Schwarz-Gruppe: Wirbel um Europarekord im Fassadenbau
Ein Konsortium aus Rheinland-Pfalz feiert den Auftrag für den IT-Campus, der ein Gesamtvolumen von mehr als 150 Millionen Euro haben soll. Auf die Berichte über Pressekonferenz und Feier reagiert die Schwarz-Gruppe mit einer Korrektur - und schweigt dennoch.

Sie hatten es ja nur gut gemeint. Mit stolzgeschwellter Brust luden mehrere Firmen am Wochenende zur Feier des größten Auftrags ihrer Geschichte, die Herstellung und Lieferung der Fassade für den Schwarz-Projekt-Campus bei Kochendorf. Landespolitiker, an die 250 Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen und die regionalen Medien waren gekommen, um auf die mehr als 150 Millionen Euro Auftragsvolumen anzustoßen. Darüber hatte Michael Groß, Geschäftsführer des federführenden Fassadenherstellers IGM aus Medard (Rheinland-Pfalz), schon am 10. Juni in einem Pressegespräch informiert.
Wer allerdings nicht informiert war, war die Schwarz-Gruppe. Dabei nannte ihr Auftragnehmer allerlei Zahlen und Fakten, über die die Neckarsulmer bislang hartnäckig geschwiegen hatten – angefangen beim Auftragsvolumen selbst.
Deutlich teurer als Würths größte Investition?
Zur Einordnung ein Vergleich: Als die Würth-Gruppe vor wenigen Wochen zum Spatenstich einlud für die größte Investition ihrer Firmengeschichte, die Erweiterung des Logistikzentrums in Gaisbach, war die Rede von mehr als 90 Millionen Euro. Beim IT-Campus, den die Schwarz-Gruppe gerade bei Kochendorf hochzieht, gäbe es nach dieser Rechnung dafür also nur etwas mehr als die Hälfte der Fassade.
Rückzieher am Nachmittag
Indes – IGM machte am Dienstag einen Rückzieher, nachdem unsere Redaktion die Schwarz-Gruppe um Bestätigung der Angaben gebeten hatte. "Die Firma IGM GmbH & Co. KG in Medard hat bei ihrer Pressekonferenz am 10. Juni 2022 und der Veranstaltung am vergangenen Wochenende irrtümlich fehlerhafte Angaben zum Auftrag für den Schwarz-Projekt-Campus gemacht", teilte man nun mit. "Bei dem Projekt handelt es sich nicht wie berichtet um den IT-Campus, sondern um den Schwarz-Projekt-Campus. Zudem entsprechen die genannten Zahlen nicht der Richtigkeit. Aus vertraglichen Gründen nennen wir keine neuen Zahlen. Wir bitten, die fehlerhaften Informationen zu entschuldigen, und korrigieren hiermit die vorherige Berichterstattung."
Feier mit dem Landtagspräsidenten
Dabei war Landtagspräsident Hendrik Hering beim Fest am Wochenende noch des Lobes voll. "Der größte Fassadenauftrag, der in Europa vergeben wurde, ist an zwei rheinland-pfälzische Unternehmen im Westerwald und im Kreis Kusel gegangen", sagte er stolz, als er mit den Firmenchefs einen Rundgang durch die Werkshallen machte.
Erste Lieferung im Januar
Immerhin geht es da um 5000 Fassadenelemente, die IGM für Schwarz herstellt. Die Blechfassaden-Teile kommen von der Firma Ebener aus Bad Marienberg im Westerwald. Insgesamt liefern sie 60.000 Quadratmeter Fassade, davon 45.000 für den ersten Bauabschnitt, die Gebäude 1 bis 5. Produktionsstart ist am 17. Oktober; der erste Laster soll am 18. Januar kommenden Jahres das Werksgelände mit Ziel Bad Friedrichshall verlassen, berichtete Geschäftsführer und Firmen-Mitgründer Michael Groß. Bei IGM arbeiten 110 Beschäftigte, bei Ebener sind es knapp 150.
Schwarz korrigiert – und schweigt dennoch
Europas größtes Handelsunternehmen hüllt sich stets in Schweigen, wenn es um Baukosten geht. Um so mehr sorgte eine von Groß bei der Pressekonferenz genannte Gesamt-Bausumme für Wirbel. Ein Sprecher der Schwarz-Gruppe sagte am Dienstag, dass sie sich tatsächlich nur auf etwa die Hälfte des in der Veranstaltung genannten Betrags belaufe – ohne genauer zu werden. Ansonsten gab es aus Neckarsulm keinen Kommentar zu den Zahlen.
"Fehler werden gemacht."
Im Laufe des Montags verschwanden das Video und die Zeitungartikel über die Pressekonferenz von der IGM-Homepage. Deren Sprecher sagte: "Fehler werden gemacht."