Marco Sailers Weg vom Fußball-Profi zum Sportinvaliden
Ex-Fußballprofi Marco Sailer musste nach einem Schienbeinbruch seine Karriere beenden. Einst galt er als der Bundesligaspieler mit dem längsten Bart. Der Hohenloher aus Bitzfeld startet nun ins Berufsleben.

Von wegen Profis sind echte Fußballexperten. Mehr als 20 Teilnehmer umfasst das wöchentliche Bundesliga-Tippspiel der Kreissparkasse Hohenlohekreis seit Jahren. Hier war Marco Sailer einst Azubi. "Als der Euro noch ganz neu war", erinnert er sich.
Von Hohenlohe aus ging es für ihn als Fußballer danach durch die Republik. Dem Tippspiel der alten Kollegen in der Heimat blieb Sailer treu. Nur wenig erfolgreich. "Ich dachte immer, dass ich einen Wissensvorsprung habe", sagt er. Von wegen. "Bei mir hing auch schon die Rote Laterne des Schlusslichts", sagt der 34-Jährige und lacht. "Was will man machen, wenn man als Fan immer auf den VfB tippt?"
Fünf Monate Rehabilitation nach dem Bruch
Marco Sailer hat seinen Humor nicht verloren. Dabei liegt eine humorlose Fußball-Zeit hinter ihm. Im Dezember 2018 brach er sich im Training bei Oberligist Wacker Nordhausen II das Schienbein. "Bei einer ganz blöden Aktion", erinnert sich Sailer. Es folgten fünf Monate der Rehabilitation. Sailer kämpfte ums Comeback.
"Aber die Knochen sind nicht richtig zusammengewachsen." Irgendwann war da die Erkenntnis: "Das wird nichts mehr. Das war es mit dem Fußball." Der 34-Jährige ist Sportinvalide. "Mit 24 Jahren wäre ich an meinem Schicksal zerbrochen", sagt der Mann aus Bitzfeld. Die Familie um Ehefrau Lara und drei kleinen Töchtern (vier Jahre und die acht Monate alten Zwillinge) sowie dem zweijährigen Sohn gibt ihm Halt.
Seit dem offenen Schienbeinbruch hat er keinen Fußball mehr mit den Füßen berührt. "Nicht einmal 50 Meter Joggen sind möglich", sagt er. Rumtoben, turnen mit den vier kleinen Kindern? "Ich kann nicht einmal auf dem Boden knien. Ich komme ja nicht mehr hoch. Das sind so Kleinigkeiten, die man sich vorher nicht vorstellen kann", sagt Sailer.
Der Fußball fehlt nicht, aber die Kameradschaft
Das plötzliche Karriere-Aus hat er weggesteckt. "Das soll jetzt nicht komisch klingen. Aber der Fußball fehlt mir nicht so sehr wie die Kameradschaft. Die Späße in der Kabine", reflektiert Sailer, der einst von Heilbronn aus seine Laufbahn startete, die ihn nach Aalen, Fürth, Wiesbaden, Heidenheim, Darmstadt und Nordhausen führte.

Der Blick zurück hilft. Aus seiner Fußballkarriere hat er das Maximum herausgeholt. "Ich habe weit mehr geschafft als mir viele zugetraut haben", sagt er rückblickend.
Aus einem eher durchschnittlichen Drittligakicker wurde nach dem Durchmarsch mit dem SV Darmstadt 98 plötzlich ein Bundesligaprofi. Ein Fanliebling mit Kultcharakter, dem längsten Bart der Liga. Ein Tierschützer, in dessen Kühlschrank nur vegane Lebensmittel dürfen. 14 Erstligaspiele mit Darmstadt stehen in seiner Vita. Nun lebt er wieder vor den Toren Darmstadts. "Irgendwo nebenher noch höherklassig kicken, das war der Plan", sagt Sailer. Dann kam der Schienbeinbruch. Seit dem 1. Februar macht er nun eine anderthalbjährige Umschulung zum Finanz- und Vorsorge-Kaufmann. "Jetzt kann ich zeigen, dass ich beruflich der gleiche Kämpfer sein kann wie auf dem Platz", sagt er.
Das Geschehen im Unterland und Hohenlohe stets im Blick
Der neue Job führt ihn übrigens auch häufiger nach Heilbronn, denn Geschäftspartner Daniel Röber hat hier sein Büro. "Es ist eher eine geistige Forderung, aber der Müdigkeitseffekt ist abends der gleiche", sagt Sailer über den beruflichen Umstieg. Fußball verfolgt er nur noch als Fan. Das Geschehen im Unterland und in Hohenlohe hat er stets im Blick. "Spätestens montags schaue ich mir alle Tabellen an", sagt er. Nur halt gerade nicht.
Anfragen, als Amateurtrainer unterklassig tätig zu sein, die gab es schon reichlich. Sailer hat sie allesamt abgelehnt. "Natürlich reizt das. Irgendwann vielleicht", sagt er. Nur jetzt eben nicht. Mit vier kleinen Kindern lasse sich das zeitlich gerade nicht unter einen Hut bringen: "Für mich ist wichtig, dass meine Kinder irgendwann sagen: Mein Vater war für mich da."