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Neckar Express wird eingestellt

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Heilbronn - Der Neckar Express, Stadtanzeiger und regionale Wochenzeitung, wird aus wirtschaftlichen Gründen zum 31. März 2011 eingestellt. Dies gab Geschäftsführer Rudi Bierlin in einer Betriebsversammlung am Freitag bekannt.

Von Iris Baars-Werner und Joachim Friedl?

Heilbronn - Der Neckar Express gehört seit 1973 zur Heilbronner Medienlandschaft. Zum 31. März wird das Anzeigenblatt eingestellt. Bereits am 9. März aber wird die letzte Ausgabe im Stadt- und Landkreis kostenlos verteilt werden, an einem Mittwoch, dem traditionellen Erscheinungstag.

Am Freitag informierte Geschäftsführer Rudi Bierlin die Belegschaft. Er stellte eine Abfindung in Aussicht. Die Mitarbeiter erhalten ihre Gehälter bis zum Ende ihrer individuellen Kündigungsfrist. "Ich bin sehr traurig, dass alles so gekommen ist", gesteht Bierlin. Mit dem Ende des Neckar Express gehe ein "gutes Stück Heilbronn" verloren. Der heute 60-Jährige hatte 1979 bis 1989 mit seinem Schwiegervater Kurt (Budde) Drautz den Neckar Express (NE) auf dem Anzeigenmarkt etabliert und war nach zwei Ausflügen zu Tageszeitungen 2004 als Geschäftsführer zurückgekehrt. Er erinnert sich: "Die ersten Jahre waren gut. Dann hat sich das Werbeverhalten geändert, es folgte die Wirtschaftskrise und immer mehr Kunden sind abgewandert."

Von 1975 an war Dieter Krauss, der am Samstag 75 wird, Verleger. Vor neun Jahren zog er sich mit seiner Frau Susanna zurück. Annette Distelbarth kaufte das Anzeigenblatt. Die Verlegerin und Diplom-Agraringenieurin, Tochter des früheren Stimme-Verlegers Frank Distelbarth, betreibt Obst- und Weinbau in Rittelhof bei Löwenstein. Ihr ist nach den Wochen der Entscheidung jetzt "alles andere als wohl zumute. Aber es gab keinen anderen Ausweg." Die 46-Jährige bekennt offen, dass sie immer an die Chance für den Neckar Express als eigenständiges Produkt mit eigenem Profil geglaubt habe, sonst hätte sie "nicht die ganzen Jahre Zeit, Geld und Herzblut reingesteckt." Das sei auch in und nach der Wirtschaftskrise so gewesen, "doch die Realität ist über uns hereingebrochen." Schon im vergangenen Jahr habe man kurzgearbeitet.

Tradition

"Der Neckar Express hat Traditionsgeschichte geschrieben," blickt Jürgen Dieter Ueckert zurück. Für den Journalisten, der viele Jahre NE-Redaktionsleiter war, stellte das wöchentlich kostenlos in 184 000 Exemplaren verteilte Blatt "eine gewisse Konkurrenz zur Tageszeitung dar. Es ist schade, es ist sehr schade". Mit dem Erscheinen des "Echo", wo Ueckert später Chefredakteur war, habe der Neckar Express keine Chance mehr gehabt.

Tilmann Distelbarth, Geschäftsführer des Medienunternehmens Heilbronner Stimme, zu dem das "Echo" gehört, sieht das nicht so. Auf die Veränderungen des Marktes könnten Anzeigenblätter besser reagieren, die "in größeren Verbünden agieren". Zudem sei für Anzeigenkunden das größere Verbreitungsgebiet ausschlaggebend. Das "Echo" erscheint auch in Hohenlohe. Mit dem Neckar Express verliere man einen Konkurrenten, "aber auch einen Druckhauskunden. Und zwar einen, der immer pünktlich bezahlt hat."

"Es ist sehr betrüblich, dass der Neckar Express als Alternative vom Heilbronner Zeitungsmarkt verschwindet", bewertet Siegfried Schilling das Ende des Wochenblattes. Das frühere Mitglied der Stimme-Chefredaktion war einige Jahre NE-Redaktionsleiter. Das Blatt habe einen "guten Namen" gehabt. Zuletzt aber seien darin "leider nur noch recycelte Berichte" gestanden.

21 Mitarbeiter betroffen

Von der Einstellung sind 21 Mitarbeiter betroffen. Manche von ihnen arbeiten schon seit vielen Jahren bei der kostenlosen Wochenzeitung. Der klare Schnitt überraschte Wolfgang Fischer (61). Der NE-Redakteur weiß nicht, wie es mit ihm weitergeht. Sein Blick zurück: "Trotz allem: Es hat Spaß gemacht."

Wirtschaftliche Lage

Geschäftsführer Rudi Bierlin begründet das Aus: „Die wirtschaftliche Situation hat sich wegen des Strukturwandels im Einzelhandel sowie dem veränderten Werbeverhalten während der Wirtschaftskrise dramatisch verschlechtert und auch in den letzten zwölf Monaten ist keinerlei Erholung spürbar geworden. Wir konnten trotz größter Anstrengungen und neuer Ideen nicht mehr gegensteuern.“

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