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In einer anderen Welt

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Volleyball - Wenige Monate nach dem Abstieg aus der Bundesliga und dem finanziellen Kollaps geht der SV Sinsheim wieder auf Punktejagd. Den zwei Siegen zum Saisonauftakt beim SVK Beiertheim (3:0) und gegen die DJK Schwäbisch Gmünd (3:2) ließ die Mannschaft ein hart erkämpftes 3:1 gegen Ulm folgen.

Von unserem Redakteur Eric Schmidt

So macht Volleyball Spaß: Anne Vorsatz (links), Katrin Auer (Nummer 9), Jule Schneider (oben), Anna-Lena Rahe (vorne Mitte) und Kim Kretzler feiern mit dem SV Sinsheim den dritten Sieg im dritten Spiel.Fotos: Klaus Krüger
So macht Volleyball Spaß: Anne Vorsatz (links), Katrin Auer (Nummer 9), Jule Schneider (oben), Anna-Lena Rahe (vorne Mitte) und Kim Kretzler feiern mit dem SV Sinsheim den dritten Sieg im dritten Spiel.Fotos: Klaus Krüger

Volleyball - Florian Herzog ist voll in seinem Element. Bumm, bumm, bumm. Bumm, bumm, bumm. Immer wieder haut der Trommler der "Sinsema Volleybadscha" auf die Pauke und feuert seine Mannschaft an. Die hat soeben mit 25:15 den ersten Satz gewonnen, im Heimspiel gegen den VfB Ulm. "Klasse", sagt Herzog. "Für uns war immer klar, dass wir die Spielerinnen weiter unterstützen."

Der SV Sinsheim, er lebt noch. Und er spielt Volleyball. Wenige Monate nach dem Abstieg aus der Bundesliga und dem finanziellen Kollaps geht der Verein wieder auf Punktejagd. Als erste Mannschaft schlägt nun die ehemalige zweite Mannschaft auf, die in der vergangenen Saison von der Oberliga in die Regionalliga Süd aufstieg − in jene Liga, die nach der Neugründung der 3. Liga nur noch die vierthöchste Spielklasse ist. Für den SVS läuft es gut. Den zwei Siegen zum Saisonauftakt beim SVK Beiertheim (3:0) und gegen die DJK Schwäbisch Gmünd (3:2) ließ die Mannschaft ein hart erkämpftes 3:1 (25:15, 23:25, 29:27, 25:21) gegen Ulm folgen. Zweiter ist man in der Tabelle.

Bekenntnis

"Das Schöne ist: Man hat uns nicht vergessen", sagt Trainer Waldemar Borgert und schaut auf die Tribüne. Gegen Ulm sind es 150 Schaulustige, die das Team in der Realschulhalle feiern und beklatschen, im ersten Heimspiel waren es gar 250. Klar, das ist kein Vergleich zur Bundesliga, als zu den Volleyball-Shows gegen Schwerin, Münster und Vilsbiburg 1000, manchmal sogar 1400 Fans kamen. Und die kleine, stickige Realschulhalle mit ihrer tiefen Decke ist natürlich kein Sportpalast wie die Messehalle 6 mit ihren Rundum-Rängen und Anzeigetafeln. Und dennoch erinnern ein paar Dinge an die große, weite Volleyballwelt. Der Fanclub der "Volleybadscha" trommelt und singt wie in alten Zeiten. Auch die Cheerleader, die "Flying Cats", sind noch da und turnen in den Auszeiten ihre akrobatischen Übungen.

"Wenn man Volleyball liebt, dann ist man hier richtig. Auch hier gibt es schöne Ballwechsel", sagt Waldemar Borgert. Der Trainerfuchs ist seit 1998 beim SVS und hat in dieser Zeit vor allem die zweite und die dritte Mannschaft betreut − "Ausbildungsmannschaften für die erste Mannschaft", wie er es nennt. Wie sein Auftrag für diese Saison lautet, kann er gar nicht so richtig sagen. Vom Verein jedenfalls hat niemand mit ihm über eine Zielsetzung gesprochen. "Wichtig ist, dass wir dabei sind. Und ich gehe davon aus, dass wir irgendwann wieder oben mitspielen und aufsteigen sollen. So sehe ich das jedenfalls bei einer erste Mannschaft."

Seine Mannschaft, sie ist gut, sie hat gehobenes Niveau. Zwar haben nach dem Aufstieg zwei Mittelblockerinnen und eine Diagonalspielerin eine neue Herausforderung gesucht, dennoch ist das Team schlagkräftig genug, um mithalten zu können. Mareike Dehn ist eine sehr gute Aufschlägerin, Kim Kretzler eine fingerfertige und trickreiche Zuspielerin, Anna-Lena Rahe eine erfolgreiche Beach-Volleyballerin. Beate Lander, die ehemalige Jugendnationalspielerin vom Stützpunkt des VC Olympia Sinsheim, ist aus Mannheim zurückgekehrt und seit ein paar Tagen für den SVS mit von der Partie. Und dann sind da noch zwei Spielerinnen, die Bundesliga-Erfahrung haben, die dem Verein trotz der Chaos-Tage nach dem Abstieg erhalten geblieben sind: Anne Vorsatz und Jule Schneider.

Umgewöhnung

"Regionalliga, Bundesliga: Das ist natürlich schon eine Umstellung. Und manchmal fragt man sich: O Gott, was spielen wir jetzt wieder zusammen?", sagt Schneider und meint: "Ich hätte eh in der Bundesliga aufgehört." Der Freund. Die Familie. Der Beruf. Schneider (26) will sich um andere Belange kümmern − was möglich ist, wenn man nur noch drei Mal in der Woche trainiert statt zwei Mal am Tag. Die junge Frau aus Sinsheim-Steinsfurt ist ehrlich: "So wie es jetzt ist, macht es mir mehr Spaß."

Den haben auch die Fans von den "Sinsema Volleybadscha" − auch wenn sie sich ärgern über den Verein und die Verantwortlichen: "Wenn man wirklich gewollt hätte, hätte man den SV Sinsheim in der Bundesliga halten können", sagt Fanclub-Sprecher Stefan Schubert, der seit mehr als 20 Jahren zu den Spielen des SV Sinsheim geht. Auch die Homepage des SVS empfindet er als in höchstem Maße irritierend. Dort steht viel zu den Abteilungen "Fußball" und "American Football". Aber Volleyball? "Da ist gar nichts", schimpft Schubert.

Die "Sinsema Volleybadscha", so viel steht fest, lassen ihre Volleyballerinnen nicht im Stich. Es macht bumm, bumm, bumm − auch in den nächsten Spielen.

In seinem Element: Florian Herzog und die "Sinsema Volleybadscha".
In seinem Element: Florian Herzog und die "Sinsema Volleybadscha".
Zeigt, wo es lang geht: SVS-Trainer Waldemar Borgert.
Zeigt, wo es lang geht: SVS-Trainer Waldemar Borgert.
Stimmung wie in der Bundesliga: die Cheerleader-Gruppe "Flying Cats".
Stimmung wie in der Bundesliga: die Cheerleader-Gruppe "Flying Cats".
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