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Ein Heilbronner und das Wunderpferd

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Reitsport - Es war am 16. Mai 1945. Der 2. Weltkrieg war wenige Tage zuvor zu Ende gegangen. Da gebar auf einem Gutshof in Darmstadt die Stute Helene ein Fohlen. Es erhielt den Namen Halla und wurde später weltberühmt.

Von unserem Redakteur Klaus Apitz

Hans Günter Winkler besuchte Halla nach deren Karriereende immer wieder auf der Weide. Mit ihr kam der Reiter von 1954 an zu internationalem Ruhm.Fotos: Archiv/dpa
Hans Günter Winkler besuchte Halla nach deren Karriereende immer wieder auf der Weide. Mit ihr kam der Reiter von 1954 an zu internationalem Ruhm.Fotos: Archiv/dpa

Reitsport - Es war am 16. Mai 1945. Der 2. Weltkrieg war wenige Tage zuvor zu Ende gegangen. Da gebar auf einem Gutshof in Darmstadt die Stute Helene ein Fohlen. Es erhielt den Namen Halla und wurde später weltberühmt. Immer begleitet hat dieses Ausnahmepferd Karl Vierling, der seit mehr als 50 Jahren in Heilbronn lebt. Dessen Vater war der Hofpächter und zeitlebens der Besitzer von Halla.

Eine Geburt war Alltag bei den Vierlings. In dem landwirtschaftlichen Betrieb mit Pferdezucht erblickten Kaltblüter das Licht der Welt, die in der Landwirtschaft für schwere Arbeit eingesetzt wurden. Oder Warmblüter, fürs Militär bestimmt, weil sie die lebhafteren Geschöpfe sind. Deshalb aber auch für den Reitsport geeignet. "Ich habe mit der jungen Halla Rennen bestritten", erinnert sich Karl Vierling, Jahrgang 1930.

Doch dann schickte ihn Papa Gustav Vierling zum Studieren. Diesem war in jenen unsicheren Zeiten daran gelegen, dass der Junior einen Beruf erlernte, der ihm ein sicheres Einkommen garantieren sollte. Der Sohn ging also nach Freiburg (Forstwirtschaft) und Stuttgart-Hohenheim (Landwirtschaft). Und kam 1960 mit Doktortitel nach Heilbronn zur Firma Südzucker.

Karl Vierling hält ein Buch über Halla in die Kamera.Foto: Andreas Veigel
Karl Vierling hält ein Buch über Halla in die Kamera.Foto: Andreas Veigel

Aber zurück zu den Anfängen. Halla wurde für talentiert genug befunden, auf olympische Eignung hin getestet zu werden, und zwar für die Military, den schwierigen Vielseitigkeits-Wettbewerb. Doch keiner kam mit der eigenwilligen Stute klar. Und Gustav Rau, der damals in Deutschland für die besten Sportpferde zuständig war, brachte Halla zurück. "Spanne die verrückte Ziege vor einen Pflug, wir können sie nicht gebrauchen", sagte er gegenüber Gustav Vierling halb im Spaß so daher.

Doch dieser wollte es allen zeigen. Und fand in Hans Günter Winkler einen jungen Springreiter, der ihm bei einigen Wettbewerben aufgefallen war. "Ich war unbekannt und war auf jedes Pferd angewiesen, das man mir anbot", bekannte Winkler später einmal.

Geduldiger Winkler

Doch das zufällige Aufeinandertreffen im Jahr 1951 war der Beginn einer engen Verbindung zwischen Tier und Mensch. Da hatten sich zwei gefunden. Karl Vierling sagt dazu: "Halla war ein hochsensibles Pferd. Und die haben ihren eigenen Willen. Es brauchte für sie einen feinfühligen Reiter, und das war Winkler." Der gebürtige Wuppertaler ist von ruhigem Naturell. Er hatte die Geduld, die junge Pferdedame mit all ihren Zicken verstehen zu lernen. "Halla war eine, der man sich langsam annähern musste, die Antenne musste stimmen", sagt Karl Vierling. Und Winkler schaffte es, den bei Halla schon immer vorhandenen Spaß am Springen für seine Zwecke zu nutzen. Ließ sich viel Zeit, ehe 1954 ein enormer Leistungsschub einsetzte: Sieg beim Großen Preis von Berlin, beim Nationenpreis in Dortmund. Und als Krönung der Gewinn der Weltmeisterschaft in Madrid. Den das Duo bei der Heim-WM ein Jahr später wiederholte.

Zum Wunderpferd wurde Halla bei den Olympischen Reiterspielen 1956. Am Ende des ersten Durchgangs hatte sich Winkler an der Leiste verletzt. Machte nur weiter, um die Teamkollegen nicht im Stich zu lassen. Und wurde nach Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten wie ein Statist aufs Pferd gehoben. Konnte kaum Einfluss nehmen, schrie während des Ritts einige Male vor Schmerz. Doch Halla fand allein den Weg durch den Parcours − null Fehler bedeuteten Gold fürs Duo und die Mannschaft. "Es war, wie wenn auf einem Schiff der Kapitän ausgefallen ist und der Steuermann allein die Navigation übernommen hat", so Winkler später, der inzwischen 85 ist.

Acht Nachkömmlinge

Nach etlichen weiteren Topergebnissen, darunter eine weitere Goldmedaille bei der Olympiade in Rom 1960, ging Halla in Rente. Brachte acht Nachkömmlinge zur Welt. Und starb 1979 in einem für Pferde sehr hohen Alter von 34 Jahren. Verewigt ist sie als Skulptur, vor dem Olympiazentrum in Warendorf stehend.

Und Karl Vierling ist stolz, dass er im Besitz einer Miniatur ist. So bleibt die Erinnerung beinahe täglich wach. An Halla, auf deren Rücken er selbst oft gesessen hat.

 
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