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Kaufland beendet das Abenteuer Australien

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Die Großflächensparte der Neckarsulmer Schwarz-Gruppe zieht sich kurz vor dem Start vom fünften Kontinent zurück. Dabei wurde bereits eine hohe Summe investiert. Doch das Unternehmen will seine Schwerpunkte künftig anderswo setzen.

Die hochfliegenden Expansionspläne von Kaufland in Australien sind Geschichte: Knapp drei Jahre, nachdem das Projekt bekanntgegeben wurde, verkündete die Großflächensparte der Neckarsulmer Schwarz-Gruppe den Rückzug aus Übersee. Stattdessen wolle sie sich künftig ganz auf den europäischen Markt konzentrieren, hieß es in einer Mitteilung, die zunächst in Australien und mit einigen Stunden Abstand auch in Deutschland veröffentlicht wurde.

500 Millionen Dollar wurden bereits investiert

Unter dem Strich bleibt eine Investitionssumme, die australische Medien auf mehr als 500 Millionen Dollar veranschlagen, umgerechnet mehr als 300 Millionen Euro. Denn Kaufland hatte bereits im Juni mit der Errichtung eines Logistikzentrums nördlich von Melbourne und dem Bau erster Märkte in den Großstädten des Kontinents begonnen. Alleine das Gelände des Logistikzentrums ist knapp 28 Hektar groß. Insgesamt sollten zunächst 2400 Arbeitsplätze entstehen.

Australische Medien und Politiker betrachteten den Neuankömmling bislang recht positiv - weil sie sich belebende Konkurrenz im weitgehend unter den Handelsketten Woolworths, Cole und Aldi aufgeteilten Markt erhofften. Der Chef des Bauträgers MAB, der das Logistikzentrum gerade hochzieht, erfuhr von der Nachricht aus den Medien und war nach eigenen Worten "völlig baff".

"Wir wissen nichts davon. Wir haben versucht, sie ans Telefon zu bekommen", sagte er dem "Sydney Morning Herald". Alleine für dieses Projekt werden Baukosten mit 255 Millionen Dollar (150 Millionen Euro) angegeben, für die erste Filiale, für die im September Spatenstich war, werden 24 Millionen Dollar (15 Millionen Euro) veranschlagt.

Landeschefin kümmert sich um Abwicklung

In Australien sind derzeit rund 200 Mitarbeiter tätig, teilt die Pressestelle von Kaufland mit. "Wir haben sie zeitnah informiert. Mit ihnen werden Gespräche geführt, um faire Lösungen zu finden." Landeschefin Julia Kern (30) habe sich bei ihrem Einsatz sehr bewährt und werde sich um den Rückzug aus Australien, die Belange der Mitarbeiter sowie der Kaufland-Aktivitäten vor Ort kümmern. "Bezüglich der bereits erworbenen Flächen führen wir Gespräche mit unseren Geschäftspartnern in Australien über die weitere Zukunft."

Begründet wird der Rückzug damit, dass sich Kaufland auf den europäischen Markt konzentrieren wolle, wo es derzeit starke Umbrüche gebe. Nicht nur, dass aktuell die Filialen der Supermarktkette Real vor der Verteilung stehen und Kaufland mehrere Standorte übernehmen möchte: "Der Konzentrationsprozess schreitet voran, einzelne Länder und Handelsketten stehen bei Wettbewerbern zur Disposition", heißt es in Neckarsulm. "Wann immer sich interessante Opportunitäten für uns ergeben, wollen wir diese nutzen. Wir haben in Europa noch großes Wachstumspotenzial."

Entscheidung sei nicht leicht gefallen

Das hat allerdings Julia Kern über Australien auch schon einmal gesagt. Und der einstige Kaufland-Vorstandschef Patrick Kaudewitz erklärte vor nicht einmal zwei Jahren: "Die Überprüfung des Marktes hat ergeben, dass Australien für uns sehr attraktiv ist."

Nun fiel der Beschluss dem Vernehmen nach in der Kaufland-Spitze unter dem kommissarischen Geschäftsführer Frank Schumann zusammen mit der Führungsrunde der Schwarz-Gruppe. Schumann, Leiter von Kaufland International, sprach von einer "sorgfältigen und wohlüberlegten Entscheidung". Sie sei dem Unternehmen nicht leicht gefallen. "Wir haben uns in Australien stets willkommen gefühlt."

Konsumklima in Australien schlecht

Für die australischen Medien ist der Rückzug auch ein Nackenschlag in wirtschaftlich schwierigen Zeiten: Die Konjunktur des Landes leider derzeit ohnehin unter nachlassender Konsumfreude und den Schäden durch die gigantischen Buschfeuer. Ein Sprecher der Regierung des Bundesstaats Victoria zeigte sich sehr enttäuscht. "Wir haben viele Monate mit Kaufland zusammengearbeitet, um ihre Investition zu sichern, was dem Staat erhebliche Vorteile gebracht hätte", sagte er gegenüber regionalen Medien.

 

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Kommentare

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Mario Frey-Ritter am 29.01.2020 21:53 Uhr

Die verheerenden Bilder der Buschbrände und dem wegfallenden Käufer Klientel sowie die Gefahr durch den Klimawandel auf diesem Kontinent in naher Zukunft noch mehr solche Buschbrände zu bekommen , war wohl dann auch ausschlaggebend diese Investitionen gänzlich ganz einzustellen.
Was aber mit Sicherheit Sinn machen würde wäre der Riesenmarkt in Nord Amerika wo der " Platzhirsch " ALDI gewaltig expandiert zumindest , wenn man sich die ALDI Karte ansieht, so ist der Verteilungskampf der großen Discounter entlang der Ostküste auf jeden Fall äußerst lukrativ.

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Peter Henschel am 22.01.2020 17:16 Uhr

Der Fall Australien sind die ersten Vorboten, eines zu generell erwartenden Profiteinbruch in der Schwarzgruppe! Wie man offensichtlich selbst erklärt hat, sind die zu erwartenden geringeren Marge nicht ausreichend. Dies dürft nun auch in Deutschland bzw. Europa der Fall werden, wenn man fairere Einkaufspreise ansetzen will und diese allerdings vollumfänglich nicht an den Kunden weitergeben kann, sh. hierzu auch das aktuelle Beispiel Würth! Ergebnis einer bisher knallharten Einkaufspolitik. Hiermit kommen wesentlich neue Herausforderungen auf das Geschäftsmodell Discounter bzw. Handel zu!

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am 22.01.2020 16:53 Uhr

3 Jahre, 200 Mitarbeiter, 500 Mio $, kein einziger Markt eröffnet. Respekt. Kein Wunder ist Kaufland so teuer. 👎

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