Stimme+
Samarkand
Lesezeichen setzen Merken

Lange Warten auf Nichts: UN-Konferenz in Usbekistan

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

An professioneller Pressearbeit scheinen weder die UNWTO noch die Veranstalter ein Interesse zu haben. Was Journalisten bei der Welttourismuskonferenz in Usbekistan erleben.

In diesem neuen Kongresszentrum am Stadtrand von Samarkand tagte die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen in der vergangenen Woche. Über konkrete Inhalte und Ergebnisse ist bislang aber kaum etwas bekannt.
Fotos: Jürgen Paul
In diesem neuen Kongresszentrum am Stadtrand von Samarkand tagte die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen in der vergangenen Woche. Über konkrete Inhalte und Ergebnisse ist bislang aber kaum etwas bekannt. Fotos: Jürgen Paul  Foto: nicht angegeben

Ihre Jubiläumsveranstaltung hat die UNWTO, die Tourismusorganisation der Vereinten Nationen, nicht ohne Grund in Usbekistan abgehalten. Schließlich will die UNWTO den Tourismus auch in Regionen und Ländern fördern, die bisher nicht als Reise-Hotspots gelten. Da bietet die 25. Generalversammlung in Samarkand eine ideale Gelegenheit, den Blick der weltweiten Öffentlichkeit nicht nur auf die UNWTO zu lenken, sondern Usbekistan als sich dynamisch entwickelndes (Tourismus-)Land zu präsentieren. Dass dieses Kalkül aufgeht, darf bezweifelt werden. Denn weder die UNWTO, noch die Gastgeber waren in der Lage, diese Chance zu nutzen - etwa durch professionelle Pressearbeit während der fünftägigen Konferenz im prachtvollen Kongresszentrum in Sarmakant.

Langes Warten vor der Videoleinwand

Es fängt schon damit an, dass die zahlreichen Journalisten aus aller Welt so gut wie keinen Zugang zum Ort des Geschehens haben. Sie sind in einem Pressezentrum in einem Hotel ein paar hundert Meter neben dem Kongresszentrum am Stadtrand von Samarkand untergebracht, in dem sie auf einer Videoleinwand den Kongress verfolgen können - wenn denn etwas übertragen wird, denn die meisten Programmpunkte sind nicht presseöffentlich. So müssen sich die Journalisten am Eröffnungsmontag nicht nur bis zum Nachmittag gedulden, bis sie endlich Usbekistans Präsidenten Schawkat Mirsijojew auf der Leinwand erspähen. Die Arbeitsplätze im Pressezentrum bleiben dennoch weitgehend ungenutzt, weil die Übersetzung der Rede ins Englische erst kurz vor Schluss klappt - und inhaltlich nichts Erhellendes bringt. Ansprechpartner der UNWTO suchen Journalisten vergebens, eine dürre Pressemitteilung mit einigen allgemeinen touristischen Informationen, die von den usbekischen Betreuern verteilt wird, macht Hoffnung auf Besserung.

Worum es inhaltlich geht, bleibt unklar

Doch diese Hoffnung wird bitter enttäuscht. Was die gut 1700 Konferenzteilnehmer in Samarkand besprechen, bleibt ein Rätsel. Das offizielle Tagungsprogramm ist unkonkret, es soll um Nachhaltigkeit, um Ausbildung und um Investitionen in den weltweiten Tourismus gehen. Bei den wenigen Gelegenheiten, einem Programmpunkt beizuwohnen, wird den Journalisten aber schnell klar, dass auch bei den Teilnehmern das Interesse nicht übermäßig ausgeprägt ist. In dem riesigen Konferenzraum ist die Akustik so schlecht, dass man kaum ein Wort versteht - stattdessen tummeln sich die Teilnehmer an der Cafébar im hinteren Bereich, um sich auszutauschen. Vorne bleiben viele Tische der Delegationen leer.

Am Buffet und Weinstand drängeln sich die Teilnehmer

Umso voller ist es am Abend beim gemeinsamen Essen, zu dem auch Journalisten eingeladen sind. Am edlen Speisenbuffet und am Wein- und Champagnerstand bilden sich lange Schlangen. Die Völkerverständigung, das primäre Ziel der Vereinten Nationen, hier scheint es zu funktionieren, wenn Europäer, Afrikaner und Asiaten unkompliziert ins Gespräch kommen. Amerikaner sind ebenso wie Kanadier, Australier und Skandinavier allerdings nicht nach Samarkand gekommen. Sie sind keine Mitglieder der UNWTO, was auch mit Korruptionsvorwürfen rund um UNWTO-Generalsekretär Zurab Pololikashvili zu tun hat. Der Georgier wird zwar in Samarkand von vielen Teilnehmern wie ein Popstar gefeiert und lässt sich bereitwillig fotografieren.

Im Pressezentrum im Hotel neben dem Konferenzzentrum in Samarkand warten Journalisten aus aller Welt vergeblich auf Informationen.
Im Pressezentrum im Hotel neben dem Konferenzzentrum in Samarkand warten Journalisten aus aller Welt vergeblich auf Informationen.  Foto: nicht angegeben

Rückschlag für den Generalsekretär

Doch muss Pololikashvili bei der Konferenz zunächst einen herben Rückschlag hinnehmen. Der Plan des seit 2018 amtierenden Generalsekretärs, die Satzung dahingehend zu ändern, dass er auch eine dritte Amtszeit ab 2026 bestreiten kann, findet nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit bei den Mitgliedern - auch Deutschland stimmt dagegen. Ein Gegenkandidat ist allerdings nicht zu sehen, deswegen gelingt es dem bestens vernetzten Pololikashvili am Ende doch noch, die Weichen in seinem Sinne zu stellen. Damit dürfte einer dritten Amtszeit des umstrittenen Generalsekretärs nichts mehr im Wege stehen.

Journalisten informieren sich im Internet

Von diesen internen Querelen in der UNWTO erfährt die Presse vor Ort freilich nichts. Ansprechpartner sind nicht zu finden, Pressemitteilungen gibt es auch nicht, so dass sich die akkreditierten Journalisten im Internet schlau machen. Das gute Dutzend usbekischer Betreuer der elfköpfigen Journalistengruppe aus Deutschland stellt derweil immer wieder Pressegespräche mit Vertretern des usbekischen Tourismusministeriums in Aussicht - die aber stets ohne Begründung abgesagt oder verschoben werden. Die freiwilligen Helfer, meist Studierende ohne Bezug zum Tourismus oder zu Pressearbeit, haben offenkundig keinerlei Kontakt zu Vertretern der UNWTO. Niemand scheint ein ernsthaftes Interesse am Austausch mit den Journalisten zu haben.

Pressekonferenz zum Abschluss findet nicht statt

Dann muss es die Pressekonferenz zum Konferenzabschluss am Donnerstag richten. Im Saal warten schon vor dem avisierten Beginn um 18 Uhr gut 40 Journalisten, auf den Tischen stehen Mikrofone, Kamerateams bringen sich in Stellung. Wer die Pressekonferenz bestreiten soll, ist unklar, mittlerweile aber auch nicht mehr so wichtig. Geduldig warten die Journalisten, tauschen sich über das Organisations- und Informationschaos aus, das bei den alles andere als günstigen UN-Veranstaltungen wohl üblich ist, und harren der Dinge. Es passiert, man ahnt es, nichts. Gegen 20 Uhr verlassen auch die geduldigsten Pressevertreter den Konferenzsaal, in dem keine Pressekonferenz stattfindet. Warum, weiß niemand - und man wird es nie erfahren.

Die Organisation

UNWTO steht für United Nations World Tourismus Organization, also Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen, mit Sitz in Madrid. 157 Staaten sind Mitglied, dazu kommen sechs assoziierte Mitglieder und mehr als 500 affiliierte Mitglieder - Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen oder Tourismusdestinationen. Die 25. Generalversammlung der UNWTO fand von 16. bis 20. Oktober in Sarmakand in Usbekistan statt.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben