt hat. Corona tat Molleker nicht gut. "Das hat mich mental total runtergezogen. Von Bubble zu Bubble zu springen, um dann vor leeren Rängen zu stehen." Es lief nicht, egal mit welchem Trainer: Michael Kohlmann, Jan de Witt, wer auch immer. Dazu kamen die Verletzungen.
Shitstorm nach verpasster Meldung für Wimbledon
Kurz vor dem Abflug zu den Australian Open 2020 war "das Wunderkind" Schachmatt im Rücken, im vergangenen November brach er sich den fünften Mittelhandknochen der Schlaghand, wurde zweimal operiert. Und da ist auch noch die unvergessene Geschichte mit Wimbledon 2019. Vor drei Jahren war Molleker bei den Australian Open dabei und nach dem Neckar-Cup, wo er als Titelverteidiger im Viertelfinale im Tiebreak unterlag, auch bei den French Open - die ersten beiden Grand-Slam-Starts! Den dritten in Wimbledon verpasste er: Weil er vergaß zu melden. Über den 19-Jährigen brach ein Shitstorm herein. "Das war ein Fauxpas und sehr blöd", sagte er kürzlich "tennisnet" im Interview. "Das war eine schwierige Baustelle in meinem Leben."
Mittlerweile sieht das Leben von Rudolf Molleker, der beim am Sonntag beginnenden Neckar-Cup mit einer Wildcard in der Qualifikation startet, wieder rosiger aus: Mittlerweile kümmert sich wie früher sein Vater Roman ums Training, Benjamin Thiele ums Management. Der Hand gehe es wieder gut, nur die Narbe schmerze noch. Und beim ITF-Turnier vergangene Woche in Split kam er bis ins Finale. Das große Ziel: "Viel spielen, Schritt für Schritt wieder in die richtige Richtung gehen." Die Rückkehr an den Wohlfühlort Heilbronn kann dabei viel bewirken, weiß Rudolf Molleker: "Der Sieg 2018 war für mich und meine Karriere ein Riesenschritt."
Die 23-malige Grand-Slam-Siegerin Serena Williams hat einmal gesagt: "Ein Champion zeichnet sich nicht durch seine Siege aus, sondern wie er sich von Rückschlägen erholt." Ja, der Weg bis nach ganz oben ist lang. Auch für Rudolf Molleker gibt es keine Abkürzung.
Auftaktwochenende
Jetzt geht's los, am Auftaktwochenende des Neckar-Cups sieht das Programm so aus: Am Samstag ist Tag der offenen Tür, hat das Village mit seinen gastronomischen Ständen ab 14 Uhr geöffnet - der Eintritt ist frei. Man kann den Spielern beim Training zuschauen, Autogramme und Selfies holen. Um 18 Uhr findet die Auslosung statt, ab 20 Uhr gibt es Livemusik mit der Band Perfect Heat. Am Sonntag beginnt um 11.30 Uhr die 1. Runde der Qualifikation. lm