Trialfahrer Oliver Widmann manövriert sich aufs Treppchen
Mit Ehrgeiz und starkem Willen zum Erfolg: Oliver Widmann aus Hohenstein bleibt Vizeweltmeister im Trialfahren.

Ununterbrochen hüpft Oliver Widmann auf seinem Hinterreifen auf und ab. Er muss in Bewegung bleiben, um das Gleichgewicht zu halten. "Das macht den Trial-Sport so anstrengend", sagt Mama Doris Widmann, während ihr Sohn auf dem Parcour hinter dem Haus balanciert.
Große Äste, betonierte Stufen und Holzstämme reihen sich hier aneinander. Das ist die Trainingsoase des 15-Jährigen aus Bönnigheim-Hohenstein. Scheinbar mühelos springt er von Hindernis zu Hindernis. "Ich habe oft viele Hausaufgaben und keine Zeit nach Marbach zu fahren. Daher habe ich mir einen Parcour gebaut", sagt Oliver Widmann.
Bei Wettkämpfen tritt er für den MSC Marbach an. Vor eineinhalb Wochen verteidigt er bei den Weltjugendspielen im dänischen Viborg zum dritten Mal in Folge Platz zwei bei den Cadets (15 bis 16 Jahre) - doch das zum letzten Mal. Am Dienstag feiert Oliver Geburtstag, von da an ist er Junior (17- bis 18 Jahre), auch bei den Weltmeisterschaften vom 8. bis 12. November in Chengdu/China.
Sport wurde ihm in die Wiege gelegt
Doch wie kommt man darauf ohne Sattel, Licht und Gangschaltung über Hindernisse zu springen? "Mein Vater ist Motorrad-Trial gefahren, er hat mir den Sport in die Wiege gelegt", sagt Oliver Widmann. Etwa drei Jahre lang macht er es ihm nach.
Nachdem er sein erstes Rad geschenkt bekommt, will er mit dem Fahrrad-Trial nicht mehr aufhören. Zu groß ist der Spaßfaktor: "Der Vorteil ist, dass es anstrengender ist, weil man seine Muskeln benutzt, da kein Motor vorhanden ist", sagt Widmann. "Außerdem braucht ein Motorrad häufig Ersatzteile."
Aus dem Hobby wird Leistungssport. Nach anderthalb Jahren nimmt er an seinem ersten Wettkampf in Ölbronn teil. Dort ist Absteigen nicht mehr möglich - wie er es vom Training gewohnt ist. Sein damaliger Trainer gibt ihm Hausaufgaben: "Ich sollte auf dem Bordstein üben, drauf fahren, hoch und runter, auf der Stelle bleiben und den Fuß nicht runter setzen. Mit Müsli-Schalen bin ich Slalom gefahren."
Tägliches Training - am liebsten in der Natur
Am besten gefällt Oliver Widmann das Training an der frischen Luft. Natürliche Parcours reizen ihn besonders: "Wenn man die Hindernisse selber baut, macht man es sich leichter, verschiebt etwas, damit es passt. In der Natur liegt der Stein einfach da." Noch übt der Gymnasiast draußen. Wird es kalt, verlegt er die Hindernisse in die Scheune oder geht bis ins Frühjahr ins Fitnessstudio.
Oliver Widmann trainiert täglich - seit sechs Jahren. Schreibt er Klassenarbeiten nur eine Stunde, sonst zweieinhalb bis vier, manchmal auch mehrfach zwischen Vormittags- und Nachmittagsunterricht. "Es zwingt einen keiner, ich mache es gerne. Manche können sich stundenlang für Videospiele begeistern. Bei mir ist es das Fahrrad", sagt Oliver Widmann.
Starke Nerven und gute Kondition zahlen sich aus

Die harten Einheiten zahlen sich aus. Oliver Widmann wurde 2015 erstmals Vizeweltmeister. "Es war ein gutes Gefühl, aber ich war auch etwas enttäuscht, weil die Entscheidung so knapp war." Denn: Im WM-Finale sind alle gleich gut. "Da entscheidet, wer die stärksten Nerven und das bessere Durchhaltevermögen hat", sagt Widmann.
Kondition ist wichtig, pro Sektion hat jeder nur zwei Minuten Zeit. Auch Konzentration ist gefragt, um keine Strafpunkte zu sammeln. "Keiner will eine Fünf in der Schule - oder beim Trial", sagt Doris Widmann. Bei fünf Strafpunkten muss die Sektion verlassen werden. Oliver Widmanns größter Traum: "Weltmeister werden." Aber die Konkurrenz ist stark.
Das Schwierige am Trial sind die unterschiedlichen Parcours - eine perfekte Vorbereitung gibt es nicht. Es gibt Balancier-Sektionen auf dünnen Baumstämmen oder welche, bei denen weite und hohe Sprünge gefragt sind. Nicht alles liegt jedem. Hinzu kommt, dass das Fahrrad kaputt gehen kann, deshalb besitzt Oliver Widmann zwei identische Bikes.
Mittlerweile beherrscht der Hohensteiner alle Techniken. Eine davon ist der Bunny Hop, bei dem man mit beiden Rädern springt. Neben Talent zeichnen ihn sein Ehrgeiz und der starke Wille aus: "Es ist sehr wichtig, wie viel Übung man reinsteckt. Anfangs ist man frustriert, weil wenig klappt."
Stimme.de
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