Wegen Trockenheit: Bauern erwarten im Herbst große Verluste
Bei der Getreideernte gibt es in Baden-Württemberg große Unterschiede. Was sind die Gründe? Was ist im Herbst zu erwarten? Und was sind die zentralen Herausforderungen der Betriebe in Zeiten des Klimawandels?

Hitzeperioden, Trockenheit, steigende Preise, unsicherer Weltmarkt, Verbraucherzurückhaltung, bald höhere Lohnkosten - dies sind die zentralen Herausforderungen der Landwirtschaft, auch in Baden-Württemberg.
Auf einem Hof in Stuttgart-Plieningen gibt der Landesbauernverband am Donnerstag einen Überblick über die aktuelle Situation der Betriebe im Südwesten.
Zufriedenheit bei Getreide
Zunächst zur Ernte, also vor allem von Getreide und Raps. Hier teilt sich Baden-Württemberg in Nord und Süd. "Im Norden Baden-Württembergs mussten die Landwirte teils erhebliche Ertragseinbußen hinnehmen", erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbands. Grund hierfür seien wochenlang trockene Böden. Im Süden des Landes habe es hingegen in den wichtigen Wachstumsphasen immer wieder mal geregnet. "Insgesamt haben wir ein ordentliches Ergebnis bei der Ernte", so Rukwied.
Ein zentraler Grund: Trotz der Trockenheit blieb die Südwest-Landwirtschaft in diesem Jahr von Extremwetterereignissen wie Hagel und Starkregen verschont. Die Aussaatbedingungen im Winter, Herbst und Frühjahr seien gut gewesen, so Rukwied. Daher liegen die Ernteergebnisse bei Weizen, Gerste und Raps zwischen vier und 14 Prozent über dem Vorjahresergebnis. Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg rund 810 000 Hektar Ackerfläche, mehr als die Hälfte davon wird für den Getreideanbau genutzt, davon wiederum mehr als 200 000 Hektar für Weizen.
Schlechte Aussichten bei den Herbstkulturen
Doch das ist es dann auch schon gewesen mit den halbwegs guten Nachrichten. Denn die Pflanzen, die später im Jahr geerntet werden müssen und die unter der aktuell seit Wochen anhaltenden Trockenheit leiden, bereiten den Landwirten große Sorgen. Dazu gehören unter anderem Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln oder auch Soja.
"Die Herbstkulturen leiden massiv unter Wassermangel und Hitzestress", so Rukwied. Vor allem Grünland und Mais seien bereits zum Teil vertrocknet, im Norden Baden-Württembergs wieder stärker als im Süden. Die Folge: Viele Tierhalter müssen Winterfutter füttern, weil sie kein Grünfutter mehr schneiden können.
Rukwied rechnet mit erheblichen Ernteausfällen
Und wie wirkt sich das auf den Ertrag bei den Herbstkulturen aus? Hier zeichnet Rukwied ein eher düsteres Bild. "Wenn zeitnah keine ergiebigen Niederschläge kommen, rechnen wir hier bei fast allen Kulturen mit erheblichen Ernteeinbußen von bis zu 50 Prozent", lautet seine Prognose. Leider habe er wenig Hoffnung, dass es in den nächsten zwei Wochen große Mengen Niederschlag gebe werde. Dazu komme, dass etwa nur zwei Prozent der Herbstkulturen selbst ausreichend bewässert werden könnten.
Betriebe mit Kostensteigerungen
Weiter nehmen auch die Ausgaben der Landwirtschaftsbetriebe immer mehr zu. "Die gestiegenen Kosten bei Energie, Futter, Dünger und Pflanzenschutzmittel belasten unsere Familienbetriebe schwer", so Rukwied. Dies seien unter anderem Folgen des Ukraine-Krieges für den Welthandel. Daher seien höhere Preise für landwirtschaftliche Produkte unumgänglich. "Bei den Landwirten muss mehr ankommen", fordert Rukwied. Die Gefahr bei der Sache: Die aktuell höheren Lebenshaltungskosten sowie die Inflationsrate könnten dazu beitragen, dass die Verbraucher mehr sparen und eher zu günstigeren Produkten etwa aus Südeuropa greifen.
Kritik am neuen Mindestlohn
Doch die Probleme der Landwirte gehen laut Rukwied noch weiter. So würde die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro ab Oktober für deutlich höhere Personalkosten der Betriebe sorgen. Dies stelle unter anderem die Betreiber von Erdbeerplantagen vor große finanzielle Herausforderungen. "Wir fordern einen europäischen Mindestlohn, weil wir hier in Deutschland massive Wettbewerbsnachteile haben", erklärt Rukwied. Schon die generelle Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 habe dazu geführt, dass seitdem alleine die Erdbeeranbauflächen im Südwesten um 22 Prozent zurückgegangen seien.
Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus? Auch hier fällt Rukwied Optimismus schwer: "Das Hitzerisiko wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Das Ertragsniveau beispielsweise der 90er Jahre werden wir vermutlich nicht mehr erreichen können."