Stimme+
Interview
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Audi-Vorständin Wortmann: „Das Prinzip Auto-Quartett hat sich überlebt“

   | 
Lesezeit  5 Min
Erfolgreich kopiert!

Audis Vertriebs- und Marketing- Vorständin Hildegard Wortmann spricht im Stimme-Interview über Elektroautos, Premieren in Zeiten von Corona und Absatzrekorde. Sie sagt: "Kein Mensch will ein langweiliges Auto."

Der E-Tron GT aus Heilbronn ist zurzeit der Lieblings-Audi von Vorständin Hildegard Wortmann. Foto: Audi
Der E-Tron GT aus Heilbronn ist zurzeit der Lieblings-Audi von Vorständin Hildegard Wortmann. Foto: Audi  Foto: Audi

Sie ist eine von zwei Frauen im Vorstand von Audi, der E-Tron GT aus Heilbronn ist zurzeit ihr Lieblings-Auto. Hildegard Wortmann verantwortet das Vorstandsressort für Vertrieb und Marketing. Die 54-Jährige setzt auf eine elektrische Zukunft. Im Interview spricht sie unter anderem darüber, wie sich die Modelle aus dem Werk Neckarsulm weltweit schlagen.

 

Hallo Frau Wortmann, von wo aus sind Sie mir heute zugeschaltet?

Hildegard Wortmann: Gerade bin ich noch zu Hause. Mittlerweile arbeite ich auch manchmal von zu Hause aus. Nach unserem Gespräch fahre ich heute aber nach Ingolstadt. Natürlich gibt es viele Einschränkungen im Moment, aber es ist einfach schön, vor Ort zu sein.

 

Ein paar Büros weiter sitzt Ihre Kollegin Sabine Maaßen. Audi ist der einzige Autobauer mit zwei Frauen im Vorstand. Tut das der Marke gut?

Wortmann: Diversität ist in allen Bereichen wichtig, und dabei geht es nicht nur um das Geschlecht. Auch Internationalität und der persönliche Werdegang sind wichtig. So bringt man unterschiedliche Sichtweisen zusammen, und dadurch arbeiten Teams besser. Das fördert Kreativität und Innovationen. Natürlich ändert sich die Stimmung, die Art wie man miteinander umgeht und kommuniziert, durch diverse Teams und auch im Vorstand. Unsere Kunden sind ja auch männlich und weiblich, so soll das dann logischerweise auch im Vorstand sein. Wir sind ein starkes Team.

 


Mehr zum Thema

Das Audi-Werk in Neckarsulm. Foto: Manuel Maier
Stimme+
Ingolstadt/Neckarsulm
Lesezeichen setzen

Audi fährt der Coronakrise davon


 

Führen Frauen anders?

Wortmann: Das würde ich so nicht sagen. Ich denke einfach, es gibt gute und weniger gute Leader. Grundsätzlich finde ich, dass mehr denn je Empathie zum Führen dazu gehört. Man muss – gerade in Zeiten von Corona – sehr sorgfältig zwischen den Zeilen hören und lesen, mit den Teams in den Austausch gehen. Und ein gutes Gespür haben, wo es gerade hakt.

 

Wo es im Moment gar nicht hakt, ist bei ihrem Lieblings-Audi.

Wortmann: Das stimmt, der Audi E-Tron GT aus Heilbronn, vor allem die RS-Variante ist unsere elektrische Speerspitze, ein ganz besonderes Auto. Die Mannschaft in den Böllinger Höfen hat da einen super Job gemacht, um das Auto trotz Pandemie pünktlich im April zu den Händlern zu bringen. Dieses Fahrzeug symbolisiert wie kein anderes, dass es Audi geschafft hat, die Zukunft der nachhaltigen Premium-Mobilität zu gestalten.

 

Apropos Zukunft: Kommt der E-Tron GT denn nun doch noch als Avant?

Wortmann: Jetzt konzentrieren wir uns erst einmal weiter auf den Anlauf der E-Tron GT Modelle. Sie können sich sicher sein, dass unserem Designchef Marc Lichte noch spannende Dinge einfallen werden.

 

Also kommt der Avant?

Wortmann: Das habe ich nicht gesagt. Aber unsere Elektro-Plattformen bieten viele Möglichkeiten, Fahrzeuge zu produzieren, die in keine bisher bekannte Schublade passen. Bis 2025 bringen wir insgesamt 20 vollelektrische Autos auf den Markt, da wird es einige Überraschungen geben.

 

Ihr elektrischer Erstling E-Tron, der noch auf einer umgebauten Verbrenner-Plattform basiert, ist immer noch sehr erfolgreich unterwegs. Überrascht Sie das?

Wortmann: Mit dem E-Tron ist es uns gelungen, im stark nachgefragten SUV-Segment ein nachhaltiges Angebot zu schaffen. Elektrisches Fahren bei riesigem Platzangebot und in der gewohnten Audi-Qualität, das kommt bei den Kundinnen und Kunden sehr gut an. Besonders freut mich, dass der E-Tron 2020 in Norwegen das meistverkaufte Auto überhaupt war. Und im vergangenen Jahr war er außerdem das meistverkaufte Elektrofahrzeug aller deutschen Premiumhersteller.

 


Mehr zum Thema

Static photo,
Colour: Daytona grey
Stimme+
Meinung
Lesezeichen setzen

Meinung: Die Richtung stimmt bei Audi


 

Der Absatz von E-Autos ist in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Ist das Thema jetzt endgültig bei den Kunden angekommen?

Wortmann: Das ist definitiv so. Elektromobilität ist keine Nische mehr, für die sich nur ein paar Enthusiasten und die sogenannten Early-Adopters interessieren. Mit dem Q4 E-Tron werden wir bei Audi eine breitere Masse ansprechen. Wir haben da jetzt schon sehr gute Bestelleingänge. Und das obwohl das Auto noch gar nicht bei den Händlern steht. Das hat uns positiv überrascht. Die Kunden geben uns da einen großen Vertrauensvorschuss. Es ist den meisten klar: Die Zukunft ist elektrisch.

 

In Zeiten der Pandemie fallen klassische Premieren mit Publikum vor Ort ins Wasser.

Wortmann: Das ist so, aber wir haben den Schalter schnell umgelegt und viele digitale Formate entwickelt. Höhepunkte waren sicher die Weltpremieren von E-Tron GT und Q4 E-Tron. Die digitalen Vorstellungen haben unsere neue Philosophie auf den Punkt gebracht, wie wir Marke, Produkt und die Lebenswelt unserer Kunden zusammenbringen. So konnten wir die Ausrichtung der Marke und unsere zukunftsorientierte Haltung substanziell kommunizieren. Das Digitale bietet hier auch unendlich viele Möglichkeiten. Sie können sich heute die Welt ins Wohnzimmer holen.

 

Der Trend zur Elektromobilität ist unstrittig. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Marken wie Audi nach wie vor PS- und margenstarke Modelle wie einen RS 6 Avant aus Neckarsulm benötigen, um die Transformation zu finanzieren.

Wortmann: Der RS 6 Avant ist für uns ein wichtiges Fahrzeug. Für mich ist das relativ einfach. Wann der letzte Verbrenner vom Band geht, das entscheiden nicht wir, das entscheidet der Kunde. So lange der Kunde solche Autos nachfragt, werden wir diese Nachfrage bedienen. Das Ziel muss sein, den besten Verbrenner und das beste E-Auto zu bauen. Und auch bei den Verbrennern werden wir eine zunehmende Elektrifizierung erleben. Sie werden sehen: Die letzten Verbrenner werden die besten sein, da wir sie auch konsequent weiterentwickeln.

 

Sie und ich kommen ja aus einer Zeit, in der viel über Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit und solche Dinge diskutiert wurde. Ist das vorbei?

Wortmann: Früher war das so ein bisschen wie beim Auto-Quartett, also höher, schneller, weiter. Noch ein paar PS mehr als die Konkurrenz und eine Zehntelsekunde schneller sein auf der Nordschleife des Nürburgrings. Doch das Prinzip Auto-Quartett hat sich überlebt. Das heißt aber nicht, dass den Kundinnen und Kunden das Fahrerlebnis nicht wichtig ist. Sie wissen selbst, wie viel Spaß das spontane Drehmoment in einem Elektroauto macht und wie faszinierend gleichzeitig die Ruhe im Innenraum ist. Die neue Welt ist genau so emotional wie die alte. Kein Mensch will ein langweiliges Auto haben.

 

Autos mit vier Ringen haben sich im ersten Quartal gut verkauft. Der Absatz ist im Vergleich zum Vorjahr um 31 Prozent gestiegen. Wo lief es besonders gut?

Wortmann: Wir sind global sehr erfolgreich in das Jahr gestartet und schließen so nahtlos an das letzte Quartal 2020 an, in dem wir zum ersten Mal mehr als 500 000 Fahrzeuge an Kundinnen und Kunden übergeben haben. Damit waren wir im ersten Quartal deutlich stärker unterwegs als der Gesamtmarkt. Im Markt China läuft es sehr gut, dort haben wir ein Rekord-Quartal verzeichnet. Was mich besonders freut ist, dass auch die Nachfrage in den USA wieder anzieht. Mit fast 55 000 Auslieferungen haben wir dort das beste erste Quartal der Unternehmensgeschichte erreicht. Wir sehen dort noch viel Potenzial.

 

Wie ist der April gelaufen?

Wortmann: Der positive Trend setzt sich mit mehr als 170.000 ausgelieferten Fahrzeugen weiter fort – und damit verzeichnen wir einen weiteren Rekordmonat.

 

Gefragt sind vor allem die SUV-Modelle. Wie steht es um die Modelle aus Neckarsulm, wo die klassischen Limousinen A6, A7 und A8 gebaut werden?

Wortmann: Wir sind da sehr zufrieden. Die Auslieferungen des Audi A6 zum Beispiel lagen im ersten Quartal mehr als 50 Prozent über Vorjahr. Und auch der RS 6 läuft sehr gut. Beim A7 haben wir im ersten Quartal die Auslieferungen im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Der A8 wird noch in diesem Jahr aufgewertet, speziell für China werden wir eine besonders luxuriöse Variante anbieten. Davon erwarte ich mir einiges.

 

Wird es beim Modellwechsel 2024 noch einmal einen A8 mit Verbrennungsmotor geben oder gibt es nur noch eine Elektroversion auf der neuen Artemis-Plattform?

Wortmann: Die Jahreszahl und alles Drumherum werde ich heute noch nicht kommentieren. Wir konzentrieren uns jetzt erst einmal auf die Produktaufwertung im Herbst.

 

Zur Person

Die gebürtige Münsteranerin Hildegard Wortmann (54) war Fremdsprachenkorrespondentin und Betriebswirtin, als 1990 ihre Karriere bei Unilever begann. Nach einer Station bei Calvin Klein und einem Master of Business Administration in London wechselte sie 1998 zu BMW, wo sie unter anderem als Leiterin Brand Communication den Relaunch der Marke Mini begleitete. 2016 übernahm sie die Leitung der Marke BMW. Seit 1. Juli 2019 ist Wortmann Vorstandsmitglied der Audi AG für den Bereich Vertrieb und Marketing. Auch im Urlaub tue sie sich schwer, komplett abzuschalten, wie sie sagt. Wichtig sei ihr aber, dass sie in die Natur darf: "Radl fahrn, in den See springen, Ski fahren, Bergsteigen - alles, was ich an der frischen Luft machen darf, ist für mich eine herrliche Entspannung."

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben