Hafner, der Fußball-Weltmeister aus Heilbronn
Fussball - Weltmeister wird nicht jeder, Fußball-Weltmeister schon gar nicht. Der Heilbronner Thomas Hafner hat es geschafft – mit der Gehörlosen-Nationalmannschaft. Im Endspiel des Turniers in Griechenland gab es gegen die Türkei einen 8:6-Sieg im Elfmeterschießen.

Fussball - Weltmeister wird nicht jeder, Fußball-Weltmeister schon gar nicht. Der Heilbronner Thomas Hafner hat es geschafft – mit der Gehörlosen-Nationalmannschaft. Im Endspiel des Turniers in Griechenland gab es gegen die Türkei einen 8:6-Sieg im Elfmeterschießen.
Es war ein Finalkrimi mit Happy End für die deutsche Mannschaft. 2:2 stand es nach 90 Minuten, 3:3 nach der Verlängerung. Bis wenige Sekunden vor Schluss hatten die Türken geführt. Als Schlussmann Hafner nach vorne stürmte und es ein Foul gab, fiel per Freistoß der Ausgleich. Nach dem Elfmeterdrama jubelten die Männer mit dem Adler auf der Brust, wie schon im Halbfinale, als die Franzosen mit 7:6 i.E. bezwungen werden konnten.
Elfmeterheld
Drei Strafstöße parierte Thomas Hafner im Duell mit dem Topfavoriten aus Frankreich. Auch im Finale wurde er zum Elfmeterkiller. Der 26-jährige Torwart aus Heilbronn war der Held. „Ein Traum ist wahr geworden bei dieser WM“, lässt der Gehörlose durch seine Mutter ausrichten. Die Mannschaft habe fest an seine Fähigkeiten geglaubt, er habe sie nicht enttäuschen wollen.
„Thomas hat alles, was ein Torwart braucht“, sagt Frank Zürn, der Bundestrainer. „Er ist sehr groß, stark im Herauslaufen und auf der Linie. Er hat sich in letzter Zeit sehr entwickelt.“ Schwächen habe Hafner kaum noch. Außer einer eben: Er hört nichts. Fast nichts.
Rufen geht nicht Normalerweise bleibt der Abwehrspieler weg, wenn ein Schlussmann „Leo“ schreit. Das ist mein Ball, bedeutet dieser Ruf. Doch wenn keiner auf dem Platz Kommandos hören kann, sind Probleme vorprogrammiert. „Der Anschlusstreffer der Franzosen zum 1:2 war genau so ein Ding“, erzählt der Bundestrainer, der perfekt die Gebärdensprache beherrscht. „Thomas läuft raus, und einer verlängert den Ball mit dem Kopf über ihn hinweg. Das wäre bei Hörenden nie und nimmer passiert.“
Frank Zürn legt großen Wert darauf, dass seine Nationalspieler nicht nur in Gehörlosenvereinen kicken, sondern auch im regulären Spielbetrieb Erfahrungen sammeln. Thomas Hafner steht beim ESV Heilbronn im Tor. Kreisliga B bedeutete dies in der vergangenen Saison, doch der Aufstieg wurde geschafft. Auch Sergej Hafner spielt beim ESV, auch er ist gehörlos, auch er ist Nationalspieler. Bei der WM war er wegen einer Krankheit nicht dabei. „Aber meinem Bruder habe ich es zu verdanken, dass ich Weltmeister geworden bin“, lässt Thomas Hafner ausrichten. Die Mutter erzählt von früher, als Sergej, der Ältere, Thomas immer ins Tor geschickt habe, um einen zu haben, den er mit Bällen beschießen konnte.
Weit unten
Von Geburt an sind die Hafner-Brüder gehörlos, doch am Kicken hat sie das nie gehindert. Die Mama sagt: „Das ist unter Hörenden nicht einfach, man hört ja auch den Schiedsrichter nicht pfeifen.“ Viele seiner Spieler hätten das Talent, um sich im normalen Ligenbetrieb in der Landes-, Verbands- oder sogar Oberliga durchzusetzen, sagt Bundestrainer Frank Zürn. Aber es sei für die Vereine nicht einfach, Gehörlose zu integrieren. Also spielt der Großteil des Nationalmannschaftskaders ganz weit unten in der Kreis- oder Bezirksliga.
Beim TSV Nellmersbach in der Bezirksliga Rems/Murr war Kadir Tatar in der vergangenen Saison aktiv. Er spielte einst zusammen mit den Hafners beim Gehörlosensportverein Heilbronn. Tatar war für Frank Zürn ein ganz wichtiger Torjäger bei der WM. „Er hat ein sehr starkes Turnier gespielt“, sagt der Bundestrainer. „Das Halbfinale zu erreichen, war unsere Hoffnung. Wir sind mit einer jungen Mannschaft nach Griechenland gekommen. Als Frankreich geschlagen war, der Topfavorit, wollten wir natürlich mehr.“
Es ist gelungen. Jetzt ist Thomas Hafner Weltmeister. Das können nicht viele Fußballer von sich sagen.
Stimme.de