War es richtig von den Falken, sich von Tim Miller zu trennen?
Eishockey Die einvernehmliche Vertragsauflösung mit dem Stürmer der Heilbronner Falken, der zuletzt durch Undiszipliniertheiten auffiel, bewegt die Gemüter und wird heiß diskutiert.
Von Martin Peter und Stephan Sonntag
Die Nachricht war kurz, viele Worte wollten die Heilbronner Falken nicht mehr verlieren. Eine Pressemitteilung über sieben mickrige Zeilen verkündete das sofortige Aus von Stürmer Tim Miller in Heilbronn. Die Unterländer einigten sich mit dem 33-jährigen Angreifer einvernehmlich auf die vorzeitige Auflösung des Vertrages, wünschten Miller noch – wie man das in solchen Fällen eben macht – „alles Gute für seinen privaten und beruflichen Lebensweg“. Ende. Aus. Mitten in der Eishockeysaison, mitten in einer schwierigen Phase, in der die Falken eigentlich jeden Mann brauchen, um aus dem Tabellenkeller der DEL 2 zu kommen. Die Personalie wird heißt diskutiert, selten dürfte es mehr Kommentare auf einen Facebook-Eintrag der Falken gegeben haben. War es richtig?
PRO
Von Martin Peter
Tim Miller ist ein Kämpfer auf dem Eis. Einer, der vorangeht, der sich mit Einsatz und Leidenschaft in die Herzen der Fans spielt. Einen wie Tim Miller hat man lieber im eigenen Team als gegen ihn zu spielen. Aber nur, solange er nicht über die Stränge schlägt. Das ist zuletzt einmal zu viel passiert. Tim Miller hat schon auf Bewährung gespielt, er war vorgewarnt, nachdem er Ende Dezember von Trainer Zeiter für ein Spiel zum Zuschauen verdonnert wurde. Es gab ein Krisengespräch, Miller zeigte Einsicht und wurde begnadigt - um acht Spiele später wieder aus der Reihe zu tanzen. Damit hat er seine letzte Chance verwirkt.
Er wusste, was ihm blüht. Hätten die Verantwortlichen sein erneutes Vergehen durchgehen lassen, wäre das einem Freibrief für alle und alles gleichgekommen. Klar wussten die Falken, wen sie da holen. Aber Miller ist lange genug Profi, um zu wissen, was geht und was nicht. Neben Einsatz und Leidenschaft gehören zum Werteverständnis eines Profis Disziplin, Respekt und Loyalität. In diesen Punkten hat Miller Defizite und ist für ein Team nicht tragbar.
Contra
Von Stephan Sonntag
Es ist gut ein Jahr her, als fast 2000 Zuschauer im Heilbronner Eisstadion Tim Miller feierten. Kaum noch in der Lage aufrecht zu stehen, war der Stürmer einer der Garanten für einen 5:3-Sieg gegen Bayreuth. "Der Tim ist ein Kämpfer. Solange dem kein Bein fehlt, wird er spielen", lobte der damalige Coach Alexander Mellitzer seinen Routinier.
Aufopferungsvoller Einsatz für das Team, Siegeswille, aber eben auch ein aufbrausendes Temperament und einen vielleicht übertriebenen Gerechtigkeitssinn - das sind die charakterlichen Facetten des Tim Miller. Die hat der Deutsch-Amerikaner nicht erst in Heilbronn entwickelt, sondern sie kennzeichnen seine gesamte Profikarriere. Die Heilbronner Falken wussten also, wen sie da verpflichtet hatten.
Am Ende ist es ein Abwägen: Führungsfigur und Fan-Liebling auf der einen Seite, unbeherrschter, notorischer Strafensammler auf der anderen. Für die Verantwortlichen überwog die negative Seite. Eine allerletzte Chance hätte Tim Miller nicht nur aufgrund der ohnehin dünnen Personaldecke verdient gehabt.

Martin Peter
Autor
Über Umwege ist Martin Peter im August 2017 bei der Heilbronner Stimme gelandet. Der gebürtige Norddeutsche lebte davor lange Zeit am Alpenrand und berichtet nun über Eishockey und das sportliche Geschehen im Kraichgau.

Stephan Sonntag
Autor
Stephan Sonntag arbeitet seit Oktober 2008 für die Heilbronner Stimme. Nach seinem Volontariat wurde der gebürtige Westerwälder in die Sportredaktion übernommen. Dort ist er für Handball, Eishockey, Boxen und Rugby zuständig.