Handballer aus dem Unterland, die es ins Nationalteam geschafft haben
Kürzlich feierte der Horkheimer Sebastian Heymann sein Debüt in der Nationalmannschaft, demnächst folgt die für Neckarsulm spielende Nele Reimer. Aus der Region haben fünf Vorgänger diesen Sprung ebenfalls geschafft.
Nach dem Länderspieldebüt von Sebastian Heymann Anfang Märzwird am Freitag und Samstag die Neckarsulmerin Nele Reimer ihre ersten Auftritte für die A-Nationalmannschaft feiern. Vor der gebürtigen Rostockerin haben drei Frauen aus der Region den Adler auf der Brust getragen. Die Vorgänger von Heymann heißen beide Hönnige. Ein Überblick:

Herbert Hönnige (46 Länderspiele): Ins Notizbuch des Bundestrainers warf sich der Horkheimer laut Vereinschronik am 12. Januar 1961 in der "hoffnungslos überfüllten Mönchseehalle". Eine Kreisauswahl maß sich mit der deutschen Nationalmannschaft, "Hebbe" erzielte dabei acht Tore. Ein Jahr später feierte Hönnige sein Debüt in der B-Nationalmannschaft, die es damals noch gab. Um den Sprung ins A-Team zu schaffen, wechselte er im Alter von 20 Jahren zur SG Leutershausen. "Hiobsbotschaft für Horkheim", schrieb die Heilbronner Stimme am 17. September 1963.
Mit den Nordbadenern feierte Hönnige 1968 die deutsche Meisterschaft und nahm mit dem Nationalteam an den Weltmeisterschaften 1964 (Platz vier) und 1967 (Platz sechs) teil. 1978 kam Hönnige noch einmal als Trainer des TSB zurück, ein Jahr später war aber schon wieder Schluss: "Ich fand es unmöglich, dass hinter meinem Rücken Verhandlungen mit anderen Trainern geführt wurden", ärgerte sich der Studienrat am 25. Mai 1979 in der HSt.
Heute lebt Hönnige, der immer noch als das größte Talent der TSB-Handballschmiede gilt, in der Nähe von Hamburg.

Markus Hönnige (ca. 50 Länderspiele): Der Sohn trat in die großen Fußstapfen des Vaters. "Ich habe aber erst mit 14 Jahren beim TSB angefangen", sagt der heute 55-Jährige, der damals bei den Großeltern wohnte, um eine weiterführende Schule zu besuchen. Vater Herbert leitete zu jener Zeit eine deutsche Schule in Libyen. Mit der Rückkehr der Eltern zog die Familie wieder nach Leutershausen. Schnell schaffte der Rechtshänder den Sprung ins Zweitligateam und wechselte 1986 zum Bundesligisten TV Großwallstadt. Mit den Unterfranken wurde er 1990 deutscher Meister und zwei Mal DHB-Pokalsieger.
Unter dem neuen Bundestrainer Petre Ivanescu debütierte Hönnige am 20. Mai 1987 beim 19:19 gegen Ungarn im Nationalteam. Sein größter Erfolg in der DHB-Auswahl war der Gewinn des Supercups, einer Art Mini-WM, im selben Jahr. Der selbständige Vermögensberater beendete seine aktive Laufbahn nach weiteren Stationen in Niederwürzbach und Hameln schließlich beim TSB. "Ich will mit dieser jungen Mannschaft etwas bewegen", sagte der 34-Jährige im November 1997. Aus beruflichen Gründen hörte er ein Jahr später endgültig auf.
Hönnige führt heute eine Unternehmensberatung in Hirschberg an der Bergstraße.

Marion Kieber-Gotzig (62 Länderspiele): Die Bad Friedrichshallerin wurde in eine Handballfamilie hineingeboren. "Ich war schon als Baby mit in der Halle", sagt die 55-Jährige. Der Sprung in die Nationalmannschaft gelang der Spielmacherin im Jahr 1984 nach dem Wechsel von ihrem Heimatverein zum Bundesligisten VfL Sindelfingen. Die Teilnahme an der A-Weltmeisterschaft 1986 in den Niederlanden mit Platz sieben war ihr größter internationaler Erfolg. Danach beendete sie ihre Laufbahn in der Nationalmannschaft.
Dass ihr vier Länderspiele im gleichen Jahr bei einem Kurz-Comeback im Zuge des internationalen Turniers im tschechischen Cheb nicht anerkannt wurden, kann sie verschmerzen: "Die Reise war toll, aber wir haben alle Spiele verloren."
Ein Jahr später wechselte Kieber zurück in die Heimat zum VfL Neckargartach, für den sie bis 1998 in der Bundes- und Regionalliga spielte. "Das war eine klasse Zeit", sagt die Friedrichshaller Gemeinderätin rückblickend. Ihr Sohn Tom spielt für den FSV in der Bezirksklasse.

Heike Reinhardt, geb. Murrweiß (72 Länderspiele): Ähnlich wir Marion Kieber wurde auch die Horkheimerin in eine Handballfamilie geboren. Vater Gerhard ist eine Legende beim TSB. "Ich habe aber in Weinsberg angefangen Handball zu spielen, da es in Horkheim keine Mädchen- oder Frauenteams gab", sagt die heute 51-Jährige. Im Nationalteam war sie mit 25 Jahren eine Spätstarterin.
Über die TG Heilbronn, den VfL Neckargartach, den VfL Sindelfingen, Grün-Weiß Frankfurt war die Allrounderin 1993 zum damaligen Spitzenclub TV Lützellinden gekommen. Mit den Hessen wurde die Rechtshänderin im selben Jahr deutsche Meisterin, gewann den Europapokal der Pokalsieger und wurde in Norwegen Weltmeisterin - mit einem Wermutstropfen: "Im Endspiel gegen Dänemark kam ich nicht zum Einsatz." Durch den fünften Platz bei der WM 1995 in Österreich gelang die Qualifikation für die Olympischen Spiele 1996 in Atlanta: "Der Sieg gegen Russland im Spiel um Platz fünf war mein Highlight, ich wollte unbedingt einmal Olympische Spiele miterleben." Der etwas enttäuschende siebte Rang war da zweitrangig.
Obwohl der Handball zu jener Zeit im Mittelpunkt stand, arbeitete Murrweiß nebenher: "Ich wollte mich nicht vom Sport abhängig machen", sagt die Bankkauffrau. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Wetzlar.

Heike Wacker, geb. Deininger (17 Länderspiele): Im Gegensatz zu den Nationalmannschaftskolleginnen aus der Region war Heike Deininger handballerisch nicht vorgeprägt. "Ich habe mit der Leichtathletik begonnen", sagt die 49-Jährige. Ab 1980 erlebte sie dann den Aufstieg ihres VfL bis in die 1. Bundesliga mit. "Es war das Größte für mich mit Silvia Schmitt oder Marion Kieber zusammenspielen zu dürfen. Eine richtig geile Zeit."
Ihr Debüt in der Nationalmannschaft feierte die Allrounderin im Jahr 1989 "bei einem Turnier im Osten", genauer weiß sie es nicht mehr. Ein Jahr später verpaste sie mit der DHB-Auswahl bei der WM in Südkorea die Bronzemedaille im Spiel um Platz 3 gegen die DDR - obwohl zu diesem Zeitpunkt die Wiedervereinigung bereits vollzogen war. "In einem ARD-Fernsehbericht bin ich damals erwähnt worden. Das war ein Highlight, als Jörg Wontorra meinen Namen nannte", erzählt Wacker und muss lachen. "Der Liebe wegen", zog es sie anschließend nach Wien. "Ich war kurz davor, die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen, um an den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona teilnehmen zu können." Doch das Projekt scheiterte und das Knie ließ keinen Leistungssport mehr zu.
Für den VfL spielte sie noch einige Jahre in der Regionalliga, ehe sie für viele Jahre das Frauenteam des TB Richen übernahm. "Da stand ich sogar ab und zu im Tor." Wacker lebt heute mit ihrer Familie in Bad Wimpfen.